Inspector Barnaby 06 - Ein sicheres Versteck
draußen. Ein-, zweimal trafen sie sich auf ihren beharrlichen Wunsch hin zum Mittagessen, aber das war eher ein Misserfolg. Val hatte keinen Hunger, und ihr fürsorgliches Drängen, er müsse etwas essen, ging ihm auf die Nerven. Als sie sich nach dem zweiten Mal voneinander verabschiedeten, hatte Louise Mühe, nicht zu weinen, und Val versicherte ihr mit schlechtem Gewissen, dass es alles seine Schuld sei, bevor er sie unbeholfen umarmte und sagte: »Meld dich mal wieder.«
Im Zug zurück nach Great Missenden gewann Louises unverwüstlicher Optimismus wieder die Oberhand. Es war normal, dass diese Dinge ihre Zeit brauchten. Ihr war nur nicht klar gewesen, wie lange. Alles würde irgendwann wieder gut werden. Dennoch war sie ganz froh, als sie am Bahnhof in ihr kleines Auto stieg, dass sie nicht in ein leeres Haus zurückkehren musste.
Als Ann schließlich in der Lage war, das Krankenhaus zu verlassen, um - wie man sie vorgewarnt hatte - eine längere Genesungsphase anzutreten, wusste sie nicht so recht, wo sie hin sollte. Ihr tiefstes Inneres revoltierte bei der Vorstellung, in das alte Pfarrhaus zurückzukehren. Das Haus, in dem sie seit ihrer Kindheit gelebt hatte, war ihr so zuwider geworden, dass sie beinahe das Gefühl hatte, sie wolle es nie mehr wiedersehen. Aber die einzige Verwandte, die sie noch hatte, war eine ältliche Tante in Northumberland, die Ann seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hatte, und in dieser Zeit hatten sie sich nur ab und zu der Form halber geschrieben. Außerdem musste sie zur Nachbehandlung in der Nähe des Krankenhauses bleiben. Als dann der Tag näher rückte, an dem sie entlassen werden sollte, schlug Louise vor, Ann solle doch einfach eine Weile in Fainlights wohnen.
Louise war fast jeden Tag in Stoke Mandeville gewesen, und obwohl sehr wenig geredet wurde, war das Schweigen niemals unangenehm gewesen. Und nachdem sie sich allmählich immer näher gekommen waren, hatten beide Frauen das Gefühl, dass das eine gute Lösung wäre.
Dennoch gab es zwangsläufig gewisse Probleme, nachdem Ann eingezogen war. Sie mussten sich erst an das Zusammenleben gewöhnen. Aus lauter Dankbarkeit wollte Ann mehr tun, als sie eigentlich konnte. Louise lehnte ihrerseits jede Hilfe ab und war überzeugt, sie könne alles allein schaffen, obwohl sie das seit Jahren nicht mehr versucht hatte. Und die Vermittlungsagentur für Hausangestellte hatte, als sie von Valentines Tat und seiner anschließenden Verhaftung erfuhr, den Namen Fainlight prompt aus ihrer Kundenliste gestrichen.
Schließlich begann Hetty, die ohnehin häufiger vorbeikam, um nach Ann zu sehen, im Haushalt zu helfen. Damit waren dann alle zufrieden. Louise, weil sie keine Hausarbeit mehr machen musste, was sie hasste. Ann, weil sie sich freute, Hetty zu sehen, beinahe die einzige Konstante in ihrem Leben seit ihrer Geburt. Und Hetty, weil sie das Geld für den Umzug brauchte. Sie hatte nämlich im Austausch über das Sozialamt ein Haus zugewiesen bekommen, das näher bei Pauline und ihrer Familie lag. Den Umzug würde Alan zwar mit seinen Kumpels regeln, so dass sie eigentlich nur einen Lieferwagen mieten und einen Kasten Bier sowie Fish and Chips für alle spendieren musste, aber Hetty ließ sich nicht gern etwas schenken.
Nachdem sich herumgesprochen hatte, dass Mrs. Lawrence wieder soweit gesund war, um Leute empfangen zu können, begann das Dorf mit kleinen Geschenken anzurücken, Bücher, Blumen, selbstgebackene Kuchen und Süßigkeiten. Jemand schenkte ihr ein Taschentuch, das kunstvoll mit ihrem Namen bestickt war. Ann war häufig zu Tränen gerührt über soviel Freundlichkeit. Louise, die zunächst ein wenig ungehalten über den nicht enden wollenden Strom von Besuchern war, gewöhnte sich allmählich daran und freute sich sogar über die Gesellschaft. Sie setzte den Kessel auf, stellte Kuchen auf den Tisch und sorgte dafür, dass die Leute sich wohl fühlten. Auch diverse Hunde kamen und gingen. Louise, die sich früher nie etwas aus Tieren gemacht hatte, war schließlich so begeistert von Candy, dass sie ernsthaft in Erwägung zog, sich selbst ein Haustier anzuschaffen.
Doch all das spielte sich tagsüber ab. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden die Dinge etwas schwieriger. Dies war für beide Frauen die schmerzlichste Zeit, die Zeit, in der ihre Freundschaft, die für den Rest ihres Leben halten sollte, fest geschmiedet wurde.
Louise hatte die Sozialarbeiterin im Krankenhaus um Rat
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