Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
unterhaltsam, verführerisch, offensichtlich reich. Dass sie hinter Billys Geld her gewesen sein könnte, stand allerdings außer Frage.
»Wie ich hörte, war Billy Maples Ihr Verlobter.«
»Liebhaber ist treffender.«
»Hatten Sie nicht vor zu heiraten?«
»Ach Gott, nein. Wieso hätten wir das tun sollen?«
»Zu bourgeois?«
Sie lächelte. »Zu langweilig.«
»Sie haben die Beziehung aber beendet.«
»Ja, in beiderseitigem Einvernehmen.«
»Keine verletzten Gefühle?«
»Überhaupt nicht. Ah!« Sie atmete tief ein. »Ein Motiv: die Verschmähte. Oder vielleicht – die wegen einer Jüngeren verlassene ältere Frau?«
»War es so?«
»Nein. Gehöre ich zum Kreis der Verdächtigen?«
»Natürlich.« Das würde ihr gefallen. »Obwohl wir sie lieber Zeugen nennen.«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen!«
»Sind Sie miteinander ausgegangen?«
Sie musterte ihn überrascht. »›Ausgegangen‹? Was soll ein Liebespaar denn sonst tun?« Dies sagte sie unter glucksendem Gelächter. »Ich habe ihn allerdings seit Wochen nicht mehr gesehen.«
»Waren Sie im Dust? Das ist eigentlich eher ein Klub als ein Pub. Mit angeschlossenem Nachtleben.«
»Nein, dort war ich ehrlich gesagt noch nie. War das eine von Billys Stammkneipen? Dust. Dabei fällt mir Byron ein. Billy mochte Gedichte, müssen Sie wissen. Byron beschrieb sich selbst als ›half deity, half dust‹, also ›halb Gottheit, halb Staub‹. Billy sagte immer ›Lass die halbe Gottheit weg, und du hast mich.‹«
Jury lächelte. »Staub. Dust. So sah er sich also?«
»Er hätte wohl gesagt, so sollten wir uns alle sehen. Byron behauptete ja, er sei verflucht gewesen, das heißt, er dachte, der Name Byron sei verflucht gewesen.«
»Dachte Billy das auch über den Namen Maples?«
Angela lachte kurz auf. »Billy doch nicht. Der nahm sich nicht so wichtig. Obwohl seine Launen ihm übel mitgespielt haben. Ziemlich sprunghaft war er.«
»Woher kam das, wissen Sie das?«
Sie schüttelte den Kopf. »So recht einen Grund gab es dafür eigentlich nie.«
»Diese Orte – das Hotel, der Klub und die Kirche – liegen ziemlich nah beieinander. Der Barkeeper im Dust erinnert sich an Billy. Der Priester in der Erlöserkirche hatte ihn dort gesehen. Billy hatte sogar die Beichte abgelegt.«
Sie musterte ihn erstaunt. »Billy? Gebeichtet? Das ist doch lächerlich.«
»Konnte Billy denn mit der Kirche nichts anfangen?«
»Überhaupt nicht. Er hatte einfach nichts damit am Hut. Ach, das ist eine lange Geschichte.« Sie wischte die lange Geschichte mit einer Geste ihrer Zigarettenspitze beiseite, drückte die Zigarette aus und steckte eine neue hinein.
»Ich habe eine Schwäche für lange Geschichten.«
»Ich nicht.«
Dem hatte sie offenbar nichts hinzuzufügen. »Hatte sich sein Verhalten in letzter Zeit denn verändert? Wirkte er, nun ja, abweisend?«
»Geistesabwesend. Ja, etwas hat sich schon verändert. Ich weiß aber nicht, woher das kam. Es war schwer zu sagen, was anders war.«
»Sie spürten es aber.«
»O ja, ich spürte es.«
Jury überlegte einen Augenblick. »Sie waren nicht auf dem Empfang in der Kunstgalerie? Nein, konnten Sie ja gar nicht, Sie sagten ja, Sie hätten Billy wochenlang nicht gesehen.«
»Das stimmt.«
»Laut Hilda Tripp war es ein Empfang für einen Künstler namens Getz Johns.«
»John Getz, so heißt der. Er drehte den Namen um, damit er sich interessanter anhörte. Vielleicht dachte er an Jasper Johns. Haben Sie seine Sachen gesehen? Was man eben so erwarten würde. Unerträglich. Wie er selbst.«
Jury lachte. »Hört sich jedenfalls so an. Wer ist der Mann – Kurt Brunner –, mit dem Billy seine Wohnung in der Sloane Street teilte?«
»Ach, der.« Leichtes Schulterzucken. »Den hat Billy kennengelernt, als er in Deutschland war. In München, glaube ich. Wie Billy sich ausdrückte, stießen sie zufällig aufeinander. Also nahm er Kurt als eine Art Assistent zu sich. Ich weiß auch nicht, wieso er einen brauchte. Aber in der Hinsicht war Billy komisch. Er hatte nicht viele Freunde, aber die, die er hatte – wie mich –, pflegte er sehr intensiv.«
Es war offenkundig, dass sie Kurt Brunner nicht leiden konnte, möglicherweise weil sie auf diese besondere Intensität eifersüchtig war. Womöglich betrachtete sie diese Beziehung als etwas, was von ihrer eigenen etwas wegnahm. »Wieso beschloss er eigentlich, Lamb House zu übernehmen?«
Sie musterte ihn verblüfft. »Lamb House?«
»Das Haus in Rye. Es gehörte früher
Weitere Kostenlose Bücher