Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
Tabletten, die ihr Wohlbefinden förderten. Die braunen Bomben. Sie müßten ihr helfen. Nur für Notfälle, hatte man ihr in der Klinik gesagt, aber wenn unendliche Einsamkeit und Verzweiflung um neun Uhr an einem wunderschönen sonnigen Morgen im tiefsten Belgravia kein Notfall war, was - verflucht noch mal - dann? Und ein Bad. Das dürfte helfen, ihre Stimmung zu ändern. Felicity machte sich an den zarten goldenen Hähnen zu schaffen, aus denen parfümiertes Wasser sprudelte.
An ihrer Zigarette ziehend, schaute sie in den Spiegel und bemerkte ihre eingefallenen Wangen. Ein Netz feinster Fältchen breitete sich neben den Augenwinkeln aus. Soviel zu dem Embryo-Serum, für das zahllose ungeborene Lämmer auf die Möglichkeit verzichtet haben, jemals über eine grüne Wiese zu springen. Sie drückte die Zigarette in dem honigfarbenen Gel aus. Einhundertfünfzig Pfund, und wofür? Für ein Netz feiner Linien. Mit dem Zeigefinger fuhr sie über die Fältchen, bohrte urplötzlich die Nägel mit aller Gewalt in die zarte Haut, auf der Halbmonde zurückblieben. Danach schnappte sie sich das Beruhigungsmittel und kehrte ins Schlafzimmer zurück.
Eine halbe Flasche Champagner aus dem Schildkröten- und elfenbeinfarbenen Armoire nehmend, die Guy in einen Kühlschrank für seinen Schlummertrunk umgewandelt hatte, legte sie die Beruhigungstabletten auf die Zunge und spülte sie mit Champagner runter, der über ihr Gesicht und ihren Hals sprudelte. Im Badezimmer lief das parfümierte Wasser über, überschwemmte den Teppich, kroch langsam zur Tür.
Nachdem Felicity zwei weitere Flaschen gekippt hatte, machte sie es sich mit angezogenen Knien auf einem niedrigen Brokatsessel bequem. Ihr Mund war staubtrocken. Sie versuchte zu vermeiden, den Stoff zu berühren, der ihr wie eine geheimnisvolle Landschaft vorkam: durchbrochenes Gitterwerk, sich voneinander lösende Liebende, die in blutrote Seen rannten, Wolken wie blaugeäderte Fäuste. All das wirkte ihrer Meinung nach auf beklemmende Weise lebendig und vermittelte ihr eine düstere Vorahnung.
Die nahende Flut, das Schwappen des Wassers gegen den Badewannenrand, erregte endlich ihre Aufmerksamkeit. Sie versuchte aufzustehen. Ihre Gliedmaßen waren schwer, ihr Kopf schmerzte. Mit blinzelnden Augen betrachtete sie das Wasser, das immer in Bewegung war. Angst und Verlorenheit brachten sie zum Weinen.
Draußen auf der Straße ertönte das Dröhnen eines Preßluftbohrers. Drrrrrrrr....r.r.r......Felicity steckte die Finger in die Ohren, doch der Lärm hämmerte ungehindert auf ihren Kopf ein. Drrrrrr......
Sie schleppte sich zum Fenster, riß es auf und schrie mit brechender Stimme: »Hört auf, ihr Mistkerle... Hört auf!«
Das Bohren wurde ohne ihr Zutun eingestellt. Gerade als sie sich zurückziehen wollte, fragte eine Stimme unter ihr: »Mrs. Gamelin?«
Felicity beugte sich weiter hinaus. Auf den schwarzweißen Kacheln stand ein ihr vollkommen fremder junger Mann, dessen Miene begehrlichen Respekt verriet. Sie stürmte nach unten - offenbar an das Gekreische von vorhin erinnert, sprang der Mann zurück. Hinter ihm parkte ein Lieferwagen mit dem aufgemalten Schriftzug »Au Printemps: Luxury Dry Cleaning + Invisible Repairs«. Er zog ein Blatt Papier hervor.
»Vom Empfangspult von Mr. Gamelin, Mrs. Gamelin.«
Sein pompöses Getue veranlaßte Felicity zu höhnischem Gelächter. Dennoch nahm sie das Papier in Empfang, auf dem unterschiedliche Kleidungsstücke aufgelistet waren, und las die einzelnen Posten laut vor. »Ein marineblauer Nadelstreifenanzug, ein grauer Nadelstreifenanzug, ein cremefarbenes Dinnerjackett. Zur Abholung.« Und eine Unterschrift: »Gina Lombardi«.
»Warten Sie.« Sie ließ ihn am Eingang in dem Wissen stehen, daß er in dem Moment, wo sie die Treppe hochging, in die Halle trat. In Guys Ankleidezimmer suchte sie - wie es von ihr zweifellos erwartet wurde - die entsprechenden Kleidungsstücke heraus und bemerkte eine Lippenstiftspur auf dem Frackrevers. Ein ganz und gar überflüssiger Hinweis. Wenn es nach Felicity ging, konnte Gina ihn nicht nur besteigen, sondern auch gleich verschlingen.
Sie spazierte zum Geländer und blickte nach unten. Der Mann vom Au Printemps inspizierte gerade seine verpickelte Haut im mexikanischen Spiegel. Felicity rief: »Fangen Sie«, warf die Klamotten runter und beobachtete, wie sie sich im Fallen aufplusterten.
Der junge Mann errötete. Begab sich wortlos in die
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