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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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anzuknipsen, aber entweder hatte Colin die Birne herausgedreht oder er besaß gar keine.
      »Na los, Colin! Das ist doch albern! Du kennst mich doch, Mr Bascombe. Ich tue dir nichts. Sag mir, was passiert ist!«
      Schließlich verstummte Colin und kam mit seinem sonderbar schlurfenden Gang aus der Ecke. Einmal hatte jemand behauptet, er habe einen Klumpfuß, jemand anders hatte gesagt, als junger Mann wäre er sehr oft an den Füßen operiert worden, aber niemand wusste genau, warum er so komisch ging. Als er sich setzte und sich eine Zigarette anzündete, beleuchtete das Streichholz seine große Nase, die glänzende Stirn und die wässrig blauen Augen. Mit demselben Streichholz zündete er eine Kerze auf dem Tisch neben sich an, und da sah ich es: Er hatte ein blaues Auge und eine Wunde auf dem linken Jochbein.
      Longbottom, dieses Schwein.
      »Hast du ihm irgendwas gesagt?«, fragte ich, weil ich befürchtete, Longbottom habe ein Geständnis aus Colin herausgeprügelt. Ich kam nicht auf die Idee, dass Colin längst verhaftet worden wäre, wenn er gestanden hätte.
      Traurig schüttelte er den Kopf. »Nichts, Mr Bascombe. Ehrlich nicht. Es gibt ja nichts zu erzählen.«
      »Hast du Johnny Critchley gestern gesehen, Colin?«
      »Ja.«
      »Wo?«
      »Unten am Kanal.«
      »Was hat er gemacht?«
      »Steine ins Wasser geworfen.«
      »Hast du mit ihm gesprochen?«
      Colin überlegte und drehte sich zur Seite, ehe er antwortete. »Nein.«
      Ich bekam einen kurzen Hustenanfall; der Zigarettenqualm ging auf meine vom Gas geschädigte Lunge. Dann sagte ich: »Colin, du verschweigst mir doch etwas, nicht? Sag es mir besser. Du weißt, dass ich dir nichts tue, und vielleicht bin ich der einzige Mensch, der dir helfen kann.«
      Mit flehenden Blicken sah er mich an. »Ich habe ihn nur gerufen, von der Brücke aus, sonst nichts.«
      »Und dann?«
      »Nichts. Ich schwöre es.«
      »Hat er geantwortet?«
      »Nein. Er hat nur zu mir rübergeguckt und den Kopf geschüttelt. Da wusste ich, dass er nicht spielen wollte. Er kam mir traurig vor.«
      »Er hatte gerade erfahren, dass sein Vater gefallen ist.«
      Colins wässrige Augen füllten sich mit Tränen. »Der arme Junge.«
      Ich nickte. Es war durchaus möglich, dass Colin auch an seinen Vater dachte. Nicht viele wussten es, aber der alte Gormond war im selben verfluchten Krieg ums Leben gekommen, dem ich eine kaputte Lunge und das vernarbte Gesicht zu verdanken hatte. »Was passierte dann, Colin?«
      Colin schüttelte den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Nichts«, sagte er. »Es war so ein schöner Tag, da bin ich einfach weitergelaufen. Ich bin zum Park gegangen und hab zugeguckt, wie die Soldaten Gräben ausheben, dann hab ich mir Zigaretten geholt und bin nach Hause gegangen, um Radio zu hören.«
      »Und danach?«
      »Bin ich zu Hause geblieben.«
      »Den ganzen Abend?«
      »Ja. Manchmal gehe ich runter ins White Rose, aber ...«
      »Aber was, Cohn?«
      »Ähm, kennen Sie Mr Smedley, den Luftschutzwart?«
      Ich nickte. »Kenne ich.«
      »Er meinte, meine Verdunkelung wäre nicht ordentlich, ich müsste Strafe zahlen, wenn ich nicht bis gestern richtigen Stoff besorgen würde.«
      »Verstehe, Colin.« Dicker, undurchdringlicher Verdunkelungsstoff von guter Qualität war knapp und teuer geworden. Offenbar hatte man Cohn übers Ohr gehauen.
      »Jedenfalls deswegen und wegen der Zigaretten ...«
      Ich griff in die Tasche und zog ein paar Schilling hervor. Beschämt sah Colin zur Seite, aber ich legte das Geld auf den Tisch, und er forderte mich nicht auf, es wieder einzustecken ... Ich wusste, dass es seinen Stolz verletzte, Almosen anzunehmen, und fragte mich, wie viel Geld er verdiente und mit welcher Arbeit. Ich hatte ihn niemals betteln sehen, hatte aber das Gefühl, er lebe von Gelegenheitsarbeiten, mehr oder weniger von der Hand in den Mund.
      Ich erhob mich. »In Ordnung, Colin«, sagte ich. »Vielen Dank.« An der Tür blieb ich stehen, unsicher, wie ich ihm vermitteln sollte, was mir gerade durch den Kopf ging. Schließlich sprach ich das Thema einfach an. »Ist vielleicht besser, wenn du dich unauffällig verhältst, bis er gefunden wird, Cohn. Du weißt ja, wie manche Leute hier so sind.«
      »Was meinen Sie damit, Mr Bascombe?«
      »Sei vorsichtig, Colin, das ist alles. Sei einfach vorsichtig.«
      Er nickte verständnislos, und ich

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