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Instrumentalität der Menschheit

Instrumentalität der Menschheit

Titel: Instrumentalität der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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so sanft und anmutig waren wie sie in seiner Erinnerung. Er schüttelte den Kopf. Die Angstmaschinen hatten alle Arten seltsamer Erinnerungen und Gefühle hochgewirbelt. Gedankenverloren streichelte er die Katze.
    Diener eilten herbei, um die Katzen abzusatteln. Mit neuerlichem Erstaunen stellte der Raumlord fest, daß es sich bei den Dienern um wahre Menschen handelte, nicht um Untermenschen, und er erinnerte sich an Kuats Bemerkung, wie angenehm es sein sollte, sich an der Sinnlichkeit der Tiere zu erfreuen. Da war noch etwas anderes, etwas, das im Hintergrund seines Bewußtseins wisperte, ohne die Oberfläche seiner Gedanken zu erreichen … es war, als ob er nach dem Schwanz eines flinken Tieres zu greifen versuchte, das ihm im letzten Moment entkam.
    Von Kuat geführt und von Madu und Lari eskortiert, durchschritt der Lord Kemal ein Labyrinth aus Zimmern und Korridoren. Jeder neue Raum wirkte noch überwältigender als der letzte. Etwas Vergleichbares hatte der Raumlord nur auf den Videobändern gesehen – eine Nachbildung der alten Menschenheimat, wie sie vor der III. Verstrahlung gewesen war. Die Wände waren mit Tapeten und Gemälden geschmückt, die auf Reproduktionen der irdischen Kunstwerke beruhten; Couches, Statuen und farbenprächtige, flauschige Teppiche, die der Entdecker Xanadus, der erste Khan, hierhergebracht hatte. Ja, Xanadu war eine Rückkehr zur Sinneslust, zum Luxus und zur Schönheit, zu allen überflüssigen Dingen.
     
    Kemal entspannte sich allmählich in dieser verzaubernden Atmosphäre, aber der Zauber wurde gebrochen, als sie den Hauptsalon erreichten und Kuat sich stillos auf die nächste Couch flegelte. Er streckte sich aus und winkte seinen Begleitern geistesabwesend zu.
    »Nehmt Platz, nehmt Platz«, murmelte er. Kerzen flackerten und spendeten tanzendes Licht. Tische und Couches standen einladend da.
    Zum ersten Mal seit der Ankunft des Raumlords meldete sich Lari zu Wort. »Wir heißen Sie in unserem Haus willkommen«, erklärte er, »und wir hoffen, daß es uns gelingen wird, Ihren Besuch so angenehm wie möglich zu gestalten.«
    Kemal stellte fest, daß er dem jungen Mann bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte, so überwältigt war er von den neuen Eindrücken gewesen, und zudem hatte ihn (wie er sich eingestehen mußte) das Mädchen Madu fasziniert. Auf seine eigene Art war Lari körperlich so vollkommen wie Madu. Er war groß, schlank, muskulös, ein hübscher Junge. Und wie bei Madu ging von ihm eine Aura der Offenheit, der Verletzbarkeit aus. Dem Lord Kemal erschien es seltsam, daß diese beiden so unschuldig unter der Aufsicht eines Mannes herangewachsen sein sollten, der so ungeschliffen und rüpelhaft war wie Kuat.
    Kuat riß ihn aus seinen Gedanken. »Kommen Sie! Kosten wir das Dju-di!«
    Sofort trat Madu auf einen Tisch zu, auf dem sich ein kupferfarbenes Tablett mit silberner Maserung befand. Auf dem Tablett standen ein mit zwei Öffnungen versehener Krug aus dem gleichen Material und acht dazu passende Kelchgläser. Der Krug besaß einen Deckel. Als Madu nach dem Krug griff, gab Kuat einen jener grunzenden Laute von sich, die der Raumlord unerhört geschmacklos fand.
    »Achte darauf, daß du mit deinem Daumen ja das richtige Loch zuhältst.«
    Sie antwortete mit einer Stimme, die nachsichtig, aber gleichzeitig auch so verächtlich klang, wie sich Kemal ihr Wesen vorstellte. »Ich mache das seit meiner Kindheit. Glaubst du wirklich, daß ich es jetzt vergessen habe?«
    In späteren Jahren erschien Kemal bin Permaiswari diese Nacht als einer der wichtigsten Wendepunkte seines an Veränderungen reichen Lebens. Er schien sich von den Ereignissen zu entfernen, schien ein Zuschauer zu sein, der die Geschehnisse beobachtete und nicht nur die Handlungen der anderen, sondern auch seine eigenen verfolgte, ohne sie beeinflussen zu können, ganz so, als würde er träumen …
    Madu kniete anmutig nieder und bedeckte mit ihrem Daumen eine der beiden Öffnungen im Deckel des Krugs. Kerzenlicht glitzerte auf der zarten silbernen Puderschicht, die ihre bloße Haut überzog. Während sie vier der Kelche mit der rötlichen Flüssigkeit füllte, bemerkte Kemal, daß selbst die Fingernägel ihrer schmalen Hände silbern lackiert waren.
    Kuat hob seinen Kelch. Der erste Trinkspruch stand nach den Regeln der Höflichkeit dem Ehrengast oder zumindest der Instrumentalität zu, aber Kuat setzte sich darüber hinweg.
    »Auf die Lust«, sagte er und leerte den Kelch in einem

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