Intimitaet und Verlangen
enttäusche. Aber ich verliere mich völlig, wenn ich mir vorstelle, dass ich dies tue, während du mir einen bläst. Mein Penis ist in deinem Mund, mein Geist ist anderswo, du weiÃt es, aber du machst weiter, als ob ich nach wie vor da wäre, weil du weiÃt, dass ich genau das möchte. Was für eine schreckliche Vorstellung! Ziemlich erbärmlich!«
Ich sagte: »Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Es ist mir eine Freude, Ihren Geist bei der Arbeit zu beobachten.«
Philipp wurde innerlich deutlich aktiver. Ich beobachtete, was in ihm vorging. Aufgrund meiner Bemerkung wurde ihm klar, dass ich seinen Geist spiegelte. Philipp schaute mich an, und wir erlebten gemeinsam einen Augenblick der Begegnung. Er schaute mich ohne jede Reserviertheit an, und er wirkte stabil und ohne die geringste Spur von Aggressivität.
Nicole rannen Tränen über die Wangen. Sie verfolgte unsere Interaktion. Philipp lieà in dieser Sitzung eine wesentlich tiefere Intimität zu. Dies war für uns drei ein Augenblick geteilter Aufmerksamkeit. Im Raum war es still, und die Atmosphäre vibrierte von Möglichkeiten. Nicole sagte zu Philipp: »Mir gefällt es sehr, wenn du so bist.« Dann wendete sie sich an mich. »Warum schaffen wir es nicht, unsere Schutzpanzer abzulegen und dies miteinander zu tun?«
»Sie sind beide Beobachter, Fährtenleser. Sie sehen Menschen. Sie spiegeln ihren Geist. Das Problem ist, dass Sie beide gegenüber anderen Menschen hypervigilant und sich selbst gegenüber blind sind. Ihre Hypervigilanz und Ihre Blindheit sind eng mit den Löchern in Ihren Kindheitserinnerungen und Ihren Schwierigkeiten, Emotionen zu regulieren, verbunden.« Nicole und Philipp schauten einander an.
»Vielleicht könnten Sie aufhören, Ihren Radar zu benutzen, um sich zu verteidigen, und stattdessen dazu übergehen, einander zu sehen und Zusammensein zu ermöglichen.«
Philipp zögerte nicht. »Mit dem Bild von uns vor Augen, das uns beim Sex zeigt, erscheint es mir nicht als so beängstigend, mit Nicole zusammen zu sein. Nicht mit ihr zusammen zu sein empfinde ich wirklich als beängstigend. Meinen Sie, wenn wir das wirklich richtig machen, würde ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht so schnell ejakulieren?«
Nicole ergriff Philipps Hand. »Vielleicht können wir das herausfinden, nachdem wir hier weggegangen sind.« Sie blinzelte ihren Mann an, und in dem, was sie sagte, schwang eine unverkrampft sexuelle Bedeutung mit.
Entfachen Sie in Ihrem Schlafzimmer das Verlangen
Philipp und Nicole durchlebten eine emotionale Pattsituation, es gelang ihnen, an sich selbst festzuhalten, und sie entwickelten die Vier Aspekte der Balance . Nach alldem war ihnen klarer, wer sie waren und wer sie sein wollten. Sie waren zuversichtlich, dass sie zu diesen Menschen werden konnten. Ihre Beziehung war ihnen wichtiger, sie waren einander wichtiger, und nicht zuletzt waren sie auch sich selbst wichtiger geworden.
Unzählige Paare wachsen, indem sie sich mit ihren das sexuelle Verlangen betreffenden Problemen auseinandersetzen. Aufgrund meiner beruflichen und persönlichen Erfahrung glaube ich, dass eine emotional tragfähige Beziehung die persönliche Entwicklung fördert. Sexuelles Verlangen, Intimität und Differenzierung sind dabei die primären (aber nicht die einzigen) Antriebe. Sie treten durch ein emotionales Patt in Erscheinung. Und die Auflösung einer solchen Pattsituation ermöglicht die Weiterentwicklung.
Nach meiner Auffassung hat sich die Menschheit auf genau diese Weise zu dem Punkt hin entwickelt, an dem sie sich heute befindet. So wurden wir menschlicher im besten Sinne des Wortes, und so bildete sich unsere »menschliche Natur« heraus. Auf diese Weise hat sich unser Gehirn weiterentwickelt. Ich kann für diese Auffassung zwar keine Tatsachenbeweise vorlegen, doch sie entspricht Erkenntnissen vieler Wissenschaftszweige.
Der Auffassung, dass Sex das Gehirn verändert, sollte man mit gesunder Skepsis begegnen. Ich arbeite mit dem Differenzierungssystem der Ehe bei Paaren seit 30 Jahren, wohingegen ich therapeutische Ansätze, die auf eine Veränderung des Gehirns zielen, erst seit einem Jahrzehnt benutze. In dieser Zeit habe ich erlebt, dass es bei Menschen, denen es durch Fokussieren auf Gefühle, Einsichten und Kommunikation nicht gelang, Fortschritte zu erzielen, zu Veränderungen kam, nachdem
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