Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
anderen Ende der Leitung, dann eine abschlägige Antwort. »Könnte sie vielleicht die verstorbene Mrs. Trace damit gemeint haben?«
»O nein... ihr Name war Beatrice. Sie nannte sich Bella, weil sie glaubte, das würde schöner klingen.«
»Wußte das auch Miss Simpson?«
»Ganz bestimmt. Ich erinnere mich, daß sie mir gegenüber äußerte, Mrs. Trace hätte sich falsch entschieden. Sie hielt Beatrice für einen sehr schönen Namen, aber Bella fand sie eher gewöhnlich.« Sie machte eine Pause, um Luft zu holen. »Vor Jahren hatte ich eine Isabella in meiner Musikklasse. Ein braves, untadeliges Kind. Ich glaube, sie ist jetzt Diakonissin. Hilft Ihnen das weiter?«
Barnaby dankte ihr und verabschiedete sich. Er hatte für einen Moment vergessen, daß Miss Simpson beinahe vierzig Jahre lang Lehrerin gewesen war. Es bestand durchaus die Chance, daß sie - auch wenn der Name nicht gerade häufig vorkam - im Laufe dieser langen Zeit ein oder zwei Annabellas neben all den Joans und Janes unterrichtet hatte. Und offenbar hatte sich Miss Simpson an eine Annabella erinnert gefühlt, als sie das sich liebende Pärchen entdeckt hatte. Wie früh haben die Mädchen vor zwanzig, dreißig, vierzig Jahren mit derlei Abenteuern angefangen? Wahrscheinlich genauso früh wie heute, überlegte er. Manche Dinge ändern sich nicht.
Warum »arme Annabella«? Er trank einen Schluck Kaffee und beobachtete aus den Augenwinkeln eine Spinne, die sich beim Herunterlassen von der Decke hin- und herschwang. War Annabella im wahrsten Sinne des Wortes arm, also mittellos? Moralisch auf Abwege geraten? Tot? Barnaby dachte über all die Menschen nach, die eine achtzigjährige Frau in ihrem langen, erfüllten Leben kennengelernt haben mochte. Und über die Schicksale, von denen sie gehört oder gelesen hatte. Er seufzte, nahm noch einen Bissen von seinem Sandwich und sah den Tatsachen ins Auge. Weiß der Teufel, wer diese Annabella war, diese Spur führte ihn sicher nicht weiter.
»Kann ich irgend etwas tun, Sir?« fragte Troy.
»Ja.« Barnaby trank den Kaffee ganz aus. »Fahren Sie mich zum Echo. Ich möchte den Artikel über Bella Traces Tod lesen.«
»Sie glauben doch nicht, daß es da eine Verbindung gibt, oder?«
»In diesem Stadium glaube ich noch gar nichts. Aber es ist auch ein unnatürlicher Tod in einem kleinen Dorf, und involviert waren all diejenigen, die wir auch jetzt als Verdächtige ansehen müssen. Das dürfen wir nicht außer acht lassen. Also - trinken Sie Ihren Tee aus, und halten Sie die Augen offen.«
Im Keller unter den Büros des Causton Weekly Echo sprach Barnaby mit einem alten Mann, der ebenso zum Inventar zu gehören schien wie die alten grünen Aktenschränke und rostigen Wasserleitungen, die über die hintere Wand verliefen. Außerdem war da noch ein riesiger Boiler, der im Moment nicht eingeschaltet und ganz still war.
Barnaby bat darum, die Ausgaben vom September und Oktober des letzten Jahres einsehen zu dürfen. Der alte Mann schlurfte zu den Aktenschränken und wieder zurück. Er sagte kein Wort und nahm nicht einmal die locker gedrehte, unangezündete Zigarette aus dem Mundwinkel. Ein paar Tabakkrümel fielen auf die Zeitungen, als er sie Barnaby übergab. Barnaby nahm sie mit zu einem Stehpult am Fenster. Das Licht, das durch die dicken Milchglasscheiben fiel, war spärlich, und man hörte von oben die Schritte hin- und herlaufender Menschen. Barnaby blätterte die ersten beiden Ausgaben durch. In der dritten fand er den ausführlichen Bericht über die gerichtliche Untersuchung über Bella Traces Tod, er nahm mehr als eine halbe Seite ein.
Die Jagdgesellschaft war recht klein gewesen: Henry Trace, David Whiteley (der taktvoll, aber überflüssigerweise als Assistent von Mr. Trace bezeichnet wurde), Doktor T. Lessiter, der Freund und Hausarzt von Mr. Trace, Mrs. Trace, Miss Phyllis Cadell und zwei Nachbarn, George Smollett und Frederick Lawley; außerdem waren noch zwei Treiber, Jim Burnet, ein Farmersjunge, und Michael Lacey, ein junger Freund der Familie, dabei.
Mrs. Trace stand offenbar ein paar Meter von den anderen entfernt, als das Unglück geschah. Wie immer in solchen Fällen waren die Aussagen verwirrend und widersprüchlich. Doktor Lessiter meinte, sie sei gestolpert und im Fallen begriffen gewesen, als der Schuß losging, und deutete damit an, daß sie auf ihr Gewehr gestürzt war. Sie war schon vorher über eine Wurzel gestolpert. Der
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