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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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denken Sie nicht sorgfältiger über das nach, was Sie zu Julian sagen? Sie werfen ihm vor, er benutze die Tatsache, dass Sie eine Affäre hatten, um sich nicht mit seinen eigenen Problemen auseinanderzusetzen.«
    Â»So ist es.«
    Â»Sie geben ihm aber die Möglichkeit, dies zu tun, solange Sie sich weigern, sich mit Ihrer Affäre auseinanderzusetzen. Sie sagen, er versuche, Sie einzuschüchtern, indem er Ihnen Ihre Affäre vorwerfe. Warum nehmen Sie ihm diese Waffe dann nicht ab?«
    Â»Sie meinen, indem ich mich mit meiner Affäre auseinandersetze?«
    Â»Genau.«
    Wenn Menschen merken, dass ihr Partner ihr gespiegeltes Selbstempfinden zu manipulieren versucht, bringt sie das aus irgendeinem Grund dazu, aktiv zu werden. Die Situation erreicht dann eine Art »kritischer Masse«. Vielleicht ist Ihr gespiegeltes Selbstempfinden einfach nicht mehr bereit, weiter »mitzuspielen«. Vielleicht empfinden Sie es in solch einer Situation als zwingend, sich vom Einfluss Ihres Partners zu befreien. Aus den unterschiedlichsten Gründen werden viele in dieser Situation aktiv und sind plötzlich bereit, Dinge zu tun, die sie andernfalls niemals getan hätten.
    Allerdings kann man sich aus der Umklammerung des Partners befreien und gleichzeitig die eigene Beziehung zu sich selbst stärken. Darum ging es mir mit meiner Äußerung Karen gegenüber: Wenn Sie sich mit sich selbst konfrontieren, kann Ihr Partner Sie nicht mehr manipulieren, indem er Ihnen Ihre Fehler und Mängel vorhält. Sie müssen sich zu diesem Zweck mit sich selbst auseinandersetzen und die Vier Aspekte der Balance beherzigen. Und dies ist der Prozess der Differenzierung.
    Die Feuerprobe
    Karen dachte einige Sekunden lang nach. »Okay, Julian, du möchtest, dass ich mich mit meiner Affäre auseinandersetze? Also dann: Ich hatte eine Affäre. Ich habe dich angelogen … Ich habe mein Gelübde gebrochen …«
    Die Worte kamen Karen allmählich langsamer über die Lippen, während sie sich beim Sprechen zuhörte. Sie wechselte vom »Sündenbekenntnis« zum Nachdenken über das, was sie sagte. Ihre Stimme klang trotzig und drückte aus: Ich bin jetzt bereit, mich mit dieser Sache auseinanderzusetzen, und ich akzeptiere die Folgen, die das haben wird. Ich habe zwar Angst, aber ich werde mir dies nicht mehr antun. Julian spürte, dass nun nicht der richtige Zeitpunkt war, sie anzugreifen.
    Â»Du hast keinen Grund, mir jemals wieder zu vertrauen … Ich bin nicht integer … Ich habe den größten Teil meines Bemühens, die Ehe mit dir zu erhalten, verloren … und den Rest habe ich weggeworfen … Ich habe dich betrogen … Ich weiß, dass ich in deinen Augen nicht anders bin als deine Mutter.« In Karens Stimme schwang keine Bosheit mit. Sie war geradezu brutal ehrlich, ohne dass sie versuchte, Julian niederzumachen. Dann hielt sie einen Augenblick inne, um zu überlegen, was es noch zu sagen gab.
    Â»â€¦Â Ich habe meine Gelübde verraten … Ich habe mich selbst betrogen … ich habe mir meine ganze Integrität geraubt … Ich habe mich darum betrogen, jemanden zu haben, der mich will … Ich … glaube … Ich bin … nur … eine … Schwindlerin!« Karen schluchzte hemmungslos.
    Später fiel es ihr nicht schwer, ihren vorherigen Geisteszustand zu verstehen. Wenn Julian ihr Sex und Bestätigung vorenthielt und sie »zu Kreuze kriechen« ließ, ging sie ihm eben aus dem Weg und suchte sich jemanden, der sie wollte. Das war in ihren Augen kein Versuch, jemanden zu finden, der ihr gespiegeltes Selbstempfinden stärkte, und sie glaubte auch nicht, dass ihre emotionale Verschmelzung mit Julian so stark war, dass sie bereit gewesen wäre, sich »wegzuwerfen«, nur um ihm heimzuzahlen, was er ihr angetan hatte. Sie hatte sich gesagt, dass sie jemanden bräuchte, der sich um sie kümmerte. Als Karen sich zum ersten Mal mit dem Mann getroffen hatte, den sie über das Internet kennengelernt hatte, hatte sie gedacht: Ich werde meine Ehegelübde brechen. Ich bin eine Lügnerin und Betrügerin. Und dieser Mann ist das auch. Wer er auch sein mag, ich weiß, dass ich Julian seinetwegen nicht verlassen werde. Ich könnte ihm niemals völlig vertrauen, denn er tut genau das Gleiche wie ich.
    Karen war schockiert, als sie merkte, dass sie in

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