Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
und führte ihn in einen kleinen Raum, in dem kalter Zigarettenrauch hing; die Beamtin sagte ihm, daß er dort auf den Inspektor warten könne. Sie bemerkte, daß sein Gesicht blaß war und seine Hände zitterten und fragte ihn deshalb, ob er mit jemand anderem sprechen oder eine Tasse Tee haben wolle. Aber Colin lehnte beide Angebote ab und wurde dann in Ruhe gelassen, um ein Antidiebstahl-Plakat zu betrachten und darauf zu warten, endlich den Mord an Esslyn Carmichael zu gestehen.
»Wie wohl die andere Hälfte lebt, he, Chef?« grummelte Troy gehässig, als er in die anmutig geschwungene Auffahrt zu White Wings einbog und den Wagen in einem Halbkreis in die Parkbucht schlittern ließ, wobei er einige Pfund Kies aufwirbelte. Troy fuhr schnell, beherzt und mit Vorsicht, konnte es aber einfach nicht lassen, beim Anhalten noch eine blumige Zickzacklinie zu fahren oder zumindest einen Schnörkel auf den Asphalt zu legen. Gelegentlich fand Barnaby es angebracht, ihn wegen seines extravaganten Fahrstils zu kritisieren. Dann setzte Troy jedesmal eine pikierte, ja, geradezu untröstliche Miene auf und parkte mit einer an ein Begräbnis erinnernden Exaktheit ein, die es seinem Chef schwermachte, ernst zu bleiben. Normalerweise dauerte es allerdings nur ein paar Tage, bis sich der alte Überschwang wieder einstellte. Troy hielt diese Form der Aufschneiderei für einen Teil seiner Persönlichkeit. Er war sehr von sich und seinen Fahrkünsten überzeugt und verachtete jene Holzköpfe, die den Unterschied zwischen einer cordobianischen Umkehrung und dem Anfahren am Berg nicht kannten. Da er wieder mal eine Strafpredigt auf sich zukommen sah, löste er schnell seinen Sicherheitsgurt und sprang aus dem Wagen, ehe der Chef noch so richtig in Fahrt kommen konnte.
In diesem Augenblick erklang ein durchdringender Schrei aus dem Inneren des Hauses. Gefolgt von einer ganzen Serie von Schreien. Troy sprintete auf die fürstliche Eingangstür zu, versuchte sie aufzudrücken und stellte fest, daß sie abgeschlossen war. Daher hämmerte er mit den Fäusten dagegen, wobei er rief: »Aufmachen! Hier spricht die Polizei!« Barnaby war gerade an seiner Seite angelangt, als sich ein Schlüssel im Schloß umdrehte und die Tür nach innen aufging. Kitty stand in einem hübschen blauen Hausmantel dahinter mit einem außergewöhnlichen Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie schien vollkommen außer sich zu sein. Ein bißchen verängstigt, ein bißchen ärgerlich, aber noch unentschlossen, so als wüßte sie nicht recht, ob sie nun lachen oder weinen sollte.
Sie stand mitten in der Eingangshalle, strich sich durch die Locken und trug eine Miene gespielten Entsetzens zur Schau.
»Was ist hier los?« fragte Barnaby. »Wer hat da geschrien?«
»... Ich, wenn Sie es genau wissen wollen...«
»Und wieso?« Ein eisiger Wind blies ins Haus. Troy schloß zwar die Tür, aber es zog immer noch. Barnaby schlenderte in die Küche. Die Hintertür stand sperrangelweit offen. »Wer ist denn sonst noch hier?«
»Niemand.« Sie trippelte zur Gartentür und schloß sie. »Brrr.«
»Und wessen Wagen steht da draußen?«
»Ich werde mir gleich mal einen Kaffee kochen, um meine Nerven zu beruhigen. Möchten Sie auch einen?«
»Kitty.« Barnaby hielt sie fest. »Was zum Teufel war hier los?«
»Nun ja... Sie werden es mir nicht glauben, Tom, aber ich denke, wir haben den Mörder gefunden.«
»Vielleicht kann ich den Kaffee kochen, Mrs. Carmichael?« säuselte Troy mit seinem gewinnendsten Lächeln. »Auf mich machen Sie ganz den Eindruck, als könnten Sie ein wenig Hilfe gut gebrauchen.«
»Oh, wie süß.« Kittys ungeschminkte Lippen erwiderten das Lächeln. Troy stellte mit einer aufbrausenden Woge von Begeisterung fest, daß unter diesen sonst so saftig mit Lippenstift bemalten Amorbögen, die er gerade erst gestern abend so bewundert hatte, echte waren. Sogar noch saftiger und doppelt so sexy. »Aber das mache ich besser selber«, fuhr sie fort. »Es kommt auf das Augenmaß an, das Gerät... es könnte in unerfahrenen Händen alles in die Luft fliegen.« Obwohl sich ihre Stimmlage kaum verändert hatte, schaffte sie es, den Eindruck zu vermitteln, daß sie sich sicher war, Sergeant Troys Hände wären alles mögliche, bloß nicht unerfahren, und daß sie, wenn sie nur die Gelegenheit dazu bekommen würde, mehr als darauf vorbereitet wäre, ihre Theorie zu überprüfen. »Dauert nur ein
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