Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Hausaufgaben gemacht.«
Er fragte sich, was sie sonst noch wissen mochte, aber er hatte keine Zeit für müßige Spekulationen. Sie reichte ihm einen braunen A4-Umschlag.
»Gott sei Dank gibt's E-Mail. Ich hab einen Kontaktmann bei der Washington Post , und das meiste von dem, was hier drinsteht, hab ich von ihm.«
Rebus schaltete die Innenbeleuchtung an. Es gab ein spezielles Leselämpchen.
»Normalerweise trifft er sich mit mir immer in Pubs«, erklärte Mairie Jack, »und zwar in möglichst zwielichtigen.«
Jack lächelte, drehte sich zu ihr und ließ den Arm über die Rückenlehne baumeln. Rebus merkte, dass sie ihm gefiel. Mairie gefiel jedem auf Anhieb. Er fragte sich, was ihr Geheimnis war.
»Zwielichtige Kneipen entsprechen genau seinem Charakter«, entgegnete Jack.
»Wie wär's?«, unterbrach Rebus. »Könntet ihr beide euch verpissen und die Enten füttern gehen oder so was?« Jack zuckte die Achseln, vergewisserte sich, dass Mairie einverstanden war, und öffnete die Tür. Jetzt allein, machte es sich Rebus in seinem Sitz bequem und fing an zu lesen.
Erstens: Major Weir war kein Major. Es handelte sich um einen Spitznamen, den er schon als Jugendlicher verpasst bekommen hatte. Zweitens: Seine Eltern hatten ihm ihre Liebe für alles Schottische vererbt, einschließlich eines inbrünstigen Verlangens nach nationaler Unabhängigkeit. Dann kamen eine Menge Fakten über seinen Werdegang als Unternehmer, zuletzt in der Erdölindustrie, und Berichte über Thom Birds Ableben, an dem nichts Verdächtiges zu sein schien. Ein amerikanischer Journalist hatte angefangen, eine nicht autorisierte Biographie Weirs zu schreiben, dann aber wieder damit aufgehört. Gerüchten zufolge war er dafür bezahlt worden, dass er das Buch nicht vollendete. Ein paar unbestätigte Storys: Weir habe sich im Bösen von seiner Frau getrennt - und anschließend von einem erklecklichen Teil seines Vermögens. Dann etwas über Weirs Sohn, der entweder gestorben oder enterbt worden war. Vielleicht saß er jetzt in irgendeinem Aschram oder speiste die Hungernden Afrikas; vielleicht arbeitete er auch in einer Hamburgerbude oder machte Termingeschäfte an der Wall Street. Rebus blätterte zur nächsten Seite weiter und musste feststellen, dass es keine gab. Der Artikel hörte mitten im Satz auf. Er stieg aus und ging zu Mairie und Jack, die sich offenbar allerlei zu erzählen hatten.
»Da fehlt was«, sagte er und wedelte mit dem unvollständigen Manuskript.
»Tut es nicht.« Mairie griff in ihre Jacke, holte ein einzelnes zusammengefaltetes Blatt heraus und reichte es ihm. Rebus starrte sie an, als erwarte er eine Erklärung. Sie zuckte die Achseln. »Nennen Sie's meine Art von Humor.«
Jack lachte laut los.
Rebus stellte sich ins Licht der Scheinwerfer und las. Seine Augen wurden immer größer, und die Kinnlade klappte herunter. Er las es noch einmal, dann wieder und musste sich mit der Hand über den Scheitel fahren, um sich zu vergewissern, dass sein Kopf noch an Ort und Stelle saß.
»Alles in Ordnung?«, fragte Mairie.
Er starrte sie einen Augenblick lang an, ohne sie eigentlich zu sehen, dann zog er sie an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Backe.
»Mairie, Sie sind einmalig.«
Sie drehte sich zu Jack Morton um.
»Kann ich nur bestätigen«, sagte er.
Von seinem Auto aus hatte Bible John beobachtet, wie Rebus samt Freund losgefahren und von der Arden Street abgebogen war. Geschäfte hatten ihn gezwungen, noch einen Tag länger in Edinburgh zu bleiben. Ärgerlich, aber zumindest hatte sich dadurch die Möglichkeit ergeben, den Polizisten ein bisschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Es war auf die Entfernung nicht genau zu erkennen, aber Rebus schien blaue Flecken im Gesicht zu haben, und seine Kleidung wirkte unordentlich. Bible John konnte nicht umhin, eine gewisse Enttäuschung zu verspüren: Er hatte sich eigentlich einen würdigeren Gegner vorgestellt. Der Mann sah völlig erledigt aus.
Nicht dass er sich und ihn als Gegner betrachtet hätte, nicht wirklich. Rebus' Wohnung hatte nicht viel ergeben, immerhin aber so viel, dass Rebus' Interesse an Bible John im Zusammenhang mit dem Parvenü stand. Was dieses Interesse zumindest etwas verständlicher machte. Er war nicht so lang in der Wohnung geblieben, wie er eigentlich gewollt hätte. Da er nicht wusste, wie man ein Schloss kunstgerecht knackte, war er gezwungen gewesen, die Tür aufzubrechen. Und er musste jeden Moment damit rechnen, dass die Nachbarn etwas
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