Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Ihnen behilflich sein?«
»Na ja ...« Sie musterte ihn zweifelnd. »Darf ich fragen, wieso Sie in diesen Klamotten sind?«
»In was? Oh ...« Er folgte ihrem strengen Blick. »Ich bin Detective - die tragen keine Uniformen.«
»Aha.« Beruhigt fuhr sie fort: »Ich möchte, daß Sie in einem Todesfall Nachforschungen anstellen. Meine Freundin Emily Simpson war achtzig Jahre alt, und nur deshalb hat man ohne genauere Untersuchungen einen Totenschein ausgefüllt. Wenn sie halb so alt gewesen wäre, hätte man sicher Fragen gestellt oder eine Autopsie vorgenommen.«
»Nicht unbedingt, Miss Bellringer. Das hängt immer von den Umständen ab.«
Es war Jahre her, seit Barnaby eine derartige Aussprache zum letztenmal gehört hatte - damals bei seinen ersten Kinobesuchen. Die Nachkriegsfilme waren voll gewesen mit anständigen, aufrechten Engländern in Bügelfaltenhosen, und alle hatten diesen übertriebenen Akzent gehabt.
»Na, in diesem Fall sind die Umstände in der Tat sehr merkwürdig.«
Barnaby fand gar nichts merkwürdig daran, daß eine Frau mit achtzig Jahren starb, nahm aber einen Stift und Notizblock zur Hand. Offensichtlich hatte der Postbote die Freundin seiner Besucherin auf dem Teppich vor dem Kamin gefunden. Er wollte ein Päckchen ausliefern und brauchte ihre Unterschrift, und als niemand auf sein Klopfen reagierte - nur der Hund kläffte wie wild, spähte er durch das Wohnzimmerfenster.
»Er kam sofort zu mir. Er ist seit Jahren unser Postbote, verstehen Sie, und kannte uns beide. Ich habe Doktor Lessiter angerufen...«
»Ist das der Hausarzt Ihrer Freundin?«
»Er ist der Hausarzt von allen, Inspector. Zumindest von allen älteren Leuten im Dorf, denen keine Transportmittel zur Verfügung stehen. Es sind vier Meilen bis Causton. Also - ich lief los und holte den Schlüssel für Miss Simpsons Haus, aber das wäre überhaupt nicht nötig gewesen, denn ...« Miss Bellringer hob anklagend einen Finger, »und das ist die erste eigenartige Sache, die Hintertür war nicht abgeschlossen.«
»War das ungewöhnlich?«
»Es ist noch nie vorgekommen. In der letzten Zeit ist in unserem Dorf einige Male eingebrochen worden. Emily war in diesen Dingen sehr gewissenhaft.«
»Jeder vergißt manchmal etwas«, murmelte Barnaby.
»Sie nicht. Sie erledigte ihre allabendlichen Verrichtungen nach einem festgelegten Schema. Um neun Uhr abends überprüfte sie regelmäßig die Uhren nach der Radiozeit und stellte den Wecker auf sieben Uhr, dann mußte Benjy in sein Körbchen, und sie schloß die Hintertür ab.«
»Wissen Sie, ob der Wecker an diesem Abend schon gestellt war?«
»Ich habe extra nachgesehen - er war nicht gestellt.«
»Das deutet lediglich darauf hin, daß sie vor neun Uhr gestorben ist.«
»Nein, das ist sie nicht. Sie starb in der Nacht, sagt der Doktor.«
»Möglicherweise hat sie in der Nacht ihren letzten Atemzug getan«, warf der Inspector in mildem Ton ein, »aber sie war vielleicht schon stundenlang bewußtlos.«
»Da ist ein ganz entscheidender Punkt«, fuhr Miss Bellringer lebhaft fort, als hätte er kein Wort gesagt. »Was ist mit der Orchidee?«
»Mit der Orchidee?« wiederholte Barnaby ausdruckslos. Dreißig Jahre Erfahrung mit der ländlichen Bevölkerung hatten ihn Geduld gelehrt.
Miss Bellringer klärte den Zusammenhang umgehend auf und erzählte von ihrem Wettstreit mit Miss Simpson. »Am Nachmittag nach dem Tod meiner Freundin ging ich im Wald spazieren. Eine törichte Unternehmung, aber ich war natürlich noch vollkommen durcheinander und sehr aufgeregt. Ich suchte halbherzig nach der Orchidee, bis mir klarwurde, daß es gar keine Rolle mehr spielt, ob ich sie finde oder nicht. Bei diesem Gedanken begriff ich erst richtig, daß Emily tot ist... ich sah sie wieder vor mir, wie sie dalag ...« Sie richtete den Blick auf Barnaby, zwinkerte einige Male und schniefte. »Das muß Ihnen seltsam Vorkommen.«
»Ganz und gar nicht.«
»Und dann habe ich sie entdeckt. Aber, verstehen Sie - Emily hat die Orchidee vor mir gefunden.« Sie sah, daß Barnaby fragend die Augenbrauen hochzog, und erklärte: »Jede von uns hatte einen Stock, um die Fundstelle zu markieren. Ihr Stock war mit einem roten Band gekennzeichnet, meiner mit einem gelben.« Miss Bellringer beugte sich vor und sah Barnaby so eindringlich an, daß er sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, dasselbe zu tun. »Warum ist sie
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