Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders

ihn gelegt; auf einem anderen küssten sie sich und grinsten dabei.
    Rebus war nicht überrascht, jetzt nicht.
    »Ich will verdammt noch mal hoffen, dass sie das wert waren«, sagte Jack.
    »Jeden Penny, Jack.«
    »Das meine ich nicht.«
    Chick Ancram erwartete sie mit verschränkten Armen und einer Gesichtsfarbe wie Rhabarberstreusel. Die Akten lagen so vor ihm, als wären sie seit der letzten Vernehmung nicht mehr angetastet worden. Seine Stimme ließ ein leichtes Vibrato vernehmen. Er beherrschte sich, wenn auch mit Mühe.
    »Ich bin angerufen worden«, sagte er. »Von einer gewissen Kayleigh Burgess.«
    »Ach ja?«
    »Sie wollte mir ein paar Fragen stellen.« Er schwieg einen Moment. »Über Sie. Über die Rolle, die DI Morton gegenwärtig in Ihrem Leben spielt.«
    »Alles Tratsch, Sir. Jack und ich sind nur gute Freunde.«
    Ancram schlug mit beiden Handflächen auf den Schreibtisch. »Ich dachte, wir hätten eine Abmachung.«
    »Ich kann nicht behaupten, dass ich mich daran erinnere.«
    »Na, dann wollen wir hoffen, dass Ihr Langzeitgedächtnis besser funktioniert.« Er öffnete einen Ordner. »Denn jetzt fängt der eigentliche Spaß an.« Er bedeutete dem verlegen dreinblickenden Jack, den Kassettenrekorder einzuschalten, und nannte dann Datum und Uhrzeit, anwesende Beamte... Rebus hatte das Gefühl, dass er gleich explodieren würde. Er glaubte wirklich, dass es nur noch eine Frage von Sekunden sei, bis ihm die Augäpfel aus den Höhlen springen würden, wie bei diesen Scherzbrillen mit aufgesetzten Glupschaugen an Spiralfedern. Er hatte dieses Gefühl schon früher erlebt, unmittelbar vor einer Panikattacke. Aber er war jetzt nicht in Panik, sondern lediglich geladen . Er stand auf. Ancram unterbrach sich mitten im Satz.
    »Stimmt was nicht, Inspector?«
    »Hören Sie« - Rebus rieb sich die Stirn -, »ich kann keinen klaren Gedanken fassen... nicht über Spaven. Nicht heute.«
    »Das habe ich zu entscheiden, nicht Sie. Wenn Sie sich krank fühlen, können wir einen Arzt kommen lassen, ansonsten...«
    »Ich bin nicht krank. Ich bin nur...«
    »Dann setzen Sie sich hin.« Rebus tat, wie ihm geheißen, und Ancram wandte sich wieder seinen Notizen zu.
    »Also, Inspector, laut Ihrem Bericht hielten Sie sich an dem fraglichen Abend in Inspector Geddes' Wohnung auf, und es kam ein Anruf?«
    »Ja.«
    »Was tatsächlich gesprochen wurde, haben Sie nicht gehört?«
    »Nein.« Zöpfchen und Mitchison... Mitch, der Organisator, der Ökoaktivist. Mitch, der Erdölarbeiter. Getötet von Tony El, Uncle Joes Handlanger. Eve und Stanley, die Aberdeen beackerten, sich ein Zimmer teilten...
    »Aber DI Geddes sagte Ihnen, es habe mit Mr. Spaven zu tun gehabt? Ein Tipp?«
    »Ja.« Burke's Club, Bullentreff, vielleicht auch ein Ölarbeitertreff. Hayden Fletcher frequentiert es. Ludovic Lumsden frequentiert es. Michelle Strachan lernte dort Johnny Bible kennen...
    »Und Geddes sagte nicht, von wem der Anruf kam?«
    »Ja.« Ancram sah auf, und Rebus wusste, dass er die falsche Antwort gegeben hatte. »Ich meine, nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    Ancram starrte ihn an, schniefte, konzentrierte sich wieder auf seine Notizen. Es gab noch seitenweise davon, eigens für diese Sitzung vorbereitet: Fragen, die gestellt, »Fakten«, die überprüft werden mussten, der ganze Fall: auseinander genommen und Stück für Stück rekonstruiert.
    »Anonyme Tipps sind nach meinen Erfahrungen eher selten«, sagte Ancram.
    »Ja.«
    »Und wenn, dann gehen sie eher in der Telefonzentrale einer Polizeiwache ein. Würden Sie mir da Recht geben?«
    »Ja, Sir.« War also Aberdeen der Schlüssel, oder lagen die Antworten noch weiter im Norden? Was hatte Jake Harley mit all dem zu tun? Und Mike Sutcliffe - Mr. Schaffell -, war der nicht von Major Weir zurückgepfiffen worden? Was hatte Sutcliffe noch mal gesagt? Er hatte im Flugzeug angefangen, etwas zu erzählen, und sich dann plötzlich unterbrochen... Etwas von einem Schiff...
    Und stand irgendetwas davon mit Johnny Bible in Zusammenhang? War Johnny Bible ein Erdölmann?
    »Also wäre es nicht abwegig, den Schluss zu ziehen, dass DI Geddes den Anrufer kannte, richtig?«
    »Oder der kannte ihn.«
    Ancram tat das mit einem Achselzucken ab. »Und dieser Tipp betraf rein zufällig Mr. Spaven. Kam Ihnen das damals nicht wie ein recht merkwürdiger Zufall vor, Inspector? Zumal in Anbetracht der Tatsache, dass man Geddes bereits vom Fall abgezogen hatte? Ich meine, es muss Ihnen doch mittlerweile klar gewesen sein,