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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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stand eine Wiege aus Zedernholz, die sein Nachbar bestellt hatte. Vor zwei Tagen noch hatte er einen entzückenden Rahmen aus Blättern und Blumen um den Namen BEN geschnitzt. Er stieß die Wiege mit einem Finger an, und sie schaukelte in ihrem Bett aus duftenden, rostroten Sägespänen. Dann stand er auf und stiefelte ein wenig steif durch den Raum, wobei er einige Artefakte berührte, streichelte, die Hände gierig über ihre Umrisse gleiten ließ und Details der Linienführung sowie der Konturen wie ein Mann betastete, der an dem Punkt angelangt war, jeden Moment zu erblinden.
      Colin hob seinen Meißel auf. Der Lack war längst vom Handgriff abgeblättert, und er paßte derart perfekt in Colins Handfläche, daß das Wort vertraut völlig unzureichend war, um das Gefühl zu beschreiben. Colin war stets ein wenig unbehaglich zumute, wenn er sich von seiner Werkstatt und von seinem geliebten Handwerkszeug losreißen mußte. Nun, da er glaubte, es könne Monate oder sogar Jahre dauern, bis er es wieder sehen oder berühren würde, tat sich das Gefühl eines bevorstehenden Verlusts gähnend in ihm auf.
      Er hielt die Wiege an und blieb stehen, um sich einen weiteren Moment umzusehen. Obwohl seine Gefühle eher chaotisch waren, blieben seine Gedanken kristallklar. Das Versprechen, das er Glenda gegeben hatte, als sie im Sterben lag, war vorrangig und überwog alles andere. »Versprich mir«, hatte sie wieder und immer wieder gesagt, »daß du auf David aufpassen wirst.« Und er hatte es ihr wieder und immer wieder zugesichert. Sogar ihre beinahe letzten Worte (ehe sie äußerte: »So eine kurze Zeit bleibt uns noch« und »Auf Wiedersehen, mein Liebling«) waren gewesen: »Du wirst doch nicht zulassen, daß ihm irgendein Leid geschieht?«
      Colin hatte sein Versprechen gehalten. Seit ihrem Tod war David seine Welt. Er hatte für seinen Jungen alles auf gegeben, und zwar frohen Herzens. Zuerst hatte er seinen Beruf als Schweißer an den Nagel gehängt, damit er David zur Schule bringen und wieder abholen konnte und an den Wochenenden und in den Ferien verfügbar war. Colin hatte auf der Basis des Freiberuflers angefangen, Holz- und Zimmermannsarbeiten zu übernehmen, zunächst allerdings nur mit mäßigem Erfolg. An materiellen Maßstäben gemessen, besaßen sie nur wenig, aber sie hatten einander, und Colin war vor Stolz überwältigt gewesen, als sein Sohn ein Talent zum Schnitzen an den Tag legte, das sein eigenes bei weitem übertraf. Zwei von Davids Skulpturen standen jetzt auf seiner Werkbank. Ein ernster alter Mann, ein Säer mit einem flachen Korb in der Armbeuge; und eine kniende Färse, ein Geschenk für Ben, sehr fein geschnitzt, mit gesenktem Kopf, aus dem in einem unsäglich beredten Winkel Hörner herauswuchsen.
      Nachdem Glenda ihn verlassen hatte, schob Colin jeden Gedanken an eine neue Heirat beiseite. Zuerst, als er noch um seine Frau trauerte, war das nicht schwierig gewesen. Später, als er sich gelegentlich mit Frauen traf, die ihn normalerweise hätten schwach werden lassen, dachte er sich, daß sie David vielleicht nicht so lieben konnten, wie er das wollte, oder, was noch schlimmer gewesen wäre, daß sie ihn mit der Zeit möglicherweise sogar ablehnen könnten. So hatte er die Sache jedesmal beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Jetzt war David erwachsen und hatte selbst ein oder zwei Mädchen mit nach Hause gebracht. Bislang waren diese Affären immer ziemlich schnell zu Ende gegangen, und Colin war eigentlich jedesmal froh darüber gewesen, denn die Mädchen kamen ihm alle etwas zu selbstsicher vor (eine hatte sogar versucht, David zu dominieren). Jetzt allerdings wünschte er sich natürlich sehnlichst, David hätte eine von ihnen geheiratet. Obwohl selbst dann, so mußte er sich eingestehen, wäre David, wenn er weiterhin im Latimer ausgeholfen hätte, Kitty begegnet.
      Colin setzte sich wieder und legte den schmerzenden Kopf in seine Hände. Als er die Gerüchte über David und Esslyns Frau zum ersten Mal gehört hatte, war er lediglich ein wenig von seinem Sohn enttäuscht, aber keineswegs besorgt gewesen. Kitty war nun mal eine attraktive junge Frau, und wie jeder andere in der Truppe auch, hatte Colin nichts gegen die Vorstellung einzuwenden, Esslyn bekäme ein Paar Hörner aufgesetzt. Hätte er doch nur geahnt, daß es so weit gehen würde...
      Letzte Nacht hatte er schweren Herzens versucht, mit David zu reden, aber als er zu dem eigentlichen Punkt kam nicht

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