Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
ausgezogen und streckte ihre milchweißen Beine auf einem mit Stickereien verzierten Fußbänkchen aus. Obwohl sie ihre Schwangerschaft erst vor drei Monaten bestätigt bekommen hatte, war sie bereits dazu übergegangen, ihren kleinen Bauch festzuhalten und ein gequältes, mutiges Lächeln aufzusetzen. Manchmal wimmerte sie sogar auf eine Art, die nur den Schluß zuließ, sie würde damit auf winzige Tritte reagieren. Nun verteilte sie vorsichtig die Reinigungsmilch auf ihrem Gesicht, ehe sie die erwartete Antwort gab.
»Also, Liebster, ich denke, du wirst wunderbar sein. Es sieht doch schon hervorragend aus.«
»Beinah geschafft, oder?«
»Oh, natürlich. Und gegen solche Widerstände.«
»Absolut. Gott weiß, was Nicholas sich einbildet. Ich wundere mich, daß Harold ihm das durchgehen läßt.«
»Ich weiß. Donald und Clive sind die einzigen, die mal etwas sagen. Und das auch nur, weil sie wissen, wie du dich fühlst.«
»Hm. Sie sind in mancher Hinsicht ganz nützliche Gestalten.«
Esslyn hatte sich die Zähne geputzt und zog seinen Schlafanzug mit der halblangen Hose und der Jacke an, die aussah wie ein Judogi, setzte sich ins Bett und spannte seine Gesichtsmuskeln an. Mund öffnen, Kopf in den Nacken, Mund schließen und dabei versuchen, mit der Unterlippe an die Nasenspitze zu kommen. Er hatte die Kinnlinie eines Mannes von fünfundzwanzig. Für einen Mann von fünfundvierzig wirklich nicht schlecht. Er blies die Wangen auf und ließ sie langsam wieder einsinken (Nase zur Mundlinie). Dann betrachtete er eingehend seine hübsche Frau, die gerade mit dem Abschminken fertig wurde.
Er hatte sich stets in die bestaussehenden weiblichen Mitglieder der Truppe verliebt (das erwarteten sie auch), und in Krähenhorst hatte er sich tatsächlich mit einer munteren jungen Frau, die inzwischen Mrs. Carmichael war, in den Requisitenraum verzogen. Damals spielte sie die Poppy Dickie.
Unglücklicherweise war er unverheiratet, als die Schwangerschaft entdeckt wurde, und daher empfand er es als seine Pflicht, Kitty einen Heiratsantrag zu machen. Er tat es ziemlich kläglich. Eigentlich hatte er sich auf einige Jahre des süßen Lebens gefreut, bevor er sich jemanden gesucht hätte, der ihn im Alter versorgen könnte. Aber sie war ein fügsames kleines Ding, und er konnte nicht leugnen, daß seine späte Vaterschaft seiner Potenz einen hohen Status bei der Belegschaft seines Büros verschafft hatte. Und natürlich war es ein unglaublicher Stachel in Rosas Seele.
Er hatte das Gefühl, das sei die gerechte Entschädigung für ihr Verhalten, als er die Scheidung verlangt hatte. Sie hatte geschrien, getobt und geweint. Und geschimpft, er hätte ihr die besten Jahre ihres Lebens geraubt. Esslyn, der sich sehr vernünftig vorgekommen war, hatte ihr daraufhin erklärt, wenn er sie ihr nicht geraubt hätte, dann hätte es eben jemand anderes getan. Sie hätte sie ohnehin nur behalten können, wenn sie, statt zu leben, unberührt in einem Elfenbeinturm gesessen hätte. Und dann hatte sie noch geschluchzt, sie hätte immer Kinder haben wollen, und jetzt sei es zu spät, und all das wäre nur sein Fehler gewesen. Esslyn fand ihr Verhalten schlichtweg unmöglich.
Sie hatten zwar zuweilen darüber geredet, eine Familie zu gründen, gewöhnlich dann, wenn sie auf der Bühne eine Elternrolle spielen mußten, aber Esslyn hatte es dann immer für richtig gehalten hervorzuheben, daß ihre Bühnenkinder nach der letzten Vorstellung verschwinden würden, während echte Kinder sehr viel länger bei ihnen wären. Und daß, auch wenn sein Leben dadurch nicht weiter verändert werden würde, Rosa nicht mehr dieselbe sein könnte, denn er würde bestimmt kein Geld für ein Kindermädchen ausgeben. Er dachte, sie wüßte seine Logik zu schätzen, aber sie warf alles durcheinander, und als es um die Frage ging, wer nun White Wings zu verlassen hätte, weigerte sie sich entschieden, sich auch nur von der Stelle zu rühren, bis sie eine Entschädigung für ihre »verlorenen Babys« bekommen würde. Das hatte ihn eine ganz schöne Stange Geld gekostet. Und er war der Meinung, sich das auf irgendeine Weise zurückholen zu müssen. Als Kitty dann schwanger wurde, hatte er diesen Umstand und ihre bevorstehende Hochzeit am Ende einer Probe zu Der kleine Eckladen bekanntgegeben. Er hielt Kittys Hand ganz sanft, aber seine Augen waren auf Rosas Gesicht geheftet, und Esslyn hatte in diesem Moment einen Gegenwert
Weitere Kostenlose Bücher