Intimitaet und Verlangen
zueinander â bis sie schlieÃlich beide ein wenig weicher wurden. Innerhalb der nächsten 24 Stunden kam es dann oft zum Sex zwischen ihnen, sie versprachen einander, sich im Umgang miteinander gröÃere Mühe zu geben, und sie nahmen die hässlichen Dinge, die sie einander vorgeworfen hatten, zurück â bis zum nächsten Mal. Carol fand sich mit diesem Verlauf ab, weil sie sich vor dem fürchtete, was geschehen würde, wenn sie es nicht täte. Sie war von Randall nicht nur emotional abhängig, sondern liebte ihn auch.
Mit den Problemen, die den Streitigkeiten wegen Sex zugrunde lagen, hatten sie sich nie ernsthaft befasst. Das empfanden sie als zu persönlich und zu schmerzhaft. Randalls gespiegeltes Selbstempfinden »klappte zusammen«, wenn Carol das Thema zur Sprache brachte. Er fühlte sich dann jedes Mal völlig niedergeschmettert. Aus eigenem Antrieb sprach er nie darüber. Er hielt den Schmerz, den er bei einer Konfrontation mit seinem sexuellen Problem, seiner Ehe und seinem Leben empfand, einfach nicht aus, weil er nicht glaubte, dass es für ihn auch nur die geringste Aussicht auf Besserung gab. Es erschien ihm nicht der Mühe wert, um einer nur eventuell möglichen Besserung willen noch gröÃere Härten zu ertragen. Randall war fest davon überzeugt, dass die Einschätzung seiner Eltern, er sei generell unzulänglich, richtig gewesen war. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sich die Ansicht seiner Eltern als falsch erweisen könnte, wenn er sich der Kritik stellen und seine Probleme durcharbeiten würde. Die Bedeutungen, die wir mit Dingen verbinden, beeinflussen unsere Entschlossenheit und Resilienz erheblich.
Als ich mit Carols und Randalls Situation allmählich vertrauter wurde, stieà ich bei ihnen überall auf Probleme, die mit den Vier Aspekten der Balance zusammenhingen.
1.  Wenn sie von ihrem Partner kritisiert wurden, fiel es ihnen schwer, ein Bewusstsein ihres eigenen Wertes aufrechtzuerhalten.
2.  Sie hatten Schwierigkeiten, auf ihre Ãngste und ihre emotionalen Verletzungen lindernd einzuwirken.
3.  Es war schwierig für sie, gelassen zu bleiben und nicht übertrieben zu reagieren, wenn ihr Partner besorgt war oder sie bedrängte. Ihre Versuche, einander zu beruhigen, bestanden darin, Gespräche zu vermeiden oder sich aneinanderzuklammern und zu streiten.
4.  Die Auseinandersetzung damit, was sie taten oder nicht taten, bereitete ihnen groÃe Schwierigkeiten. Sie ertrugen keine Frustrationen und verfügten auch nicht über die Beharrlichkeit, die sie gebraucht hätten, um ihre Ziele zu erreichen.
Die Vier Aspekte der Balance entscheiden über den Verlauf Ihres Lebens. Wenn Ihnen einer dieser Punkte Probleme bereitet, gilt das meist auch für die anderen; allerdings ist manchmal eine bestimmte Fähigkeit stärker als die restlichen. Jedenfalls sind Probleme hinsichtlich der Vier Aspekte normal â was bedeutet, dass auch Probleme, die das sexuelle Verlangen betreffen, normal sind. Doch solche Probleme lassen sich durch Stärkung aller Vier Aspekte lösen.
Das Verhältnis zwischen Randall und Carol war generell sehr schwierig, aber insbesondere wenn es um Sex ging. Beide waren der Auffassung, Randall müsse dafür sorgen, dass Carol entspannt sei und sich erregt fühle. Verspürte sie keine Erregung, kritisierte sie seine »Technik«. Daraufhin wurde Randall defensiv, und Carol reagierte entsprechend. Randalls sexuelles Interesse löste sich dann augenblicklich in Luft auf.
Carol konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie auch dann sexuell attraktiv war, wenn Randall gerade nicht mit ihr ins Bett wollte. Und weil sie sich dies nicht vorstellen konnte, wurde ihr Impuls, eine sexuelle Affäre zu beginnen, stärker. Carols gespiegeltes Selbstempfinden schwang sich in höchste Höhen auf, wenn sie im Laufe des Tages die sexuellen Schwingungen anderer Männer auffing. Sie wurde dann sehr nervös, weil sie fürchtete, sie könnte tatsächlich eine Affäre beginnen, und wenn sie nervös wurde, reagierte sie immer auÃerordentlich stark. Dann drohte sie Randall und stellte ihm Ultimaten, um ihn zu zwingen, endlich aktiv zu werden. In Wahrheit jedoch fürchtete sich Carol vor einer Scheidung. Wenn sie ihm an den Kopf warf: »Warum sind wir eigentlich verheiratet?«, war dies manchmal nicht nur
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