Internat auf Probe
Ruder-Pleite und dass sie sich eine neue AG aussuchen soll. Manu bestürmt sie sofort, es mit Reiten zu versuchen, aber Carlotta schüttelt den Kopf. „Ich hab Angst vor Pferden“, gibt sie zu.
„Dann kommst du mit mir in die Musik-AG“, schlägt Sofie vor. „Wir haben noch freie Plätze.“
„Ausgeschlossen“, sagt Carlotta. „Ich bin total unmusikalisch!“ Sie fegt ein paar Brötchenkrümel von ihrem Teller direkt in den Mund. „Ich geh in der großen Pause ins Sekretariat und frag mal, wo überhaupt noch ein Platz frei ist. Bei meinem Glück lande ich bestimmt in der Schach-AG.“ Sie macht ein unglückliches Gesicht.
„Oder, noch schlimmer, in der ‚Tanz-wie-ein-echter-Star‘-AG.“ Manu zwinkert ihr zu. „Da kannst du dann mit unseren Barbiepüppchen Nadine und Simone tanzen lernen wie ein Popstar!“
Carlotta wirft einen unauffälligen Blick zum Nachbartisch, wo Nadine und Simone gerade die Farbtöne ihrer schimmernden Nagellacke einem Vergleich unterziehen.
„Bloß das nicht!“, murmelt sie. „Dann doch lieber Schach!“
In der großen Pause geht Carlotta zum Sekretariat. Sie klopft an.
„Herein!“, ruft Frau Müller-Stürzelbach.
Carlotta öffnet die Tür und lugt um die Ecke.
„Hallo, Carlotta, komm ruhig herein“, sagt die Schulsekretärin. „Herr Dunker hat mich schon informiert. Du kommst wegen der AG, stimmt’s?“
Carlotta nickt. „Genau.“
Frau Müller-Stürzelbach nimmt eine Liste zur Hand und mustert sie eingehend. „Hm“, macht sie. „Die meisten AGs sind inzwischen voll belegt. Es ist eigentlich nicht üblich, nachträglich zu wechseln.“
„Ich weiß“, murmelt Carlotta. „Es ist ja auch nur, weil …“
Frau Müller-Stürzelbach unterbricht sie. „Am besten wirfst du selbst einen Blick in die Liste“, schlägt sie vor und reicht ihr den Zettel. „Ein paar Einzelplätze sind noch frei. Wie wär’s mit Philosophie?“
Carlotta zieht den Kopf ein. Sie weiß ja noch nicht mal, was das ist.
Zum Glück schüttelt Frau Müller-Stürzelbach den Kopf und murmelt: „Ach, ich sehe gerade, das ist erst ab 16. Vielleicht etwas Naturwissenschaftliches? Physik, Chemie oder Mathe?“
Hilfe!, denkt Carlotta. Mathe in der Freizeit? Bloß das nicht!
Sie nimmt der ratlosen Sekretärin die Liste aus der Hand und überfliegt sie. Hm, Badminton vielleicht? Oder Freeclimbing? Nee, geht nicht. Sie ist nicht schwindelfrei.
Töpfern und Bogenschießen sind ausgebucht, schade. Bildhauerei auch. Aber wie wär’s mit Fotografie und digitale Bildbearbeitung? Klar, das ist es doch! Seit sie auf Prinzensee ist, hat sie die Gummibärchenfotografie sträflich vernachlässigt. Höchste Zeit, das zu ändern!
Sie guckt nach, wer die AG leitet. Herr Frankenberg, der Unterstufenleiter.
Der ist supernett, denkt Carlotta. Bestimmt hat er nichts gegen Gummibärchen. Und falls doch, fotografiere ich eben mal was anderes. Kann auch nichts schaden.
„Wenn’s geht, würde ich gern in die Foto-AG von Herrn Frankenberg gehen“, sagt sie.
Frau Müller-Stürzelbach studiert die Liste und nickt. „Ja, das geht. Es ist noch ein Platz frei. Soll ich dich eintragen?“
„Ja, bitte!“
Die Sekretärin macht einen Eintrag. „Die AG findet jeden Montag- und Mittwochnachmittag statt. Treffpunkt ist das Labor im naturwissenschaftlichen Trakt im Untergeschoss. Am besten sprichst du vorher noch mal mit Herrn Frankenberg. Er wird dir dann alles erklären.“
Es gongt zur Stunde, die Pause ist zu Ende.
„Klasse“, freut sich Carlotta. „Vielen Dank!“
„Gerne“, sagt Frau Müller-Stürzelbach und wendet sich wieder ihrer Büroarbeit zu. „Einen schönen Tag noch.“
„Ihnen auch!“
Fröhlich hüpft Carlotta den Gang entlang und beeilt sich, in ihre Klasse zu kommen, um Sofie und Manu die Neuigkeiten zu erzählen.
In einer Freistunde am Nachmittag verschwindet Carlotta in der Bibliothek, um nachzuschauen, ob neue E-Mails für sie angekommen sind. Brendan sitzt an einem der Computer-Terminals und nickt ihr freundlich zu. Carlotta nickt zurück und setzt sich an einen freien Platz. Im Nu hat sie sich eingeloggt und checkt ihr Mail-Postfach. Mama hat ihr ein Foto von den Zwillingen geschickt und Katie eine witzige Grußpostkarte mit einem sprechenden Kaninchen.
Auch von Papa ist elektronische Post eingetroffen. Mit klopfendem Herzen öffnet Carlotta die Nachricht und fängt an zu lesen.
Liebe Carlotta, ich hoffe, es geht Dir gut? Nach einer anstrengenden Reise sind wir
Weitere Kostenlose Bücher