Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
merkten. Also hatte er sich beeilt. Aber andererseits enthielt die Wohnung herzlich wenig, was ihn interessierte. Sie verriet ihm einiges über den Mann. Doch, jetzt hatte er das Gefühl, Rebus zu kennen , wenigstens bis zu einem gewissen Grad: Er empfand die Einsamkeit seines Lebens, spürte das Fehlen von Wärme und Liebe. Es gab Musik und auch Bücher, aber weder besonders viele noch sonderlich gute. Die Garderobe war... zweckmäßig: ein Jackett so ziemlich wie das andere. Keine Schuhe. Das fand er äußerst bizarr. Besaß der Mann nur ein einziges Paar?
Und die Küche: mangelhaft ausgestattet und bevorratet. Dann das Badezimmer: schwer renovierungsbedürftig. Zurück in die Küche, und da allerdings eine kleine Überraschung. Zeitungen und Zeitungsausschnitte, hastig versteckt, schnell gefunden. Bible John, Johnny Bible. Und deutliche Hinweise darauf, dass Rebus sich einige Mühe gemacht hatte: Die alten Zeitungen waren mit Sicherheit nicht leicht zu beschaffen gewesen. Eine Ermittlung innerhalb der offiziellen Ermittlung - danach sah es aus. Was Rebus für Bible John interessanter machte.
Im Schlafzimmer allerlei Papierkram: Kartons voll alter Briefe, Bankauszüge, einige Fotos - sehr wenige, aber genug, um zu verraten, dass Rebus früher verheiratet gewesen war und eine Tochter hatte. Allerdings keine Fotos der erwachsenen Tochter, überhaupt keine Bilder aus der letzten Zeit.
Die eine Sache allerdings, derentwegen er überhaupt hergekommen war... seine Visitenkarte... nichts, keine Spur davon. Was bedeutete, dass Rebus sie entweder weggeworfen hatte oder noch immer bei sich trug, in irgendeiner Jacketttasche oder in seiner Geldbörse.
Im Wohnzimmer merkte er sich Rebus Telefonnummer, dann schloss er die Augen und vergewisserte sich, dass er sich den Grundriss der Wohnung eingeprägt hatte. Ja, kein Problem. Er hätte mitten in der Nacht hierher zurückkommen und durch die Wohnung spazieren können, ohne jemanden aufzuwecken oder irgendwo anzustoßen. Er konnte sich Rebus jederzeit vornehmen. Wann immer es ihm passte.
Rebus' Freund gab ihm allerdings zu denken. Der Polizist sah nicht besonders gesellig aus. Ein Mann in Rebus' Alter, vielleicht ein bisschen jünger, dem Aussehen nach ein ziemlich harter Typ. Ebenfalls Polizist? Vielleicht. Dem Gesichtsausdruck des Mannes hatte Rebus' Verbissenheit gefehlt. Rebus hatte etwas an sich, das ihm schon bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen war und sich heute Abend noch verstärkt hatte: eine Entschlossenheit, die fast ans Monomane grenzte. Körperlich schien der Freund Rebus überlegen zu sein, aber das bedeutete nicht, dass Rebus ein leichtes Opfer sein würde. Körperliche Kraft nützte einem nur bis zu einem gewissen Grad.
Von da ab zählte die innere Einstellung.
26
Als das Geschäft am nächsten Morgen öffnete, warteten sie schon vor der Tür. Jack sah zum fünfzehnten Mal auf seine Uhr.
»Er bringt uns um«, jammerte er, dies erst zum neunten oder zehnten Mal.
»Entspann dich.«
Jack sah ungefähr so entspannt aus wie ein geköpftes Huhn. Als der Ladeninhaber aufzuschließen begann, sprinteten sie aus dem Auto. Rebus hatte den Abholschein schon parat.
»Nur noch eine Minute«, sagte der Ladeninhaber.
»Wir müssten schon längst woanders sein.«
Noch im Mantel sah der Mann einen Karton mit Fotoumschlägen durch. Rebus stellte sich Familienausflüge vor, Ferien im Ausland, rotäugige Geburtstage und unscharfe Hochtszeitsfeiern. Fotosammlungen hatten zugleich etwas leicht Verzweifeltes und Rührendes an sich. Im Laufe der Jahre waren ihm eine Menge Fotoalben vorgelegt worden -
in der Regel auf der Suche nach brauchbaren Indizien für eine Morduntersuchung oder nach Bekannten eines Opfers.
»Sie müssen aber warten, bis ich die Kasse aufgeschlossen habe.« Der Mann reichte Rebus den Umschlag. Jack warf einen Blick auf den Preis, knallte mehr als genug Geld auf den Ladentisch und zerrte Rebus nach draußen. Er raste in einer Art und Weise nach Fettes, als erwarte ihn dort der Schauplatz eines Verbrechens, schlängelte sich halsbrecherisch wie ein Stuntman zwischen hupenden und reifenquietschenden Autos hindurch. Trotzdem kamen sie zwanzig Minuten zu spät an. Aber Rebus war's egal. Er hatte seine Abzüge, die fehlenden Bilder aus Allan Mitchisons Kabine. Sie unterschieden sich nicht sonderlich von den übrigen Fotos: Gruppenbilder, aber mit weniger Personen. Und auf allen Ethnozöpfchen, direkt neben Mitchison. Auf einem Bild hatte sie den Arm um
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