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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matha Grimes
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Geländer, der Wind wehte ihr durchs Haar. »Er stand hier draußen … Geraucht hat er nicht, oder?«
    »Falls dieser Aschenbecher der Beweis ist, nein.« Jury nahm ihn vom Tisch, stellte ihn wieder hin, lehnte sich gegen die Wand. Es war eine offene Einladung.
    Sie kam um den Tisch herum, drückte ihn gegen die Wand.
    »Wir befinden uns hier am Schauplatz eines Verbrechens, Liebes«, sagte er. Der Wind blies ihr die Worte regelrecht übers Gesicht.
    Dicht an seinem Mund sagte sie: »Das ist deine Wohnung auch.«
    »Ich hab’s ja gesagt.«
    »Was denn?«
    »Keinerlei Selbstbeherrschung.«
    »Ha. Ich gehe jetzt aufs Revier.« Sie trat zurück. »Und du?«
    »In die Melville Gallery. Mich dürstet nach Kunst.«
    »Oder nach sonst was.« Sie wandte sich lächelnd zum Gehen.

19
    Das große, sehr blonde Mädchen namens Hilda Tripp, das in der Melville Gallery arbeitete, fuhr sich mit einem aufgeweichten Papiertaschentuch über die Augen. »Er war einfach so großzügig«, sagte sie. »Die meisten Künstler, wie Sie sich vorstellen können, haben es ganz schön schwer, ein Auskommen zu finden.«
    Jury sagte: »Billy Maples kam mit seinem eigenen Geld für einige Ihrer Künstler auf, ist das richtig?«
    Sie nickte und schob dabei die Ärmel ihres lavendelblauen Kaschmirpullovers hoch. Sie war tatsächlich bemerkenswert blond, und ihre Augen waren, abgesehen von Tränen, bemerkenswert leer. Jury war überrascht, dass ein derart ungekünsteltes Geschöpf in einer so abgehobenen Umgebung wie der Melville Gallery arbeitete. Und doch war sie hier bereits seit sechs Jahren dazu abgestellt, Kunden zu begrüßen, so dass er sich bezüglich der Leere ihrer Augen möglicherweise irrte.
    Da die Galeriebesitzerin gerade außer Haus sei, sagte Hilda, würde sie versuchen, im Fall Billy Maples helfend einzuspringen.
    »Wir waren völlig erschüttert«, sagte Hilda.
    Jury nickte. »Es war sicher ein schwerer Schlag. Wissen Sie, ob es irgendjemanden gab, der ihm möglicherweise Schaden zufügen wollte?«
    Sie schüttelte den Kopf so nachdrücklich, dass ihr helles Haar wie Weizen im Wind um ihre Schultern wirbelte. »Nicht so jemandem, wie er einer war.«
    »Wie war er denn?«
    »Er war, ach, wissen Sie, er war wie ein Engel. Ich meine, so wie im Theater im West End oder am Broadway.«
    »Sie meinen – ein Wohltäter?«
    »Genau. Und das lief alles über die Galerie, anonym. Er hatte mit Linda vereinbart – ähm, mit Linda Bevins, das ist die Besitzerin –, dass das Geld immer einem ganz bestimmten Künstler zugute kommen sollte. Ich sag ja, einfach ein Engel.«
    »Verstehe. Aber nachdem er das mehrmals gemacht hatte, konnten sich die Künstler doch denken, dass er der ›Engel‹ sein musste.« Jury lächelte. Das Wort gefiel ihm in diesem Kontext.
    »Eigentlich nicht. Linda sagte, das Geld käme von irgendeinem älteren Kunstliebhaber, der anonym bleiben wollte. Es ging auch nicht danach, welcher Künstler der Beste war. Es gab andere Bedingungen.«
    »Was denn für welche? Was waren die Kriterien?«
    »Sie mussten natürlich viel Talent haben, aber das hatten sie ja, wenn sie hier ausstellten. Und dann ging es noch nach Bedürftigkeit. Manche von diesen Bildern werden viel teurer verkauft als andere. Das hier ist zum Beispiel von Calvin Lipp.« Sie führte Jury zu einer großen Leinwand an der Westseite, die ganz in natürliches Licht getaucht war. »Das ging für viertausend Pfund weg.«
    Jurys Augenbrauen schossen hoch. Nicht nur wegen der Geldsumme, sondern weil er sah, was für die viertausend zu haben war. Es handelte sich um ein Genrebild, eine bukolische Szene: Schafe auf einem Feld mit Bäumen. Egal, wie sehr das Gemälde bemüht war, die Gewöhnlichkeit des Sujets mit verschwommenen Pinselstrichen zu kaschieren, es war schlicht gegenständlich und langweilig.
    Das fand Hilda offenkundig auch. Obwohl die wenigen Anwesenden in der Galerie außer Hörweite waren, flüsterte sie: »Calvin hält sich für einen zweiten Constable. Können Sie sich das vorstellen?«
    Jury lachte. »Nein, kann ich nicht. Aber derjenige, der es gekauft hat, ist offensichtlich dieser Meinung. Dann nehme ich an, dieser Calvin Lipp war wohl kein Topkandidat für Mr. Maples’ Großzügigkeit?«
    Wieder schwangen die Haare entschieden herum. »Ganz bestimmt nicht.«
    »Wie oft hat er das denn gemacht? Ging es um eine jährliche Zuwendung?«
    »Ach, viel öfter. Wenn er eine Arbeit sieht – sah –, von der er besonders begeistert war.«
    »Dann kam

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