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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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lässt man es bleiben.
    »Billy sagte, wenn ich mit der Schule fertig bin, dann könnte ich bei ihm wohnen. Aber jetzt geht das ja nicht mehr.«
    Jury überlegte. »Du kannst doch trotzdem in seine Wohnung ziehen. Das wäre ein bisschen, wie wenn er noch da wäre, mit all seinen Sachen um dich herum. Ich war schon mal dort. Eine schöne Wohnung. Viele Bücher und andere Sachen.«
    Malcolm zeigte Interesse an dieser Idee. Doch dann meinte er: »Näh, das würden die nie erlauben.«
    »Nun, vielleicht haben die ja da gar nichts zu sagen. Wenn ihr gute Freunde wart –«
    »Waren wir! Wir waren ganz dicke Freunde! Er ist nicht besonders gern hierhergekommen. Hat sich immer mit Tante Olivia in die Wolle gekriegt. Die ist nämlich seine Stiefmutter, nicht seine richtige.«
    »Wieso mochte er sie nicht?«
    »Ach, die hat doch andauernd was zu meckern. Er sagte, sie nimmt ihm die Luft zum Atmen.«
    Jury überlegte. »Hast du Billy in London besucht?«
    »Ganz oft schon.«
    »Hast du viel gesehen? Den Tower und Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett?«
    Ein Wind war aufgekommen, und Malcolm strich sich das glatte braune Haar aus der Stirn. »Wir sind ins Museum gegangen. Ins Naturkundemuseum und ins Victoria und Albert. Und ins Kriegsmuseum!«
    »Ihr wart im Imperial War Museum in Lambeth?«
    »Hm-hm. Billy hat sich für den Krieg interessiert. Ich meine, für den Weltkrieg, wo sein Opa die ganzen Geheimsachen gemacht hat. Das war toll. Codes und so was. Na, jedenfalls hat es Billy total fasziniert. Seinen Opa konnte er wirklich gut leiden. Er sagte, der sei der einzige Mensch, mit dem man reden könnte. Also, außer mit mir.«
    Jury lächelte und nahm sich vor, Sir Oswald zu erzählen, was Malcolm gesagt hatte.
    »Manchmal sind wir in Kunstgalerien gegangen. Meistens in diese Tate.«
    »Die Tate Modern?«
    »Nein, die andere, die richtige.«
    »Die Tate Britain.« Die richtige! Das gefiel Jury.
    »Ja. Billy schaute sich gern bestimmte Bilder dort an.«
    »Welche denn?«
    »Von dem Maler mit den vielen Buchstaben im Namen, der gern viel Licht in seinen Sachen drinhatte.«
    Jury überlegte. »J.M.W. Turner?«
    »Ja.« Malcolm betrachtete ihn mit ganz neuem Respekt. »Und andere, so wie die Bilder hier im Haus –« Nach einer Pause sprach er weiter. »Billy hat mir Sachen erzählt, die soll ich aber niemand sagen.« Er hielt inne und bedachte Jury mit einem prüfenden Blick.
    »Ach ja? Weißt du, manchmal finde ich, ich würde ein Geheimnis lieber gar nicht wissen. Geheimnisse können manchmal eine Last sein.«
    »Ja. Bloß … jetzt ist er ja tot. Da frag ich mich schon.«
    »Was denn?«
    Malcolm strich mit der Hand über den Backstein, was sich bestimmt angenehm anfühlte, wie Schmirgelpapier, als versuchte er, etwas abzustoßen. Abgestorbene Haut, Geheimnisse. »Ich frag mich eben, ob das, was er wusste, irgendwas damit zu tun hatte, dass er – na ja, dass er erschossen worden ist. Ob ich es vielleicht jemand hätte sagen sollen –« Er wandte sich ab.
    Jury legte ihm die Hand auf die Schulter, was Malcolm natürlich abwehren wollte, doch Jury behielt sie dort. »Du hast genau das Richtige getan, hast das Geheimnis für dich behalten. Man konnte doch nicht wissen, was passieren würde. Jedenfalls hatte das, was er dir gesagt hat, vermutlich nichts mit seinem Tod zu tun.«
    »Vielleicht nicht, aber Sie wissen ja gar nicht, was er mir gesagt hat.« Malcolm musterte Jury erneut von oben bis unten, als wollte er für einen Anzug Maß nehmen. »Es geht um diese Bilder, das große im Eingang und das kleine über dem Kamin. Die waren noch nicht da, als ich herkam. Vor über einem Jahr. Ich meine, das sind wahrscheinlich keine Familienerbstücke oder so was.«
    »Ja, die habe ich gesehen. Das sind ja ganz erstaunliche Kopien.«
    »Aber das ist es ja genau, was Billy mir gesagt hat: Es sind gar keine Kopien! Das sagen die zwar, aber es ist gelogen. Es sind die echten Bilder.«
    Jury sah ihn höchst erstaunt an. »Aber warum?«
    Malcolm schien erfreut, einem Detective von Scotland Yard um eine Nasenlänge voraus zu sein. »Das wollte ich auch wissen. Billy meinte, er sei sich nicht sicher. Er wollte ihre Provenanz herausfinden.«
    »Provenienz. Das heißt, ihre Geschichte, wer sie vorher besessen hat.«
    »Also, ich sagte, vielleicht machen sie das, weil, wenn man wüsste, dass die echt sind, würde jemand vielleicht versuchen, sie zu stehlen.«
    »Gut möglich, Malcolm. Was meinte Billy dazu?«
    »Dass es noch einen anderen Grund

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