Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector Jury bricht das Eis

Inspector Jury bricht das Eis

Titel: Inspector Jury bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
alten Poachy ganz gerne – Lord Ribbenpoach ist sein Hoftitel; er ist Erbe eines Herzogtums oder so etwas. Der Gute ist ein bißchen verschroben. Er marschiert durch seine eigenen Wälder und spielt dort den Wilderer. So heißt es jedenfalls.»
    Charles Seaingham griff den Faden auf und erzählte von den Problemen, die er auf seinem eigenen Land mit Wilderern gehabt hatte, wohl ebenfalls in der Hoffnung, das Gespräch auf unverfänglicheres Terrain zu lenken.
    «Die meisten von euch sind doch nicht ganz dicht …» begann Bea Sleight. Gemurmel vom anderen Tischende signalisierte, daß Agatha hierin ganz ihrer Meinung war. «Kein Wunder bei der jahrhundertelangen Inzucht.»
    «Ich bitte Sie», sagte Melrose lachend. «Der Inzucht verdanken wir doch höchstens, daß wir alle ähnliche Nasen und vorstehende Zähne haben.» Sie waren inzwischen bei Stilton-Käse und Portwein angelangt (Grace Seaingham hatte mit der ehrwürdigen Tradition gebrochen, daß die Damen sich bei diesem letzten Akt des Dinners zurückzogen), und MacQuade, dem die ganze Unterhaltung großen Spaß zu machen schien, reichte Melrose die Flasche, während dieser fortfuhr: «Schade, daß ich decessit sine prole sterben werde.»
    Seine Tante hörte entsetzt auf zu kauen und sagte mit vollem Mund: «Wenn du noch kein Testament aufgesetzt hast, dann solltest du das augenblicklich nachholen, Melrose!»
    Beatrice Sleight lachte. «Er meint kinderlos.»
    «Ich finde, Mr. Plants Titel ist allein seine Angelegenheit», sagte Grace Seaingham. Sie schob ihre unberührte Dessertschale beiseite.
    Melrose lächelte ihr dankbar zu und sagte zu Beatrice: «Es scheint eine Ihrer Leidenschaften zu sein, dem Adel gehörig auf die Finger zu klopfen. Da kann man von Glück sagen, daß ich nicht mehr dazugehöre.»
    « Sie persönlich nehme ich von meinem Urteil aus. Sie faszinieren mich.»
    Melrose hoffte inständig, daß dem nicht so war.
    «Ich habe Ihren Namen im Burke’s nachgeschlagen.»
    «So schnell? Ich bin doch eben erst angekommen.»
    Bea Sleight lächelte. «Charles hat uns erzählt, daß Sie kommen würden. Sie stehen überall, im Burke’s , im Debrett’s und im Landed Gentry .»
    «Im Almanach de Gotha haben Sie nicht nachgesehen?»
    «Das hätte ich gern. Aber der ist auf französisch.»
    «Wie schade.»
    Da das Gespräch sich nun schon einmal um Agathas Lieblingsthema drehte, ergriff sie nur zu gerne die Gelegenheit, mit düsterer Grabesstimme all die schönen verlorenen Titel aufzuzählen, als handelte es sich um die Namen einer Schar ertrunkener Kinder: Baron Mountardry of Swaledale … aus dem 16. Jahrhundert … Viscount of Nitherwold, Ross and Cromarty … Clive D’ardry De Knopf, vierter Viscount …
    So leierte sie ihren Text herunter. Melrose hatte das Gefühl, dem Ansager beim Rennen in Ascot zuzuhören, während die Pferde ihren Platz in den Startboxen einnahmen: Das Feld ist ab! Viscount of Nitherwold setzt sich an die Spitze … Melrose gähnte. Inzwischen kreiste das Gespräch um das historisch-politische Thema der Rosenkriege. Er betrachtete den aus rosa und weißen Christrosen geflochtenen Adventskranz. Im ganzen Haus waren Christrosen verteilt.
    Während am Tisch der Kampf zwischen den Häusern Lancaster und York tobte (Parmenger war in der richtigen Laune, einen – wenn auch längst beendeten – Strauß auszufechten, und favorisierte auf seine wunderbar verquere Art Richard III.), unterhielt Melrose sich mit Lady St. Leger über Gärtnerei und Rosenzucht, um sie vom Nachdenken über Beatrice Sleights taktlose Bemerkungen abzuhalten.
    «Susan hat die Blumen mitgebracht», sagte sie mit einem Blick auf den Kranz. «Lieb von ihr. Man sieht es ihr vielleicht nicht an, aber sie ist eine ausgezeichnete Gärtnerin.» Ihre Stimme klang angespannt. «Wir haben selber ausgedehnte Gärten in Meares. Früher habe ich dort so gerne selbst mit Hand angelegt. Aber jetzt –» Sie zuckte die Achseln. «Mögen Sie geometrische Gartenanlagen? Mir sind sie ein Greuel.»
    «Nein, aber ich kann meinen Gärtner einfach nicht davon abhalten, die Hecken in alle möglichen Formen zu zwingen.»
    «Wie schrecklich. Ich hasse beschnittene Hecken und Büsche. Wie kann man den Pflanzen nur so etwas antun!»
    «Ich wette, daß Tante Betsy mehr über Parks und Lustgärten weiß, als Miss Sleight jemals über Adlige erfahren wird», warf Tommy Whittaker mit einem ironischen Seitenblick auf Bea Sleight ein.
    Seine Tante lächelte ihn verschwörerisch an. Doch

Weitere Kostenlose Bücher