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Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote

Titel: Inspector-Wexford 22 - Der vergessene Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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direkt mit Hexham geredet, ohne dass Maeve das Gespräch hätte kontrollieren können. Und dann müssen Sie immer bedenken, dass man vor elf Jahren noch viel mehr Briefe geschrieben hat als heutzutage, im Zeitalter der E-Mails. Aber sei’s drum, jedenfalls teilte man Hexham in dem Brief mit, den selbstverständlich Maeve geschrieben hatte, es gehe in Ordnung, und bat ihn, das andere Manuskriptexemplar mitzubringen. Sie hatte sich offensichtlich danach erkundigt und dabei erfahren, dass er nur zwei Exemplare besaß. Bedenken Sie, dass das Manuskript auf einer altmodischen elektrischen Schreibmaschine entstanden ist. Damit war die Anzahl von Kopien von vornherein beschränkt, es sei denn, Hexham hätte einen Fotokopierer besessen, was definitiv nicht der Fall war.«
    »Guv, hätte Hexham denn nicht gefragt, wozu sie eine Kopie benötigten?«
    »Wahrscheinlich, aber auch darauf gibt es Antworten. Zum Beispiel, damit Tredown das Manuskript an zwei Verleger oder einen Agenten und einen Verleger schicken könne. Hexham ging jedenfalls darauf ein und brachte das zweite Manuskript in seiner Aktentasche mit, nachdem er es zuerst bei der Beerdigung und danach im Haus der Davidsons mit sich herumgetragen hatte. Später ist er von dort weggegangen und hat den Zug um 14.20 Uhr nach Kingsmarkham erreicht. Es hat wie aus Kübeln geschüttet. Da innerhalb der nächsten Stunde kein Bus ging, nahm er ein Taxi, das ihn kurz vor fünfzehn Uhr vor Athelstan House abgesetzt hat.«
    Burden war schon länger unruhig herumgerutscht. Jetzt nutzte er die Gelegenheit und schaltete sich ein: »Während dieses ganzen Briefwechsels haben Tredown und seine Frau – vermutlich auch Claudia – sicher intensiv darüber diskutiert, wie man bei Hexham taktisch vorgehen würde. Ich vermute, an einem gewissen Punkt hat Tredown sich selbst und vielleicht auch beiden Damen eingestanden, dass er das Buch als sein eigenes verkaufen wollte.«
    »Das ist einer der Punkte, die wir noch herausfinden müssen«, konstatierte Wexford. »Falls wir dazu in der Lage sind. Wir haben ein Problem: Zwei Hauptzeugen sind tot, und ein dritter wird es bald sein. Jedenfalls haben sie ihre Entscheidung getroffen. Hexham ermorden wollten sie damals meiner Ansicht nach nicht – noch nicht. Zu dem Zeitpunkt hatten sie nur einen Plan entwickelt, dass sie versuchen wollten, ihm das Manuskript abzukaufen und ihn dazu zu bringen, sämtliche Rechte daran abzutreten.«
    »Dann hätte es für sie nie Sicherheit gegeben, Sir. Was hätte Hexham nach Erscheinen des Buchs daran hindern sollen, einer Zeitung zu erzählen, Tredown habe es ihm gestohlen?«
    »Wahrscheinlich nichts, Barry. Nichts hätte Hexham daran hindern können, aber welche Beweise hätte er gehabt? Beide Exemplare wären weg gewesen, und von seiner Familie hätte niemand gewusst, dass er etwas geschrieben hatte. Jedenfalls lief der Plan ins Leere. Hexham kam und unterhielt sich offensichtlich mit Tredown unter vier Augen – anfangs. Den Inhalt des Gesprächs kennen wir nicht und werden wir vermutlich nie kennen. Anscheinend hat Hexham das zweite Manuskript mitgenommen, nachdem er alles erfahren hatte, was er wissen wollte: dass er ein gutes Buch geschrieben hatte, das höchstwahrscheinlich einen Verleger finden würde. Wahrscheinlich dachte er sich, den Rest könne er selbst erledigen.
    Maeve und Claudia haben ihn anscheinend noch zum Tee eingeladen und ihm angesichts des anhaltenden Regens eine Fahrt nach Kingsmarkham versprochen. Diesmal nicht mit einem Taxi, sondern in Tredowns eigenem Wagen, im selben Fahrzeug, das Maeve als tödliche Waffe gegen mich eingesetzt hat.«
    »Hat man damit auch Hexham umgebracht?«, wollte Barry wissen.
    »Auf diese Antwort müssen Sie noch eine Weile warten. Wie hieß es so schön, als in den Zeitungen noch Romane abgedruckt wurden? Fortsetzung folgt. Inspector Burden und ich haben ein Rendezvous mit Miss Ricardo im Verhörzimmer eins.«

27
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    »Ich habe nie Hand an ihn gelegt«, wiederholte Claudia Riccardo. »Ein seltsamer Ausdruck, nicht wahr? Als könnte man durch bloßes Berühren jemanden töten.« Sie lachte perlend. »Wäre nicht schlecht, oder? Wie in den Filmen über Aliens, wo aus der Stirn ein Strahl herausschießt. Damit bekäme ›Noli me tangere‹ eine realistische Bedeutung.«
    Ihre Anwältin Priscilla Daventry verzog keine Miene. Ein solches Verhalten erwartete man von Mandanten nicht. Mandanten sollten unverschämt, aufsässig, ausfallend oder ängstlich sein,

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