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Intensity

Intensity

Titel: Intensity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Verschlußmechanismus ihrer Beinfesseln so weit malträtieren, daß er aufsprang.
    Sie wählte einen Bohreinsatz aus, der etwa die Größe des Schlüssellochs in den Fußschellen hatte, schraubte ihn ein und zog ihn fest. Als sie die Bohrmaschine dann in beide Hände nahm und einschaltete, erklang ein schrilles Jaulen. Die spiralförmige Spitze des schlanken Bohreinsatzes drehte sich so schnell, daß man sie nur verschwommen ausmachen konnte und sie schließlich so glatt und harmlos wie der Schaft aussah.
    Chyna nahm den Finger wieder vom Drücker, legte die verstummte Bohrmaschine auf den Boden und setzte die Schutzbrille auf. Die Vorstellung, daß Vess diese Brille getragen hatte, verstörte sie. Seltsamerweise erwartete sie, daß alles, was sie durch sie sah, verzerrt wäre, als hätte die Magnetkraft, mit der Vess alle Anblicke seiner Welt in seine Augen zog, die Moleküle der Gläser verändert.
    Aber was sie durch die Brille wahrnahm, unterschied sich nicht von dem, was sie ohne sah, außer daß das Gestell ihr Gesichtsfeld beschnitt.
    Sie nahm die Bohrmaschine wieder in beide Hände und schob die Spitze des Bohreinsatzes in das Schlüsselloch der Fußfessel, die ihren linken Knöchel umgab. Als sie das Gerät einschaltete, drehte Stahl sich mit einem höllischen Kreischen gegen Stahl. Die Spitze stotterte heftig, sprang aus der Öffnung und schlitterte über die fünf Zentimeter breite Fessel, wobei winzige Funken sprühten. Wären ihre Reflexe nicht so gut gewesen, hätte die wirbelnde Spitze sich in ihren Fuß gebohrt, aber sie nahm den Finger vom Drücker und zog die Bohrmaschine gerade noch rechtzeitig hoch, um eine Katastrophe zu verhindern.
    Vielleicht war das Schloß beschädigt worden. Sie konnte es nicht genau sagen. Aber es war nicht aufgesprungen, und die Kette saß noch an Ort und Stelle.
    Sie schob die Spitze erneut in die Öffnung. Diesmal hielt sie die Bohrmaschine fester und drückte sie mit größerer Anstrengung hinab, um zu verhindern, daß der Bohreinsatz aus dem Loch sprang. Der Stahl kreischte fürchterlich, und blaue Fetzen stinkenden Rauchs erhoben sich von der Bohrstelle, und die vibrierende Fußfessel drückte sich trotz der dazwischenliegenden Socken schmerzhaft in ihren Knöchel. Der Bohrer zitterte in ihren Händen, die durch die Anstrengung, ihn unter Kontrolle zu halten, plötzlich kalten Schweiß absonderten. Eine Gischt von Metallsplittern wirbelte aus der Schlüsselöffnung hoch und spritzte gegen ihr Gesicht. Der Bohreinsatz zerbrach, und das abgerissene Ende zischte an ihrem Kopf vorbei, prallte so hart gegen die Wand, daß es ein Stück aus einem der Betonblöcke schlug, und klirrte wie ein Querschläger über den Kellerboden.
    Ihre linke Wange brannte, und sie fand einen Stahlsplitter in ihrer Haut. Er war etwa einen halben Zentimeter lang und so dünn wie eine Glasfaser. Sie konnte ihn mit den Fingernägeln packen und herausziehen. Der winzige Einstich blutete; sie hatte Blut auf den Fingerspitzen und fühlte, wie ein dünnes, warmes Rinnsal zu ihrem Mundwinkel herablief.
    Sie schraubte den Schaft des zerbrochenen Bohreinsatzes aus der Maschine und warf ihn beiseite. Sie suchte einen etwas größeren Einsatz aus und schraubte ihn in der Klemmbacke des Bohrfutters fest.
    Erneut bohrte sie in die Schlüsselöffnung. Die Fessel um ihren linken Knöchel sprang auf. Keine Minute später war auch das Schloß der anderen Fußfessel geknackt.
    Chyna legte den Bohrer beiseite und erhob sich zitternd. Jeder Muskel in ihren Beinen zitterte. Sie stand nicht wegen ihrer zahlreichen schmerzenden Stellen, nicht wegen ihres Hungers und ihrer Schwäche so wacklig da, sondern weil sie sich von den Ketten befreit hatte, an denen sie ein paar Stunden zuvor noch verzweifelt war. Sie hatte sich befreit .
    Ihre Hände waren jedoch noch immer gefesselt, und sie konnte wohl kaum die Bohrmaschine mit der einen Hand halten, um das Schloß an der anderen Hand aufzubohren. Aber sie hatte bereits eine Idee, wie sie ihre Hände befreien konnte.
    Obwohl ihr – abgesehen von den Handschellen – noch andere Herausforderungen bevorstanden und ihre Flucht auf keinen Fall gesichert war, brandete in Chyna Jubel auf, als sie die Kellertreppe hinaufstieg. Sie setzte die Füße abwechselnd immer auf die nächste Stufe, nicht beide auf dieselbe, wie die Fußfesseln es ihr aufgezwungen hatten, hüpfte die Treppe trotz ihrer Schwäche und des Zitterns in ihren Muskeln geradezu hinauf, ohne sich auf das Geländer

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