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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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wir?«
    Sie standen auf – ohne Hinterlassung eines Beitrags für ihre Getränke – und trollten sich aus der Tür.
    »Ha, mich laust der Affe! White-Winterbotham?«, sagte Melrose. »Der kann doch unmöglich einen Anspruch auf das Anwesen haben.«
    »Diane, ich bin schwer beeindruckt. Sie haben unserem ortsansässigen Betrüger ja ganz schön eingeheizt. Woran dachten Sie dabei?«
    »Na, an Bleakhaus natürlich. Sie wissen schon, der endlose Rechtsstreit um Jaundice und Jaundice.«
    »Jarndyce«, sagte Melrose. »Jarndyce und Jarndyce. Wollen Sie uns hier erzählen, Sie hätten Bleakhaus gelesen?«
    »Nicht das ganze Buch, nein, das hat wahrscheinlich bloß Dickens selber getan. Allerdings habe ich diese wunderbaren Szenen im Gerichtssaal überflogen. Die erinnerten mich an meine Scheidungen. Was das ganze Hickhack betrifft, also, da trifft Dickens voll ins Schwarze. Gott sei Dank hatten da keine Immobilienmakler die Finger im Spiel, sonst wäre das Buch nie fertig geschrieben worden.«
    »Unseren Freund Strether hat es jedenfalls ganz schön erschüttert«, sagte Vivian.
    »Erschüttern reicht nicht«, sagte Diane. »Nein.« Sie nippte an ihrem Drink und nahm einen Zug an ihrer Zigarette. »Nein, so leicht gibt Mr. Strether nicht auf.« Mit zusammengekniffenen Augen blickte Diane durch den Rauchschleier.
    Sie warteten. Sie dachte nach. Nachdenken war keine Tätigkeit, die sich Diane jeden Tag bot. »Wir brauchen ein paar Fremde – oder die Mr. Strether jedenfalls fremd sind –, was nicht allzu schwer sein dürfte.« Als Diane sich im Raum umsah, fiel ihr Blick auf Dicks Zugehfrau.
    Ohne die geringste Ähnlichkeit mit einem Aschenbrödel saß Mrs. Withersby gerade Pause machend auf einer der Holzbänke, die zu beiden Seiten des Kaminfeuers angebracht waren. Das Feuer krachte und zischte wie die letzte Dampflokomotive, die sich einst aus dem Bahnhof Victoria gequält hatte. Mrs. Withersby spie ins Feuer. Das Feuer spie zurück.
    »Glauben Sie, die könnte ein paar von ihren liebsten Anverwandten zusammentrommeln? Die hat doch Verwandte, oder?«
    »Aber sicher doch.«
    »Ob sie es für fünfzig Mäuse macht, was meinen Sie?«
    »Die würde es auch für fünfzig Penny machen, Diane. Für ’ne Kippe würde sie es machen.«
    »Dann rufen wir sie doch her.«
    Dass sie das mussten, war ungewöhnlich, da Mrs. Withersby normalerweise nie um eine Ausrede verlegen war, wenn es darum ging, um ihren Tisch am Fenster herumzustreichen und ein paar Zigaretten oder einen Gin zu schnorren.
    »Soll ich sie fragen, ob sie sich ein bisschen Geld verdienen will?«
    Das war, als würde man einen Kaktus fragen, ob er ein Weilchen in Sonne und Sand verbringen wollte.
    »Was haben Sie im Sinn, Diane?« Melrose war absolut fasziniert, dass Diane überhaupt etwas im Sinn hatte. Obwohl sie, erinnerte er sich, immerhin damals einen brillanten Plan ausgeheckt hatte, um sich Vivians alter Flamme zu entledigen. Graf Dracula war schnurstracks nach Venedig zurückgekehrt, nachdem Diane ihm ein paar peinliche Wahrheiten aus dem Nähkästchen aufgetischt hatte. Sich gewisser Leute zu entledigen, war womöglich ihre Stärke? Vielleicht sollte sie dem organisierten Verbrechen ihre Dienste antragen?
    Diane hatte offenbar seine Gedanken gelesen. »Melrose, Sie müssen Agatha aus der Sache raushalten.«
    »Für immer und ewig?«
    »Tut mir leid«, meinte sie mit verschlagenem Lächeln. »Nur für diesmal. Nur bis wir Mr. Strether losgeworden sind.«
    »Wie?«
    »Sagte ich doch vorhin: Jaundice –«
    »Jarndyce.«
    »Richtig.« Sie seufzte. »Ich wünschte, Richard Jury wäre hier. Er hat Mr. Strethers Abgang beim ersten Mal diesen gewissen Schneid verliehen.«
    Dem stimmten alle zu und stießen einen gemeinsamen Seufzer aus.
    »Doch ich nehme an«, fügte Diane hinzu, »der hat anderes zu tun.«

18
    Er hatte tatsächlich anderes zu tun, doch bei allem ging ihm Lu Aguilar nicht aus dem Sinn. Diese Stimme: Deren Klang und Timbre waren ihm vorher nie besonders aufgefallen, weil sie anderweitig beschäftigt gewesen waren. Und am Telefon waren es nie mehr als eine Handvoll Wörter gewesen, bis heute Morgen, als sie ausführlich redete – zumindest für ihre Maßstäbe. Sie meldete sich aus dem Zetter.
    »Bist du etwa noch gar nicht angezogen?«
    Er hatte den Hörer in der Schulterbeuge und wünschte, es wäre ihr Gesicht. Dabei knüpfte er einen Schnürsenkel. »Es ist acht Uhr früh.«
    »Die halbe Welt ist inzwischen bei der Arbeit.«
    »Du meinst

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