Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Vereinsmanager. Stevens saß in Glasgow. Chick Ancram saß in Glasgow. Ancram wusste, dass Rebus und Stevens alte Bekannte waren, und plauderte die Story aus...
Scheißkerl. Kein Wunder, dass er Rebus nicht aufgefordert hatte, ihn Chick zu nennen.
»Ich hör förmlich, wie die Zahnräder einrasten.«
Ein dünnes Lächeln. »Puzzleteilchen fügen sich zusammen.« Er griff nach der Flasche, die in Reichweite stand. Kayleigh Burgess lehnte sich im Sofa zurück, zog die Beine hoch, sah sich um.
»Hübsches Zimmer. Groß.«
»Müsste neu gestrichen werden.«
Sie nickte. »Die Gesimse auf jeden Fall, vielleicht auch um das Fenster rum. Das da würde ich allerdings rausschmeißen.« Sie meinte das Gemälde über dem Kamin: ein Fischerboot an einem Steg. »Wo soll das sein?« Rebus zuckte die Achseln. »An einem Ort, den es nie gegeben hat.« Ihm gefiel das Bild auch nicht, aber es wegzuwerfen, kam für ihn nicht infrage.
»Sie könnten die Tür abbeizen«, fuhr sie fort, »soweit man's beurteilen kann, würde sie was hermachen.« Sie bemerkte seinen Blick. »Ich hab mir gerade in Glasgow eine Wohnung gekauft.«
»Schön für Sie.«
»Die Decken sind für meinen Geschmack zu hoch, aber -« Sein Ton fiel ihr mit Verspätung auf. Sie verstummte.
»Tut mir Leid«, sagte Rebus, »was Smalltalk angeht, bin ich auch nicht mehr so gut, wie ich mal war.«
»Aber nicht, was Ironie betrifft.«
»Ich hab jede Menge Gelegenheit zu üben. Was macht die Sendung?«
»Ich dachte, Sie wollten nicht darüber reden.«
Rebus zuckte die Achseln. »Ist bestimmt interessanter als Heimwerkertipps.« Er stand auf, um ihr nachzuschenken.
»Sie macht sich.« Sie hob ihren Blick; er hielt die Augen auf ihr Glas gerichtet. »Besser würde sie, wenn Sie sich zu einem Interview bereit erklärten.«
»Nein.« Er ging zurück zu seinem Sessel.
»Nein«, echote sie. »Nun ja, ob mit oder ohne O-Ton Rebus wird die Sendung ausgestrahlt. Sie ist schon fest eingeplant. Haben Sie Mr. Spavens Buch gelesen?«
»Belletristik ist nicht so mein Ding.«
Sie starrte demonstrativ auf die Stapel von Büchern, die sich neben der Hi-Fi-Anlage türmten und ihn Lügen straften.
»Ich hab bislang nur sehr wenige Häftlinge erlebt, die nicht ihre Unschuld beteuert hätten«, fuhr Rebus fort. »Es ist ein Selbsterhaltungsmechanismus.«
»Justizirrtümer haben Sie vermutlich auch noch keine erlebt, was?«
»Doch, jede Menge. Das Problem ist nur, dass der >Irrtum< gewöhnlich darin bestand, dass der Straftäter ungeschoren davonkam. Das ganze Rechtssystem ist ein einziger Justizirrtum.«
»Darf ich Sie damit zitieren?«
»Dieses Gespräch ist streng vertraulich zu behandeln.«
»Normalerweise erklärt man das, bevor man etwas sagt.« Er drohte ihr mit dem Finger. »Streng vertraulich.«
Sie nickte, hob ihr Glas. »Cheers! Auf die vertraulichen Äußerungen.«
Rebus führte sein Glas an die Lippen, trank aber nicht. Der Whiskey machte ihn locker, vermischte sich mit der Erschöpfung und einem Gehirn, das zum Bersten voll zu sein schien. Ein gefährlicher Cocktail. Er wusste, dass er vorsichtiger sein musste.
»Etwas Musik?«, fragte er.
»Ist das ein geschickter Themawechsel?«
»Fragen, Fragen.« Er ging zur Anlage, schob eine Kassette mit Meddle ein.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Pink Floyd.«
»Oh, die mag ich. Ist das ein neues Album?«
»Nicht direkt.«
Er brachte sie dazu, von ihrem Job zu erzählen, wie sie da reingekommen war, ihr ganzes Leben, bis zu ihrer Kindheit. Gelegentlich brachte sie eine Frage über seine Vergangenheit an, aber er schüttelte jedes Mal den Kopf und führte sie wieder zu ihrer Lebensgeschichte zurück.
Sie braucht eine Auszeit, dachte er, eine Ruhepause. Aber sie schien von ihrer Arbeit besessen. Vielleicht war das jetzt das Äußerste, was sie sich an Atempause gönnte: Sie war mit ihm zusammen, also zählte das immer noch als Arbeit. Es lief letztlich wieder auf Schuldgefühle hinaus, Schuldgefühle und Arbeitsethik. Er dachte an eine Geschichte: Erster Weltkrieg, Weihnachten. Die gegnerischen Seiten tauchen aus ihren Schützengräben auf, um sich die Hände zu schütteln, eine Partie Fußball zu spielen, und anschließend geht's wieder zurück in die Schützengräben und an die Gewehre...
Eine Stunde und vier Whiskeys später lag sie flach auf dem Sofa mit einer Hand hinter dem Kopf und einer auf dem Magen. Sie hatte ihre Jacke ausgezogen; darunter trug sie ein weißes Sweatshirt mit hochgekrempelten
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