Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde: Zwei Männer und zwei Frauen drängten sich förmlich um ihn. Die Bar war voll von feierabendlich relaxenden Anzugträgern, Pläne schmiedenden Karrieristen, Frauen auf der Pirsch.
»Was soll's sein, Inspector?«
»Das geht auf mich.« Er deutete auf Ancrams Glas, dann auf die anderen, aber Ancram lachte.
»Denen gibt man keinen aus, das sind Zeitungsleute.«
»Ist sowieso meine Runde«, meinte eine der Frauen. »Was nehmen Sie?«
»Meine Mutter hat mir eingeschärft, niemals Drinks von Fremden anzunehmen.«
Sie lächelte: Lipgloss, Lidschatten, ein müdes Gesicht, das Begeisterung auszustrahlen versuchte. »Jennifer Drysdale.« Rebus wusste, warum sie müde war: Es bedeutete Knochenarbeit, ständig so zu tun, als wäre man »einer von den Jungs«. Mairie Henderson hatte ihm ein Lied davon gesungen - die Geschlechterrollen weichten nur langsam auf; viel Gewäsch von Gleichberechtigung, aber darunter blieb alles beim Alten.
Aus den Lautsprechern Jeff Beck: »Hi-Ho Silver Lining«. Dämlicher Text und ein Ohrwurm, der sich schon mehr als zwanzig Jahre lang hielt. Es tröstete ihn irgendwie, dass ein so prätentiöser Laden wie die Lobby noch immer auf so alte Kamellen setzte.
»Eigentlich«, sagte Ancram, »müssten wir uns auf die Socken machen. Stimmt's, John?«
»Stimmt.« Dass er ihn beim Vornamen anredete, war ein Wink: Ancram wollte weg. Jetzt sahen die Reporter nicht mehr so glücklich aus. Sie bombardierten Ancram mit Fragen: Johnny Bible. Sie wollten eine Story, eine beliebige Story.
»Ich würd ja, wenn ich könnte, aber es gibt nichts zu erzählen.« Ancram hielt die Hände hoch, versuchte das Quartett zu beschwichtigen. Rebus sah, dass jemand einen Minirecorder auf dem Tresen postiert hatte.
»Irgendetwas«, meinte einer der Männer. Er warf sogar Rebus einen Blick zu, aber der hielt sich aus der Sache raus.
»Wenn Sie eine Story wollen«, sagte Ancram und drängte sich aus dem Getümmel, »suchen Sie sich einen hellseherisch begabten Detective. Danke für die Drinks.«
Kaum draußen, verschwand das Lächeln aus Ancrams Gesicht. Es war alles nur Theater gewesen. »Schlimmer als Blutegel!«
»Und wie Blutegel haben auch sie ihren Nutzen.«
»Richtig, aber mit wem würden Sie lieber einen heben? Ich hab kein Auto, was dagegen, wenn wir laufen?«
»Wohin?«
»In die nächste Bar, die wir finden.«
Tatsächlich mussten sie aber drei Pubs passieren - keine Lokale, in denen ein Polizist gefahrlos trinken konnte -, bevor sie eines fanden, das Ancram zusagte. Es regnete noch immer, aber es war mild. Rebus spürte, dass das Hemd ihm am verschwitzten Rücken klebte. Trotz des Regens waren haufenweise Big-Issue-Verkäxikr unterwegs; allerdings sah man niemanden, der ihnen die Obdachlosenzeitung abgekauft hätte: allgemeine Mitleidsmüdigkeit.
Sie schüttelten sich trocken und setzten sich an den Tresen. Rebus bestellte - Malt und Gin Tonic - und steckte sich eine Zigarette an; als er Ancram eine anbot, schüttelte der den Kopf.
»Also, wo sind Sie gewesen?«
»Bei Uncle Joe.« Unter anderem.
»Wie ist es gelaufen?«
»Ich hab mit ihm geredet.« Und meinen Kotau gemacht ...
»Persönlich?« Rebus nickte; Ancram sah ihn prüfend an. »Wo?«
»Bei ihm zu Haus.«
»Auf der Ponderosa? Er hat Sie ohne Durchsuchungsbefehl reingelassen?«
»Das Haus war blütenrein.«
»Er hatte vorher wahrscheinlich eine halbe Stunde lang geackert, um die ganze Sore nach oben zu schaffen.«
»Als ich kam, war sein Sohn oben.«
»Und hielt vor der Schlafzimmertür Wache, jede Wette. Haben Sie Eve gesehen?«
»Wer ist das?«
»Uncle JoesTussi. Fallen Sie bloß nicht auf seine Asthmatischer-alter-Rentner-Masche rein. Eve ist um die fünfzig, noch bestens in Schuss.«
»Ich hab sie nicht gesehen.«
»Sie hätten sie nicht vergessen. Und, haben Sie aus dem tatterigen Arschloch was rausbekommen?«
»Nicht viel. Er schwört, dass Tony El seit einem Jahr nicht mehr auf seiner Gehaltsliste steht und er ihn seitdem auch nicht wieder gesehen hat.«
Ein Mann betrat die Bar, sah Ancram und wollte auf der Stelle kehrtmachen. Ancram hatte ihn aber schon im Spiegel hinter dem Tresen entdeckt, also kam der Mann auf ihn zu, während er sich den Regen aus den Haaren wischte.
»Hi, Chick.«
»Dusty, wie läuft's?«
»Geht so.«
»Alles klar?«
»Sie kennen mich, Chick.« Der Mann hielt den Kopf gesenkt, sprach mit leiser Stimme, schlurfte dann zum anderen Ende des Tresens.
»Ein
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