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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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er also häufig hierher?«
    Sie nickte. »Bei dem Empfang für Getz Johns war er dabei. Der war nicht besonders gut besucht.«
    »Das war an jenem Abend –«
    Sie lächelte betrübt und tupfte sich wieder die Augen.
    »Wie kam er denn zu seiner Rolle als Wohltäter? Er war doch selber kein Maler, oder?«
    »Nein. Er konnte sich aber so gut einfühlen in den ganzen Prozess, in die ganze Vorstellung von Kunst. Hm, ich weiß nicht. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, was ihn dazu gebracht hat.« Sie runzelte unmerklich die Stirn, als hätte sie dadurch, dass sie es nicht wusste, irgendwie versagt. »Entschuldigen Sie mich –«
    Irgendwo klingelte ein Telefon, und sie verschwand, um dranzugehen.
    Jury ließ den Blick umherschweifen. Außer ihm und Hilda waren nur noch drei andere Leute in der Galerie: ein Junge und ein Mädchen, händchenhaltend, in Jeans und mit Rucksäcken sowie ein Mann mittleren Alters in einem teuren Mantel mit dunkelgrünem Samtkragen. Er hatte lange vor einem köstlich ambrosischen Gebräu von Wolken gestanden, die rund wie Marshmallows an einem blauen Himmel ruhten.
    Jury fragte sich, wieso es überhaupt hier hing, denn das Motiv war so nichtssagend – selbst er, wohl kaum ein Kunstkenner, empfand das Bild als schlecht. Bloß war es das vielleicht gar nicht. Immerhin hing es hier und hatte die Aufmerksamkeit eines völlig intelligent wirkenden Betrachters auf sich gezogen. Jury wollte ihn fragen, wollte hinübergehen und ihn bezüglich des künstlerischen Werts des Gemäldes festnageln.
    Dabei musste er aber doch an Billy Maples denken und daran, dass seine Mitmenschen, er selbst inbegriffen, ihn vermutlich völlig falsch eingeschätzt hatten. Seine Gedanken drifteten fort, hinüber zu dem Gemälde mit den Marshmallowwolken. Billy Maples wurde falsch eingeschätzt, die Wahrheit nicht gesagt.
    Während des Wartens beschloss er, sich zu dem Herrn vor dem Wolkengemälde zu gesellen. Nach einer Weile sagte Jury: »Ich kann es wahrscheinlich einfach nicht sehen.«
    Der Mann im Mantel musterte ihn kurz, ohne sich von dem Fremden in seiner Meditation über Wolken gestört zu fühlen. »Was denn?«
    »Nun, Sie schauen es sich nun schon lange an. Offenbar halten Sie es für ziemlich gut.«
    Das Lächeln des Betrachters war schmallippig, jedoch freundlich und amüsiert. »Nicht unbedingt. Weil es aber in dieser Galerie hängt, die sich selten mal irrt, habe ich es vielleicht aus dem gleichen Grund so eingehend betrachtet wie Sie mich. Weil ich mir darüber klar werden will, wieso die so ein verdammt scheußliches Bild aufhängen. Zumindest sehe ich es so.«
    Jury hatte eigentlich mit einer Abfuhr gerechnet oder mit einer Lektion über zeitgenössische Kunst, aber nicht mit Zustimmung. Und ganz bestimmt nicht mit Zustimmung, die in dieselbe Sprache gekleidet war, die er auch verwenden würde. Nun schauten sie es sich beide an. Das Schildchen neben dem Gemälde bezeichnete es als Nebulae.
    »Meiner Meinung nach läuft es doch darauf hinaus«, begann Jurys neuer Bekannter, »dass man ziemlich lange hinsehen muss, bevor man sich klar wird, ob einem etwas gefällt oder nicht.«
    »Um ihm gerecht zu werden, meinen Sie?«
    »Ja, aber nicht dem Bild an sich, das für mich aussieht wie von einem Kind gemalt – nein, nicht um der Kunst gerecht zu werden, sondern sich selbst. Ich kann mir vorstellen, wir lägen völlig daneben, wenn wir einen Künstler wie, sagen wir, Roy Lichtenstein –«
    »Den Comicheft-Maler?«
    »Ja, wenn wir Roy Lichtenstein als Comicheft-Maler bezeichnet hätten.«
    Jury lachte. Das Pärchen, das wie reglos vor einem anderen Bild – von Kühen – gestanden hatte, hörte es, drehte sich um und lächelte, wandte sich dann wieder den Kühen zu und lachte, als hätte das Wortgeplänkel der beiden anderen ihnen dies gestattet. Sie gingen weiter zum nächsten Gemälde: ähnliche Kühe, unterschiedliche Zusammenstellung. Sie standen, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, davor und kippelten auf den Füßen leise vor und zurück. Dabei lachten sie wieder.
    Jury überlegte, was wohl aus Hilda geworden war. Menschenskind, was bist du für ein Bulle, dass du, anstatt einer Zeugin Feuer unterm Hintern zu machen, dastehst und auf den Füßen auf und ab wippst? Was glaubst du denn, was das hier ist, Jury? Ein Spiel? Weil Racer nicht hier war, um die Frage zu stellen, fragte Jury an seiner Stelle, und mit genau derselben wütend knurrenden Stimme.
    Als ob der Gedanke an Hilda diese aus Nebel

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