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Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders

Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders

Titel: Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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förmlich nach Wasser schrien. Er hatte Neil eigentlich für eine eifrige Gärtnerin gehalten. Niemand öffnete. Er ging zum Fenster und schaute hinein. Sie hatten keine Gardinen; manche jüngeren Paare sahen das heutzutage nicht so eng. Das Wohnzimmer war ein Trümmerfeld, der Fußboden mit Zeitungen und Illustrierten, fettigem Einwickelpapier, Tellern, Bechern und leeren Pint-Gläsern übersät. Der Papierkorb quoll von leeren Bierdosen über. Der Fernseher spielte vor leerem Haus: irgendeine Vormittagssoap, ein braun gebranntes Paar, ins Gespräch vertieft. Sie wirkten überzeugender, wenn man sie nicht hören konnte.
    Rebus beschloss, nebenan zu fragen. Ein kleiner Knirps machte ihm die Tür auf.
    »Hallo, Cowboy, ist deine Mama da?«
    Eine junge Frau kam schon aus der Küche, trocknete sich dabei die Hände mit einem Geschirrtuch.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, begann Rebus. »Ich wollte eigentlich zu Mr. Holmes, er wohnt nebenan.« Sie sah nach draußen. »Sein Auto ist nicht da, er parkt immer an derselben Stelle.« Sie deutete dorthin, wo Rebus' Saab stand.
    »Seine Frau haben Sie heute Morgen wohl nicht gesehen?«
    »Schon seit Ewigkeiten nicht«, antwortete die Frau. »Sie kam früher immer wieder mal mit Süßigkeiten für Dämon vorbei.« Sie strich dem Kind über das Haar. Er schüttelte ihre Hand ab und rannte ins Haus zurück.
    »Tja, trotzdem danke«, sagte Rebus.
    »Heute Abend müsste er wieder da sein, er geht nicht viel aus.«
    Rebus nickte. Er nickte noch immer, als er in sein Auto stieg. Er saß da, rieb mit den Händen über das Lenkrad. Sie hatte ihn verlassen. Wie lange war das schon her? Warum hatte der sture Kerl nichts gesagt? Klar doch, Bullen waren ja dafür berühmt, dass sie ihren Emotionen freien Lauf ließen, ihre persönlichen Probleme ausdiskutierten, wofür Rebus selbst ein leuchtendes Beispiel war.
    Er fuhr zur Lagerhalle. Von Holmes keine Spur, aber der gewissenhafte Mr. Klemmbrett sagte, er habe am Abend zuvor gearbeitet, bis das Lager geschlossen wurde.
    »Sah er so aus, als sei er fertig?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Er sagte >bis morgen<.«
    Rebus spielte mit dem Gedanken, eine Nachricht zu hinterlassen, entschied aber, dass dies zu riskant war. Er stieg wieder ins Auto und machte sich auf den Weg.
    Er fuhr durch Pilton und Muirhouse, um die dicht befahrene Queensferry Road so lange wie möglich zu umgehen. Stadtauswärts lief der Verkehr einigermaßen - wenigstens stand er nicht. Er legte sich das Kleingeld für die Mautstation an der Forth Bridge zurecht.
    Er war nach Norden unterwegs. Keine bloße Spritztour nach Dundee. Er fuhr nach Aberdeen. Er wusste nicht, ob er auf der Flucht oder auf dem Weg in den Kampf war.
    Vielleicht beides. Feiglinge gaben manchmal gute Helden ab. Er schob eine Kassette ins Autoradio. Robert Wyatt, Rock Bottom - »Nullpunkt«.
    »Da bin ich schon gewesen, Bob«, sagte er. Und später: »Kopf hoch, muss ja nicht unbedingt so kommen.« Worauf er die Kassette wechselte. Deep Purple mit »Into the Fire«.
    Der Wagen beschleunigte entsprechend.
12
    Es lag ein paar Jahre zurück, dass Rebus in Aberdeen gewesen war, und dann auch nur einen Nachmittag. Er hatte eine Tante besucht. Sie war inzwischen tot; das hatte er erst erfahren, als sie schon unter der Erde lag. Sie hatte in der Nähe des Pittodrie-Stadions gewohnt, in einem alten, von neuen Gebäuden umgebenen Haus.
    Wahrscheinlich war es inzwischen abgerissen worden. Trotz seines Rufs als Granitstadt vermittelte Aberdeen ein Gefühl von Unbeständigkeit. Heutzutage verdankte es fast alles, was es besaß, dem Erdöl, und das Erdöl würde nicht ewig reichen. In Fife aufgewachsen, hatte Rebus das Gleiche mit der Kohle erlebt: Niemand hatte für den Tag vorgesorgt, an dem die Gruben erschöpft sein würden. Und als sie es waren, war's auch mit der Hoffnung vorbei.
    Linwood, Bathgate, der Clyde: Die Leute schienen nirgends je dazuzulernen.
    Rebus erinnerte sich an die frühen Erdöljahre, das Getrappel der Lowlander, die auf der Suche nach hoch bezahlter harter Arbeit nordwärts hasteten: arbeitslose Werftarbeiter und Stahlkocher, Schulabgänger und Studenten. Es war Schottlands Eldorado. Man saß samstagnachmittags in einem Pub in Edinburgh oder Glasgow, die Rennseiten aufgeschlagen, Traumpferde umkringelt, und redete von der Chance, den großen Absprung zu machen. Es gab jede Menge freie Stellen, auf dem Boden eines Fischereihafens entstand etwas wie ein Mini-Dallas. Es war unglaublich,

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