Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
aus dem Auto geschmissen.«
»Sagen Sie doch nicht so was.« Simone berührte vorsichtig den Bluterguß auf ihrer Stirn. »Wir wollten, daß es überzeugend wirkt, aber er hat mich ein bißchen zu kräftig gestoßen.
Sarah tauchte gegen ein Uhr auf. Und ganz ehrlich, Inspector, selbst wenn ich je ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, mit ihr wegzulaufen...« Hier verstummte Simone und fing leicht an zu zittern. Ihre Augenlider flatterten, und sie hatte sich eine Hand auf die Brust gelegt, als ob sie sich das Atmen erleichtern wollte. »Diese Frau schien zu glauben, nur weil sie das Geld brachte, hätte sie mich gekauft. Sie kippte es auf das Bett und fing an zu lachen und es in die Luft zu schmeißen. Ich dachte ehrlich gesagt, sie wär ein bißchen verrückt geworden.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Barnaby und sah vor sich, wie Sarah vor Freude und Erleichterung, daß diese ganze traumatische, verbrecherische Aktion erfolgreich vorbei war, durch das Zimmer tanzte.
»Sie sagte: >Hier, hier - nimm<, fing an, mir die Scheine ins Kleid zu stopfen, und versuchte, die Knöpfe aufzumachen. Das kam für mich nun überhaupt nicht in Frage. Ich erinnerte sie daran, daß sie mir versprochen hatte, wir würden bloß Freundinnen sein. Ich hatte das noch nicht ganz ausgesprochen, da fing sie an, mich zu küssen und mir eine Hand unter den Rock zu schieben. Es war absolut widerlich.«
Barnaby versuchte, sich das ebenfalls vorzustellen, es gelang ihm jedoch nicht. Aber ihm war klar, was für eine starke Wirkung eine solche Szene in einem Gerichtssaal hätte. Besonders wenn sie noch mit weiteren schlüpfrigen Details angereichert würde.
»Sie wollte dann los, um uns was zum Mittagessen zu kaufen. Oh, was wir nicht alles haben würden. Lachs, Leberpastete, tollen Kuchen, Champagner. Sie meinte, nach ein paar Gläsern würde ich die Sache mit ihr ganz anders sehen. Sobald sie weg war, rief ich Ronnie an.«
»Und gingen.«
»Hätten Sie das etwa nicht getan?«
»Und nahmen das Geld mit.«
»Ich habe mir meinen Anteil mitgenommen.«
»Und wie hoch war der?«
»Genau die Hälfte. Natürlich war das Ganze Sarahs Idee gewesen, aber ohne die Fotos wäre die Sache überhaupt nicht in Gang gekommen. Also dachte ich, daß ich ein Recht auf die Hälfte hatte.«
»Nach unseren Informationen haben sie das gesamte Geld genommen.«
»Nur Sarah weiß, wieviel ich genommen habe, und sie würde nie eine solche Lüge erzählen.« Sie lächelte die beiden Polizisten mit unerschütterlicher Zuversicht an. »Auch wenn sie eine alte Lesbe ist.«
Barnaby dachte an Sarah Lawson, die in dem künstlichen Licht ihrer Gefängniszelle dahinsiechte, und an Alan Hollingsworth, der in der kalten Erde lag. Aber er wollte sich nicht ein zweites Mal von seiner Wut zu einer unbedachten Äußerung hinreißen lassen. Nicht wenn er sich mit etwas befaßte, das so schlüpfrig wie ein Korb voller Kobras war.
»Sie beide sind ja ein sehr gegensätzliches Paar, nicht wahr, Mrs. Hollingsworth?« Simone starrte ihn an. »Sie beschimpfen hier Sarah mit allem möglichen. Und Sarah würde eher sterben, als ein Wort gegen Sie zu sagen.«
»Das will ich aber auch hoffen!« Trotzdem wurde sie rot. Zumindest ein bißchen.
»Aber Sie haben es die ganze Zeit gewußt. Sie haben gewußt, daß sie Sie so sehr liebt, daß Sie immer in Sicherheit wären.«
Simone drehte sich zu ihrer Anwältin und sagte: »Mir ist das alles ein Rätsel.«
Angesichts dieser Undankbarkeit, mit der all ihre Bemühungen quittiert wurden, beschloß sie nun, daß sie nichts mehr hinzuzufügen hätte. Kurz darauf wurde die Vernehmung für beendet erklärt. Simone wurde nach unten gebracht. Barnaby blieb in dem Raum mit den blaßblauen Wänden, den Metallstühlen und dem Plakat mit dem Kartoffelkäfer sitzen. Er saß dort, den Kopf in die Hände gestützt und die Augen geschlossen, und sah - so leibhaftig, als wäre sie nur wenige Schritte von ihm entfernt - Simone Hollingsworth auf der Anklagebank sitzen.
Mit flachen Schuhen würde sie im Zeugenstand in der Tat sehr klein wirken. Und obwohl sie bereits so schlank war, traute er ihr durchaus zu, daß sie bis zum Prozeßbeginn noch ein paar Kilo abnehmen würde.
Ihr Haar hätte bis dahin seine richtige Farbe wieder angenommen, und sie würde ein Make-up tragen, das zwar kaum sichtbar war, aber ihre Zerbrechlichkeit betonte. Ihre Kleidung würde
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