Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
junger Mann«, sagte sie, und plötzlich schien sie ihm die weitaus nettere der beiden alten Damen zu sein, »wenn Sie wissen wollen, was in dieser Gegend vor sich geht - oder wer was tut«, ein erschreckend boshaftes Kichern kam über ihre verwelkten Lippen, »sollten Sie mit Mrs. Rain-bird von nebenan reden. Sie kann Ihnen genau sagen, was in Ihrem Taschentuch ist, wenn Sie sich im Stockfinstern hinter verschlossenen Türen schneuzen. Sie verbringt ihre ganze Zeit mit einem Fernglas im Dachgeschoß. Sie behauptet, sie sei Vogelliebhaberin und würde ihre gefiederten Freunde beobachten. Reine Tarnung.« Sie wiederholte die letzte Bemerkung noch einmal und tippte Barnaby dabei ans Revers. »In meiner Jugend stand man noch am Gartenzaun und hat vor den Augen aller geklatscht. Ich weiß nicht, was aus dieser Welt geworden ist - wirklich nicht.« Dann vertraute sie den Polizisten noch an, daß Mrs. Rainbird einen Sohn habe, der mit Särgen handelte und Bestattungen organisierte. »Er ist ein schmieriger kleiner Kriecher. Die Leute sagen über ihn, er würde seine Unterhosen im Kühlschrank aufbewahren ...Sie wissen schon.«
Sergeant Troy gab ein Schnauben von sich, das er rasch in ein Räuspern umwandelte. Barnaby, der bereits Bekanntschaft mit Rainbird gemacht hatte, konnte nur vermuten, daß die Leute recht hatten. Er bedankte sich bei der alten Lady und trat den Rückzug an.
Dem Bungalow hatte man den Namen Tranquillada verpaßt - Barnaby erinnerte das an eine abgeschwächte Version der spanischen Inquisition. Der Name hing am Hals eines Keramikstorchs, der seine Zeit auf einem Bein neben der Eingangstür verbrachte. Der ziemlich große Garten war äußerst gepflegt und voll mit Ziersträuchern und Rosen. Der silberne Porsche stand in der Auffahrt. Sergeant Troy entschied sich für den Klingelknopf und nicht für den Türklopfer, und ein schrilles Vogelzwitschern ertönte im Inneren des Hauses. Dennis Rainbird öffnete ihnen.
»Oh, hallo.« Er schien erfreut, Barnaby wiederzusehen. »Sie haben einen Freund mitgebracht?« Er schenkte Troy ein strahlendes Lächeln, das an der steinernen Miene des Sergeants abprallte wie ein Ping-Pong-Ball von einer Betonwand. »Kommen Sie herein, kommen Sie ... Mutter«, rief er über die Schulter, »es ist die Polizei.«
»Oh, ich habe sie schon erwartet«, flötete es von weit her.
Der Bungalow war größer, als man von außen vermuten konnte, und Dennis führte sie an etlichen offenstehenden Türen vorbei, ehe sie in den Salon kamen. Eine blitzende Küche, ein Schlafzimmer (ganz in Weiß und Gold gehalten) und ein zweites, hauptsächlich mit rotem Velour und viel Messing eingerichtetes Schlafzimmer.
»Ich bin im Salon, Denny«, trällerte die Stimme, wobei jeder Vokal vibrierte. Als sie den Raum betraten, erhob sich Mrs. Rainbird aus den weichen Daunenpolstern wie aus einem Nest.
Sie war unglaublich dick. Ihre Ausmaße waren wahrlich beeindruckend. Mindestens ein Viertel ihrer Größe schien ihre Frisur auszumachen, die steif und pagodenartig nach oben ragte - eine Landschaft von Türmen und Wellen, Spiralen und Locken, die in einer zur Seite geneigten Spitze endete wie ein Häubchen Softeis. Das kunstvolle Gebilde hatte die Farbe von Karamelbonbons. Mrs. Rainbird war in schrillen Farben geschminkt und trug einen violetten, ziemlich kurzen Kaftan, der massive Beine und winzige Füße freiließ. Der Chief Inspector erwiderte ihren direkten, scharfen Willkommensblick und stellte sich vor.
»Ich wußte, daß Sie auf dem Weg zu mir sind. Ich habe einen Wagen vorbeifahren sehen, als ich einige Schwalben auf den Telefondrähten beobachtete. Das ist ein bezaubernder Anblick - wie Notenzeichen auf den Linien.«
»Ah... vielleicht waren Sie die Person, die ich neulich morgens kurz sah, als ich die Church Lane entlangging? In Ihrem Dachgeschoß, wenn ich mich recht erinnere. Ein sehr günstiges Plätzchen, von dem aus man alles im Auge behalten kann.«
»Wir Ornithologen bevorzugen den Begriff Unterschlupfs Mr. Barnaby.« Sie schnappte kurz nach Luft. Barnaby bat sie um Vergebung, und sie wedelte mit der juwelengeschmückten Hand. »Warum nehmen Sie nicht Platz?« Barnaby versank in einem weichen, mit mehreren Schichten Häkelarbeiten verzierten Sessel.
»Und was ist mit Ihnen, mein Lieber?« Dennis tänzelte um Sergeant Troy herum. »Möchten Sie Ihre Beine nicht ein wenig entlasten?«
Troy, als überzeugter Macho, entschied sich
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