Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
mich zu sehen, fast schon hysterisch vor Erleichterung, doch gleichzeitig hatte er etwas Düsteres und Verzweifeltes an sich. Er wickelte die Decke um mich und...«
»Wo ist die Decke abgeblieben?«
»Wie bitte?«
»Sie war nicht im Wohnzimmer, als die Polizei dort eindrang.«
»Ach so. Er hat sie irgendwann nach oben gebracht, glaube ich.«
»Okay. Fahren Sie fort, Mrs. Hollingsworth.«
»Wir gingen ins Haus, und er fing an, wirres Zeug zu faseln, daß ihn diese ganze Geschichte fast umgebracht hätte. Und wenn so etwas noch mal passierte oder ich ihn verlassen oder jemand anders kennenlernen würde, dann wär das für ihn das Ende. Ich versuchte, ihn zu beruhigen, und das schien auch zu funktionieren, denn plötzlich war er ganz friedlich. Sagte, es täte ihm leid, daß er mir Angst eingejagt hätte, und ich sollte mir keine Sorgen mehr machen, denn von jetzt an würde alles gut. Bei seinem plötzlichen Stimmungswechsel hätte ich eigentlich mißtrauisch werden sollen, aber ich war so erleichtert, daß er aufhörte zu randalieren. Mittlerweile...«
Barnaby unterbrach sie. Er hatte eine schreckliche Vorahnung, wo das Ganze hinführen würde, und Kälte ergriff sein Herz. Er hatte das Bedürfnis, diesen glatten und gefühlslosen Bericht zu stoppen, und sei es nur für eine Minute.
»Wo Sie gerade von Mißtrauen reden, würde ich doch sagen, daß das eher für Ihren Mann hätte gelten müssen. Denn sobald er sie von nahem gesehen hatte, mußte er doch wissen, daß er betrogen worden war.«
»Ich habe nur eine Lampe angeschaltet.«
»Trotzdem...«
»Außerdem hätte er dazu mein Gesicht berühren müssen, und ich hatte ihm bereits gesagt, daß mir das sehr weh täte. Darauf war er nach oben gegangen - um, wie er sagte, Panadol zu holen - er kam aber ohne zurück. Wir hätten keins mehr, meinte er.«
»Was ist dann passiert?« fragte Sergeant Beryl.
Verärgert holte Barnaby tief Luft. Er hatte diese Szene noch intensiver erkunden wollen. Doch bevor er eine weitere Frage stellen konnte, war Simone schon wieder im Redefluß. Sie sprach mit angestrengter, piepsiger Stimme, als litte sie unter Atemnot.
»Er redete und redete, wie sehr er mich vermißt hätte, und stellte viele Fragen. Aber ich sagte, was ich durchgemacht hätte, wär so furchtbar gewesen, daß ich noch nicht darüber reden könnte. Das schien er zu akzeptieren. Nach“ dem er sich etwas abreagiert hatte, war er eine Zeitlang sehr still. Schließlich stand er auf und goß uns beiden einen Drink ein. Whisky. Mag ich eigentlich gar nicht, aber Alan meinte, dann könnte ich besser schlafen. Dann ging er in die Küche, um Wasser zu holen, obwohl auf dem Tablett mit den Gläsern eine Karaffe stand. Er setzte sich mit seinem Drink auf das Sofa und kippte das Zeug in sich hinein. Ich nippte an meinem nur mal, aber er drängte mich immer wieder auszutrinken, also nahm ich noch einen weiteren Schluck. Alan war furchtbar blaß geworden und schwitzte. Das beunruhigte mich. Als er sich dann zurücklehnte und die Augen schloß, hab ich den Rest von meinem Zeug weggekippt.«
»Wohin?«
»In den Eiseimer. Das Bartischchen stand neben meinem Sessel. Als Alan die Augen wieder öffnete, lächelte er mich an und wirkte sehr zufrieden. >Gutes Mädchen< sagte er. Dann: >Vergib mir, Darling. Jetzt werden wir immer zusammen sein.< Ich wußte überhaupt nicht, was er meinte.«
Und ob du das wußtest, du verlogenes Miststück. Barnaby erkannte jetzt, wie brillant ihre Lösung war. Verstand diesen letzten Dreh in seiner ganzen berechnenden Grausamkeit. Er stellte sich vor, wie der arme Hollingsworth außer sich vor Freude gewesen war von dem Augenblick an, als seine Frau beschlossen hatte, sich ihm zu zeigen. Womöglich war er fast zu Tränen gerührt, als sie sich trotz ihrer Verletzungen und allem, was sie durchgemacht hatte, besorgt um ihn zeigte. Ihm mit ihrer zarten Hand einen Drink mixte; es ihm auf dem Sofa bequem machte. Dafür sorgte, daß er alles austrank.
Beweis es.
»Und wann, Mrs. Hollingsworth, haben Sie festgestellt, daß Ihr Mann nicht einfach nur eingeschlafen war?«
»Das hab ich doch überhaupt nicht gemerkt! Nachdem ich mein Glas gespült hatte...«
»Warum haben Sie das getan?«
»Ich bin eben ein ordentlicher Mensch.«
»Bei dem Chaos in der Küche«, sagte Sergeant Beryl, »wäre es doch wohl auf ein Glas mehr oder weniger auch nicht
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