Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury steht im Regen

Inspektor Jury steht im Regen

Titel: Inspektor Jury steht im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
immer noch Trauerkleidung zu tragen. Auch wenn Jury bezweifelte, daß Marion Winslow mit diesem einfachen, elegant geschnittenen schwarzen Gewand daran gedacht hatte.
    «Das Familienalbum ist faszinierend, finden Sie nicht?» sagte David und nahm seinen Platz auf dem Sofa wieder ein. «Haben Sie denn etwas gefunden, das mich entlastet?»
    Trotz der unpassenden Bemerkung über das Familienalbum tat Marr Jury ziemlich leid. Ließ man die zufälligen Umstände einmal beiseite, gab es keinerlei Beweis für die Hypothese, daß er Ivy Childess getötet hatte. Aber es gab diese Umstände nun einmal. «Ich fürchte, nichts Bestimmtes, Mr. Marr.»
    «Zum Teufel, dann geben Sie sich doch mit was Unbestimmtem zufrieden.»
    Jury lächelte, schüttelte aber den Kopf. Er war froh, daß das Thema von einem von ihnen angesprochen worden war. «Es wäre gut, wenn ich alleine mit Ihnen sprechen könnte, Mr. Marr. In der Tat …»
    Marr unterbrach ihn: «Sie haben mich schon alleine gesprochen, Superintendent.»
    «Ich wollte eben sagen, daß ich mich eigentlich mit jedem von Ihnen alleine unterhalten möchte. Falls Ihnen das keine zu großen Unannehmlichkeiten bereitet.»
    Als Marion Winslow lachte, war er ein wenig überrascht. «Irgendwie denke ich, daß wir die Zeit dafür schon erübrigen können, Mr. Jury.» Sie erhob sich aus ihrem Sessel und verließ zusammen mit Edward den Raum.
     
     
     
    «D AS WIRD DER H ÖHEPUNKT des heutigen Tages», sagte David und goß sich wieder einen Whisky ein, hielt die Karaffe in die Höhe und blickte Jury an.
    Jury schüttelte den Kopf. «Ich bin froh, daß wir Sie nicht langweilen.»
    «Ganz und gar nicht. Wie viele Möglichkeiten gibt es eigentlich, Erkundigungen über einen Telefonanruf einzuholen? Zumindest können Sie jetzt meine Schwester persönlich fragen.»
    «Ich frage mich, Mr. Marr, ob Sie wohl je in Exeter waren.»
    David Marr blickte überrascht von seinem Glas auf. «Nanu! Ein neuer Versuch.» Er lehnte seinen Kopf an die Sofalehne zurück. «Exeter, Exeter, Exeter. Ja, das ist schon lange her. Hab eine Tour zur Kathedrale gemacht. Und dann durch die Pubs.»
    «Wie lange ist das her?»
    David zuckte die Achseln. «Zehn Jahre vielleicht.» Er sah Jury an. «Ich sehe schon, daß sich da ganz neue Fragen eröffnen. Was ist denn in Exeter passiert?»
    «Sheila Broome. Sie kannten sie nicht zufäl…?»
    «Nie von ihr gehört.» Seine Antwort kam schnell und überschnitt sich mit dem Ende von Jurys Frage. «Dieses ‹kannten Sie nicht› heißt doch wohl, daß ihr was zugestoßen ist.» Er starrte wieder zur Decke hinauf. «Großer Gott.» Er seufzte. «Ich hoffe wirklich, Ihre nächste Frage lautet nicht: ‹Wo waren Sie in der Nacht zum …?›»
    Jury lächelte. «29. Februar.»
    Marr drehte sich rasch zu ihm um und sah ihn an. «Das ist zehn Monate her, Superintendent.»
    «Ich weiß.»
    «Wenn sich mir die Daten meiner aufregenden Affären mit jungen Damen auch ins. Hirn gebrannt haben, so kann ich mich wahrhaftig nicht an diese spezielle erinnern. Sheila, sagen Sie?»
    «Broome. Wirklich schade. Versuchen Sie’s bitte, wenn Sie ein bißchen Zeit haben.»
    David stöhnte. «Wollen Sie mir etwa erzählen, Superintendent, das noch eine Frau um die Ecke gebracht worden ist? Und zwar von mir, wie Sie offenbar glauben?» Er ließ sich noch ein Stückchen tiefer ins Sofa sinken und rollte das kühle Glas über seine Stirn.
    «Nein, das wollte ich damit nicht sagen.» Jury rutschte auf die Sesselkante. «David, meinen Sie nicht, daß Sie sich für jemand in Ihrer Lage ein bißchen lässig geben?»
    «Danke für den Rat. Aber es ist nun mal so, daß ich mit dem Tod von Ivy oder einer anderen nicht das geringste zu tun habe.» Er trank seinen Whisky aus und starrte mürrisch ins Feuer.
    «Okay. Ich würde mich jetzt gern mit Edward unterhalten.»
    David drehte sich überrascht um. «Sie meinen, das ist schon alles, Superintendent? Ich war überzeugt, Sie würden mich ausquetschen wie ’ne Zitrone. Ich könnte ja jetzt ganz entzückt sein, aber es hat sicher nichts Gutes zu bedeuten. Sie haben ja noch nicht einmal ein interessanteres Objekt als mich gefunden. Aber ich bezweifle, daß ich noch sehr ergiebig für Sie sein werde.»
    «Ich werde mir Mühe geben.»
     
     
     
    K EIN G EMÄLDE ODER F OTO konnte Edward Winslow wirklich gerecht werden. Der Schnappschuß, den Jury gerade David Marr zurückgegeben hatte, vermittelte nur eine Ahnung von der Attraktivität seines Neffen,

Weitere Kostenlose Bücher