Intimitaet und Verlangen
das Herbeiwünschen eines anderen Menschen, das Lechzen nach ihm, die Sehnsucht nach jemandem oder etwas. Wollen hat also etwas mit Sehnen zu tun, und Sehnsucht verursacht Schmerzen. Sich-Sehnen ist das ständige Verlangen nach etwas oder jemandem, das oder der dauerhaft unerreichbar oder in der Ferne ist. Wenn Sie Ihren Partner wollen und wenn Sie Sex wollen , haben Sie eine starke sexuelle Motivation. Doch dazu brauchen Sie die Stärke zu wollen .
Das Wollen unterscheidet Ihr menschliches sexuelles Verlangen vom sexuellen Verlangen anderer Spezies. Es erhebt Ihr sexuelles Verlangen über den reinen Hormonansturm oder den Fortpflanzungstrieb. 1 Abgesehen von Wollust, Verliebtheit und Bindungsbedürfnissen verfügen Menschen auch über die Fähigkeit, einen anderen Menschen liebevoll zu umsorgen. Dies bedeutet, dass sie bei ihren Handlungen stets das Wohl des anderen im Auge behalten, selbst wenn dies auf ihre Kosten geht, weil sie das Beste für diesen anderen Menschen wollen. An früherer Stelle habe ich bereits gesagt, dass Verlangen nicht unbedingt immer den besten inneren Regungen entspringt. Verwechseln Sie also Wollen nicht mit einem der folgenden vier Dinge:
1.  Wollen ist nicht gleichbedeutend mit Verlangen danach, dass Ihr Partner etwas für Sie tut. Es ist nicht identisch damit, dass Sie sich seine Aufmerksamkeit sichern, oder mit der Hoffnung, dass er Ihnen das Gefühl gibt, in Sicherheit und für ihn begehrenswert zu sein.
2.  Wollen macht Ihren Partner nicht zu einem Kriminellen, einer Art flüchtigem Straftäter, der polizeilich gesucht wird. Wollen erlaubt Ihnen nicht, Ihren Partner zu einem Gefangenen zu machen.
3.  Wollen ist mehr als der Drang, mit einem anderen Menschen zu verschmelzen. Wenn Sie Ihre Partnerin wollen, verspüren Sie ein Verlangen nach ihr . Es manifestiert sich als Anteilnahme an ihren besonderen Interessen, selbst wenn diese nicht Ihren eigenen entsprechen. Das Wollen verpflichtet Sie dazu, im wohlverstandenen Interesse Ihrer Partnerin zu handeln, weil ihr Wohl und ihr Glück Ihnen wichtig sind.
4.  Wollen bedeutet nicht, begehrlich, besitzergreifend oder eifersüchtig zu sein. Besitzgier und Eifersucht verkleiden sich als tiefes Verlangen, doch sie resultieren aus Schwäche. Echtes Wollen stärkt und erweitert die Vier Aspekte der Balance . 2
Toms und Helens Lebenshintergrund
Wie ich bereits erklärt habe, ist Verlangen eine Fähigkeit, die Sie entwickeln können, indem Sie Tiefe und Umfang der für Sie mit dem Verlangen verbundenen Bedeutungen erweitern. Bei Tom lieà sich die Bedeutung in einem einzigen Satz zusammenfassen: Wenn du mich lieben würdest, würdest du â¦
Nach der Scheidung seiner Eltern lebte Tom mit seiner Mutter zusammen. Dies war für beide eine schwierige Zeit. Der Mutter gelang es mit Mühe, sich selbst und ihren Sohn zu ernähren und ihnen beiden ein Dach über dem Kopf zu sichern. Sie arbeitete schwer und erwartete, dass Tom ihr bei der Hausarbeit half. Doch wegen ihrer groÃen Arbeitsbelastung erwartete sie auch, dass er ihr das Leben leichter machte. Dem Heranwachsenden sagte seine Mutter fast täglich: »Wenn du mich lieb hast, tust du jetzt dies oder jenes für mich. Schau dir doch an, wie viel ich für dich tue!«
Tom hasste solche ÃuÃerungen. Als er noch jünger gewesen war, hatte er sich groÃe Mühe gegeben, es seiner Mutter stets recht zu machen. Später ging er regelmäÃig aus dem Haus, wenn sie mit ihren Predigten anfing. Alles, was sie sagte, hatte er schon tausendmal gehört. Er entwickelte allmählich immer stärkeren Widerstand gegen ÃuÃerungen seiner Mutter, die mit »Wenn du mich lieb hättest, würdest du â¦Â« begannen.
So wurde Tom zu einem jungen Mann, der nicht wollen wollte. Wollen rief bei ihm Empfindungen hervor, mit denen er nicht gut umgehen konnte. Seine Mutter hatte seine Bemühungen, ihr gefällig zu sein, gegen seine Interessen benutzt. Dies hatte ihn anfällig für Manipulationen gemacht. Im Laufe der Zeit war aus seinem Wunsch (seinem Wollen), sie glücklich zu sehen, der Zwang geworden, zu tun, was immer sie sich wünschte.
In unserer ersten gemeinsamen Sitzung sagte Tom: »Ich glaube, das hat mich gegenüber Frauen misstrauisch gemacht. Meine Mutter war ziemlich kontrollbesessen und manipulativ. Das musste sie auch sein. SchlieÃlich musste
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