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Interwelt

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Titel: Interwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isidore Haiblum
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usw. erfahren –, als die Alarmanlage Giek! machte.
    Giek? Was für ein seltsamer Alarm war denn das? Automatisch aktivierte ich den Alarmrückmelder und fragte: »Stimmt was nicht?«
    Die Anlage schwieg, nur ein stumpfgraues Lämpchen über der Zahl 487 versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Ich kannte die Nummer auswendig, sie gehörte zu einer von Sicherheit-Plus’ wichtigsten Schützlingen: der Tresorkeller im Weltemporium. In den einzudringen, war für Unbefugte natürlich völlig unmöglich.
    Warum also das graue Lämpchen und das blödsinnige Giek?
    Ich trat zu meinem Fenster hier im neunzigsten Stockwerk und schaute schräg über die Straße und hinunter zum Gebäude des Emporiums, das in Nacht und Regen milchigblau schimmerte. Nichts tat sich dort, ich hatte auch nichts erwartet. Bei Unruhen im Freien wären Gongs zu hören gewesen, Alarmglocken, Pfiffe und Sirenen. Unruhen dieser Art kamen nicht heimlich, still und leise. Der Tresorraum selbst, für dessen Sicherheit ich verantwortlich war, befand sich im tiefsten Kellergeschoß und war von mehreren Tonnen unnachgiebiger Legierung umgeben – jedenfalls behaupteten die Hersteller, daß dieser Legierung mit nichts beizukommen war.
    Ich kehrte zum Schreibtisch zurück und gab die notwendigen Koords ein. »XX21?« wandte ich mich an den diensthabenden Mechwächter.
    Nur statische Geräusche drangen an mein Ohr. Also schwieg auch XX21 sich aus – nur, daß das für einen Mech unmöglich war. Mechs waren absolut zuverlässig und reagierten sofort. AUSFALL! flüsterte eine innere Stimme. So schnell hatte ich den Schirm noch nie eingeschaltet. Er zeigte mir den Tresorkeller aus mehreren Winkeln. XX21 war nicht zu sehen, aber alles andere war unversehrt an seinem richtigen Platz.
    Ich lehnte mich in meinen Drehsessel zurück und war dankbar für den Zufall, der mich heute nacht noch einmal hierhergeführt hatte. Normale Ausfälle waren schlimm genug, aber einer in unmittelbarer Nähe des Tresorkellers konnte tödlich sein. Wenn davon etwas durchsickerte, würden die Aktionäre, der Ausschuß, von den Kunden ganz zu schweigen, vor Wut kochen. Und sie wüßten auch, an wem sie sie abladen konnten: an mir!
    Ich blickte zur Armaturentafel der Alarmanlage hoch. »Na!« forderte ich sie auf. »Sag es doch nochmal.«
    Die Tafel verharrte stumm.
    »Du fühlst dich wohl nicht gut?« fragte ich.
    »Ich fühle mich absolut leistungsfähig«, antwortete die Alarmanlage.
    »Dann erinnerst du dich, daß du Giek gesagt hast?«
    »Dieses Wort kenne ich nicht.«
    »Habe ich es mir doch gedacht! Und warum leuchtet ein Lämpchen grau?«
    »Das weiß ich nicht, Sir.«
    »Woher soll ich es denn wissen, 1A? Ich werde dir jedenfalls keine Träne nachweinen, wenn sie dich verschrotten wollen.«
    »Vielen Dank, Sir«, sagte die Anlage mit ernster Stimme.
    Es sah also ganz so aus, als müßte ich etwas unternehmen. Ich ging an den Wandschrank und holte eine kleine, schwarze Werkzeugtasche heraus – ich konnte nur hoffen, daß die Technikergewerkschaft nichts davon erfuhr –, damit ging ich zur büroeigenen Rutsche, gab die Koords ein und schoß zweiundneunzig Stockwerke hinunter ins Herz des Weltemporiums.
     
    HÖR ZU, GENAU WIE KEINE ZWEI BÄUME VÖLLIG GLEICH WACHSEN, GIBT ES AUF KEINER ZEITSPUR GENAU GLEICHE WELTEN. SELBSTVERSTÄNDLICH FINDET MAN WEITGEHENDE ÄHNLICHKEIT, ABER VIELE EINZELHEITEN SIND GANZ ANDERS. DAS MUSS NATÜRLICH NICHT UNBEDINGT VERWIRREN, KANN ES JEDOCH DURCHAUS.
     
4.
     
    Die Rutsche brachte mich ins Tiefgeschoß, von wo aus ich noch einen weiten Fußmarsch vor mir hatte. Direkt in den Tresorkeller war nicht möglich, denn zu viele Unbefugte hätten von meinem Büro aus die Rutsche benutzen können, und das wäre trotz der Mechs dort riskant. Und das, obwohl die Mechs Adleraugen hatten und nur ein Drittel soviel kosteten wie Menschen.
    Ich rannte und sperrte die Tür mit der Aufschrift FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN auf. Die Korridore in diesem Kellerteil waren schmal und kahl. Erst im vergangenen Jahr war hier renoviert worden. Der Verantwortliche hatte sich da offenbar ganz schön gesund gestoßen. Ich fragte mich, ob man ihm den Prozeß gemacht hatte. Aber vermutlich nicht. Die Konstabler – sie waren bei uns das Auge oder vielmehr der Arm des Gesetzes – konnten auch nicht überall sein. Darüber war ich nicht traurig, denn wären sie es, hätte ein Privatunternehmen wie meines kaum eine Chance. Ich bog um eine Ecke.
    Eine breite Metalltür versperrte mir

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