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Inspektor Jury küsst die Muse

Inspektor Jury küsst die Muse

Titel: Inspektor Jury küsst die Muse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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und ließ Jury in den Genuß seiner Whiskyfahne kommen. «Der Kerl war geschlechtskrank und hat ihr nichts davon gesagt.»
    «Vielleicht wußte er auch nichts davon.»
    «Vielleicht wußte er es aber doch, Mister! Vielleicht wollte er sie nicht damit belästigen . Vielleicht wollte er sich den Ärger ersparen.»
    «Was passierte Ihrer Meinung nach mit dem Vater?»
    Farraday zuckte die Achseln. «Weiß der Himmel. Ich nehme an, er hat sich aus dem Staub gemacht. Sie hat ihn nie erwähnt, und ich habe nie nach ihm gefragt. Auch nicht danach, woher sie diese widerliche Krankheit hatte.» Farraday fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. «Das arme Luder hat mit allen gepennt und hatte keine Ahnung von Männern.»
    «Sie hat mit allen geschlafen, nur nicht mit Ihnen, war es das?»
    Farraday schwieg einen Moment lang. Dann sagte er: «Ich hatte vor, sie zu heiraten. Ich meine, bevor ich erfuhr …» Ihm versagte die Stimme.
    Wie großmütig, dachte Jury, irritiert über seinen unprofessionellen Ärger. Doch der Ärger verflog, als Farraday niedergeschlagen fortfuhr: «Aber sie wollte mich nicht haben. Fragen Sie mich nicht nach dem Vater, dem Mann oder sonstwem. Sie kam aus irgendeinem gottverlassenen Kaff in West Virginia. Sie kennen vielleicht die Sorte: Sie blinzeln einmal, und schon haben Sie den Ort verpaßt. Er hieß Sand Fiats oder so ähnlich. Der einzige Angehörige, den ich gesehen habe, war ihr Dad; der kam, um sie anzupumpen –» Farraday hob sein Glas, als wollte er Jury zuprosten; die Geste galt indessen dem Kellner, der aus dem Nichts herbeigeschwebt zu sein schien. «Sagen Sie mal, gibt’s hier keinen guten alten Kentucky Bourbon?»
    «Keinen Kentucky. Nur Tennessee Sour Mash. Wäre Ihnen der genehm, Sir?»
    Farraday nickte, und der Kellner verschwand. «Nell hatte ein weiches Herz. Ich hätte das vorhin nicht sagen sollen, ich meine, daß sie dumm war. Nell war nicht dumm. Ganz und gar nicht. Gutgläubig ist das richtige Wort. Wenn jemand etwas von ihr wollte, bekam er es. Wie diese traurige Gestalt von einem Vater –»
    «Wie hieß er?»
    Verwirrt sah Farraday von seinem Teller auf. Er hatte das Essen nicht angerührt, sondern nur darin herumgestochert. «Wie er hieß?»
    «Ich meine, hieß er Altman? Benutzte Nell Altman ihren Mädchennamen?»
    Er überlegte kurz, dann sagte er: «Ich glaube, ja. Sie müssen verstehen, Nell hat nie viel über sich erzählt –»
    «Fahren Sie fort.»
    «Penny ist genau wie sie. Sieht aus wie sie und benimmt sich auch wie sie. Oh, Penny hat nur eine harte Schale, aber innendrin ist sie weich wie Kartoffelbrei. Und dieser Jimmy – wo hat der bloß seinen Verstand her? In der Schule hat er den bestimmt nicht geschärft. Ich wollte ihn auf eine Privatschule schicken – nun, eigentlich war das Amelias Idee.» Er fuhr sich mit der Serviette übers Gesicht, als wollte er verstohlen die aufsteigenden Tränen trocknen. «Aber Jimmy gefiel es weder an privaten noch an öffentlichen Schulen. Wir witzelten immer darüber, Jimmy und ich: ‹Die Schule ist noch nicht erfunden, die einen Jimmy Farraday halten kann.› Amelia hätte natürlich am liebsten alle drei in ein Internat gesteckt. Bei Honey Belle war das egal; sie hätte jede Schule in ein Tollhaus verwandelt. Penny ist anders. Die Kleine redet gern so, als käme sie direkt aus der Gosse, aber ich glaube, das tat sie aus Loyalität … Verstehen Sie, was ich meine?» Farraday hatte inzwischen seinen Whiskey bekommen und fast ganz ausgetrunken.
    «Ich verstehe, was Sie meinen. Warum wollte Nell Altman Sie nicht heiraten?»
    Farraday starrte einen Augenblick in sein Glas, bevor er antwortete. «Weil sie mich nicht geliebt hat, darum. Nell hätte niemals jemanden des Geldes wegen geheiratet.» Hier blickte er rasch weg, als sollte Jury nicht einen Gesichtsausdruck sehen, der besagte: nicht wie gewisse andere . Dann sah er ihn wieder an. «Es hat keinen Sinn, so zu tun, als wären Amelia und ich verliebte Turteltäubchen gewesen. Wir hatten jede Menge Probleme. Die Scheidung lag in der Luft, ja sie war im Grunde unausweichlich.»
    «Das wußte ich nicht.»
    «Amelia auch nicht», sagte Farraday leise. «Vielleicht ist es nicht besonders klug von mir, Ihnen das zu erzählen, nach allem, was geschehen ist.»
    Jury lächelte. «Mr. Farraday, wenn jeder Mann, der sich scheiden lassen will, statt dessen seine Frau umbringen würde, hätte die Polizei alle Hände voll zu tun. Außerdem würde es nicht die anderen Morde

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