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Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder

Titel: Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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auf den letzten Platz. Barnaby schlüpfte unbemerkt durch das Portal und stellte sich hinter eine Säule. Es war ein herrlicher Tag; die Sonne strömte durch die Kirchenfenster. Hinter der Kanzel war alles weiß: der weißhaarige Vikar im weißen Gewand, zwei hübsche Arrangements aus weißen Blumen rechts und links vom Altar, ein schlichter Lilienstrauß auf dem schmalen Sarg.
      Die meisten Trauernden trugen normale Kleidung, aber man sah auch Schwarz. Ein paar Männer hatten Trauerflore am Arm, und einige Frauen bedeckten ihre Köpfe mit dunklen Tüchern. Barnaby war erstaunt, daß fast ein Viertel der Trauergemeinde junge Leute unter Dreißig waren.
      Miss Bellringer, angetan mit einem rostfarbenen, mit schwarzen Perlen bestickten Gewand, hatte in der rechten vorderen Bank Platz genommen. Ihr Adlerprofil war ausdruckslos unter dem Hut mit dem Federschmuck, ihre Augen trocken. In der linken ersten Reihe (reserviert für den Landjunker und seine Verwandten?) saß Henry Trace, im dunklen Anzug, mit Katherine. Sie trug ein kaffeefarbenes Seidenkleid mit einem schwarzen Chiffonschal, dessen Ränder mit kleinen goldenen Münzen verziert waren. Die Lessiters hatten zwar Plätze in einer Bank, starrten aber alle stur geradeaus, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Kein Mensch wäre auf den Gedanken gekommen, daß die drei eine Familie waren. Dennis Rainbird hatte sich in seiner Rolle als Zeremonienmeister selbst übertroffen. Eine große schwarze Schleife schmückte seinen Arm, die Enden reichten ihm bis zur Hüfte. Seine Mutter lehnte matt in der zweiten Reihe, eingehüllt in graue Taftwolken und einen grauen Schleier. Mrs. Quine tupfte sich auffällig eine nicht vorhandene Träne aus dem Auge, und Lisa Dawn saß schniefend neben ihr. Phyllis Cadell trug Dunkelblau, David Whiteley Jeans und ein gestreiftes Hemd. In der hintersten Bank weinte ein alter Mann namens Jake hemmungslos und wischte sich die Tränen mit einem rot getupften Taschentuch von den Wangen. Als sich alle hinknieten, sah Barnaby Michael Lacey, der aufrecht sitzen geblieben war und die ehrerbietige Versammlung mit Ungeduld und Spott überblickte. Er hatte keinerlei Konzessionen an Anstand und Sitte gemacht - er war in einem farbverschmierten Overall und einer Leinenkappe erschienen.
      »Ein Mensch, geboren vom Weibe, hat nur eine kurze Zeit zu leben...«
      Emily Simpson hatte, verglichen mit dem Rest der Weltbevölkerung, sehr lange gelebt, aber jemand hatte es ihr verwehrt, die ganze Frist auszukosten, die ihr das Schicksal zugedacht hatte. Niemand, dachte Barnaby, sollte einen Tag, eine Stunde oder auch nur eine Sekunde vor seiner Zeit auf die große Reise geschickt werden. Ihm war warm - er lockerte den Kragen, schloß die Augen und legte für einen Moment die Stirn an den kühlen Stein der Säule.
      Gestalten bewegten sich vor seinen Augen: die Laceys und Lessiters, Phyllis Cadell, David Whiteley, die Rainbirds, Henry Trace. Sie gingen aufeinander zu, trafen sich und gingen wieder auseinander - ein leidenschaftsloser Tanz. Wer gehörte zu wem? Wenn er das wüßte, wäre das Rätsel gelöst.
      Barnaby träumte nachts von dem Pärchen im Wald: zwei umschlungene, zuckende Leiber, weiße Glieder - im einen Moment starr wie Statuen, dann wieder zu einem Ganzen verschmolzen. Letzte Nacht hatten sie sich langsam gedreht, ein Mobile der Lust an unsichtbaren Fäden, und er hatte im Schlaf den Atem angehalten und darauf gewartet, endlich ihre Gesichter zu sehen. Aber als die Gestalten den Kreis vollendeten, blickte er in zwei schneeweiße, haarlose Ovale.
      Ein staubwirbelnder Sonnenstrahl tauchte den Lilienstrauß in bernsteinfarbenes Licht. Alle standen auf, um zu singen. Hinter Barnaby schlug ein von einer plötzlichen Windbö gepeitschter Eibenzweig gegen die Fensterscheibe.
     
     

** Teil 3
    Wiederholung
     
     

* 1
     
    An dem Nachmittag der Untersuchung war der Gerichtssaal voll. Jeder einzelne Klappstuhl war besetzt. Ganz Badger’s Drift schien anwesend zu sein. Barnaby sah sich um - nur David Whiteley und Michael Lacey fehlten offenbar. Die Geschworenen - um ernste, gleichgültige und vertrauenerweckende Mienen bemüht - saßen auf ihren Plätzen.
      Barbara Lessiter trug ein schwarzweiß gepunktetes Kleid, das besser zu einer Gartenparty gepaßt hätte, dazu einen kleinen schwarzen Hut mit Flitter auf dem Schleier, der ihr Gesicht verdeckte. Judy hatte einen hellen Pullover und eine Tweedhose an, Katherine Lacey einen

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