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Intimitaet und Verlangen

Intimitaet und Verlangen

Titel: Intimitaet und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schnarch
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willst, dann verpflichte dich dir selbst gegenüber. Mich interessieren Versprechungen nicht; mich interessiertnur, was du tatsächlich tun wirst . Für mich ist klar, dass ich in meinem Leben Sex haben will. Wenn ich enthaltsam lebe, weil ich so wütend auf dich bin, dann bin ich immer noch auf der Verliererseite. Es wird dir nicht mehr gelingen, mich deiner Kontrolle zu unterwerfen, indem du dich weigerst, mit mir zu vögeln. Wenn es nicht anders geht, werde ich mich von dir scheiden lassen.«
    So definierte Karen in Gegenwart von Julian ihre Position. Sie war entschlossen, aber nicht streitlustig. Dies half Julian, nicht weiter in seiner Verteidigungshaltung zu verharren. Er atmete lange und tief durch und antwortete dann: »Bisher habe ich nicht zu meinem Wort gestanden. Und du hast recht: Im Grunde hat das etwas damit zu tun, dass ich mich mir selbst gegenüber nicht ernsthaft verpflichtet habe. Deshalb hast du tatsächlich keinen Grund, mir zu vertrauen, auch wenn ich mich darüber beklagt habe, dass ich dir nicht vertrauen kann. Und du hast mich auf eine Weise in die Klemme gebracht, wie meine Mutter es bei keinem ihrer Männer geschafft hat. Vielleicht können wir gemeinsam daran arbeiten, das Vertrauen zueinander wiederzugewinnen.«
    Â»Ich will dich nicht verletzen, Julian, aber ich bin wirklich nicht daran interessiert, dein Vertrauen wiederzugewinnen. Ich möchte Vertrauen zu mir selbst gewinnen.«
    Â»Ich verstehe«, sagte Julian. Er war schockiert und enttäuscht. »Ich weiß zu schätzen, was du sagst … obwohl ich mir unseren weiteren Weg anders vorgestellt habe.«
    Monogamie: Eine Verpflichtung sich selbst gegenüber statt eines Versprechens dem Partner gegenüber
    Die meisten Paare ringen im Laufe ihrer Beziehung irgendwann mit dem Problem der Verpflichtung. Manchmal geht es dabei um die Exklusivität ihrer sexuellen Beziehung zueinander, manchmal darum, ob sie sich eine gemeinsame Wohnung nehmen sollen; oder sie denken darüber nach, zu heiraten, oder sie wollen Kinder haben. Wenn Paare sich um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bindung und Autonomie bemühen, hört man häufig den Satz: »Warum bist du nicht bereit, eine Verpflichtung einzugehen?« Wenn Ihr Partner Ihre fehlende Bereitschaft, sich auf eine Verpflichtung einzulassen, auf sich persönlich bezieht und sein gespiegeltes Selbstempfinden dadurch verletzt wird, sind nur wenige so geistesgegenwärtig zu fragen: »Verpflichtung wem gegenüber? Verpflichtung bezogen auf was?«
    Wie ich bereits gesagt habe, ist Monogamie ein System, kein Versprechen. Doch in dem Maße, wie Monogamie als Verpflichtung verstanden wird, verstehen die Betroffenen den »Wem gegenüber?«- und »Bezogen auf was?«-Aspekt der Monogamie nur unzureichend. Karen lehnte es ab, Julian gegenüber die Verpflichtung einzugehen, die er sich von ihr wünschte. Sie erklärte zwar, sie werde keinen Sex mit anderen Männern haben, aber sie hatte sich dazu sich selbst gegenüber verpflichtet, weil dies ihr Anliegen war. Sie hatte nicht vor, ihre Integrität noch einmal zu verletzen, um sich an Julian zu rächen. Ob Julian darauf zählen wollte oder nicht, war seine Sache. Ob er ihr vertrauen wollte, musste er entscheiden. Ihr Problem war, eine Person zu sein, der sie vertrauen konnte.
    Monogamie: Von der Gesellschaft auferlegt oder selbstgewählt
    Unter Experten gibt es die Ansicht, wir Menschen hätten gelernt, unsere sexuellen Impulse zu beherrschen, weil dies für unser Überleben wichtig gewesen sei. Heranwachsende mussten sich mit der Existenz älterer und mächtigerer Männer arrangieren, um in der Hierarchie emporsteigen zu können. Andere Forscher vertreten die Auffassung, die Fähigkeit unseres Gehirns, Frieden und Ordnung aufrechtzuerhalten, habe zugenommen, als die Gesellschaften komplexer geworden seien. Diejenigen, die ihre sexuellen Impulse nicht hätten kontrollieren können, seien sozial geächtet worden, und durch die sexuelle Partnerwahl sei ihre Zahl kleiner geworden. 17
    Man kann Monogamie unter anderem als gesellschaftliche Institution verstehen, als von der Gesellschaft aufgezwungenes Verhalten. »Gesellschaft« sind die Regeln, die durch sozialen Druck durchgesetzt werden. Sozialer Druck unterwirft das gespiegelte Selbstempfinden der Kontrolle einer bestimmten Gruppe. Sozialer Druck nutzt Ihre Fähigkeit, die

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