Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
Mrs. Lessiter?«
»Ich war in meinem Fitnessclub in Slough... er heißt Abraxas, wenn Sie es nachprüfen wollen. Ich habe zu Mittag einen Salat gegessen, war in der Sauna und habe mich massieren lassen. Ich war bis etwa halb vier dort, dann machte ich einen Einkaufsbummel. Um halb sechs kam ich hierher.«
»Danke. Ist Miss Lessiter zu Hause? Ich würde gern mit ihr sprechen.«
»Nein. Wir sind uns in der Eingangshalle begegnet, als ich heimkam. Sie wollte gerade Weggehen und sah eigenartig aus.«
»Inwiefern?«
»Na ja ... wenn es jemand anders als Judy gewesen wäre, würde ich sagen, sie hätte ein Schäferstündchen mit einem Liebhaber gehabt.«
»Das ist selbst für dich bemerkenswert gehässig«, platzte es aus Lessiter heraus, er bereute jedoch sofort, daß er nicht den Mund gehalten hatte, als er Troys zufriedene Miene sah.
»Sie hat mich verträumt angegrinst - es war das erste Lächeln, das sie mir seit meinem Einzug hier gegönnt hat -und sagte, sie wolle nach High Wycombe fahren und sich ein neues Kleid kaufen. Auch das ist merkwürdig. Mir ist nie aufgefallen, daß sie auch nur das geringste Interesse für ihre Kleidung hat. Was im Grunde ganz verständlich ist, wenn man bedenkt, was für eine unmögliche Figur sie hat.«
Die hat ganz schön Oberwasser, dachte Troy und überlegte, was wohl auf dem Zettel stehen mochte. Heute sah Barbara Lessiter ganz und gar nicht aus wie die Frauen auf den ausklappbaren Seiten in Männermagazinen. Die Falten unter dem bronzefarbenen Gesichtspuder schienen tiefer als das letzte Mal zu sein, ihr Blick war hart und die Frisur gekünstelt und steif. Selbst ihre Kurven schienen starr und unnachgiebig zu sein.
»Dann wird später jemand vorbeischauen, um mit Ihrer Tochter zu reden, Sir«, kündigte Barnaby an und wünschte einen guten Abend. Er hatte kaum die Tür hinter sich zugezogen, als Trevor Lessiter zu seiner Frau herumwirbelte.
»Ich hoffe, du erwartest nicht von mir...«
»Du dreckiger Kerl!«
»Wage es nicht, so mit mir zu sprechen. Ich würde nicht in Häuser wie das Casa Nova gehen, wenn du als Ehefrau anders wärst.«
»Ich wäre vielleicht eine andere Ehefrau, wie du das nennst, wenn du auch nur die geringste Ahnung hättest, wie man mit einer Frau umgeht. Du bist ein erbärmlicher Idiot.«
»Wenigstens mögen sie mich dort. Die gute Krystal ist immer...«
»Sie mögen dich? Sie lachen sich hinter deinem Rücken krank über dich.«
»Woher, zum Teufel, weißt du so gut Bescheid? Ich bin erstaunt, daß du dieses Haus überhaupt kennst.«
»Wenn du es genau wissen willst, sie haben im Abraxas darüber geredet. Ein paar der alten Schlampen aus dem Casa Nova waren dort, um sich verjüngen zu lassen.«
»Es funktioniert nicht, wie, Barbara?«
»Was?«
»Die Verjüngung. Ich meine, im Augenblick siehst du wirklich so alt aus, wie du bist. Das übrigens war die erste Lüge, die du mir aufgetischt hast - dein Alter. Guter Gott, der heutige Tag öffnet mir wirklich die Augen. Ich komme mir vor, als würde ich dich zum erstenmal richtig sehen.«
Barbara schlenderte zum Fenster, wählte mit Bedacht eine Zigarette aus der Dose aus und zündete sie an. Sie drehte sich um und blies eine Rauchwolke in die Luft.
»Das gilt für uns beide, mein Lieber«, sagte sie mit einem unnachgiebigen Lächeln. »Das gilt für uns beide.«
* 5
David Whiteley kam in Jeans, einem verschwitzten Hemd und mit einem Whiskyglas in der Hand an die Tür. Er führte sie ins Wohnzimmer und schaltete die laut dröhnende (>Bridge over Troubled Water<) Stereoanlage aus. Er lud sie ein, Platz zu nehmen, und bot Barnaby einen Schluck Whisky an - »einen Touch von Jameson«, wie er sich ausdrückte. Das Angebot wurde abgelehnt, und David trank sein Glas aus und schenkte sich nach. Seine Hand blieb ganz ruhig, seine Stimme volltönend und klar, obwohl er während ihres kurzen Besuches auch ein drittes Glas leerte.
»Sie wissen, was vorgefallen ist, Mr. Whiteley?«
»Ja. Ich bin am Black Boy vorbeigefahren und hab’ angehalten und die Leute gefragt. Gräßliche Leichenfledderer.«
Barnaby erkundigte sich, was er am Nachmittag getan hatte. Whiteley saß auf einem Schaukelstuhl und wiegte sich langsam vor und zurück, während er seine Besucher eingehend musterte. Er wirkte fehl in diesem klassischen Requisit der Alten und Rentner. Er strahlte ungeheure Männlichkeit und eine
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