Intimitaet und Verlangen
eingehandelt hat.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass auch stark differenzierte Menschen sich oft Monogamie wünschen. Allerdings hat das bei ihnen andere Gründe; und die Monogamie »funktioniert« bei ihnen auch anders.
Wenn Sie sich nicht aus eigener Kraft stabilisieren können, schwächt Monogamie das sexuelle Verlangen
Monogamie verwandelt Probleme, die mit dem sexuellen Verlangen zusammenhängen, in eine Pattsituation, weil sie keine alternativen Möglichkeiten sexueller Aktivität zulässt. Und wenn die Vier Aspekte bei einem Menschen schwachausgebildet sind, kann er mit dieser Situation nicht gut umgehen. Monogamie verstärkt den »Zusammengehörigkeitsdruck«, der bei Paaren im Zustand emotionaler Verschmelzung besteht. AuÃerdem erhöht sie die Gefahr, dass in der Beziehung aufgrund anderer Probleme Pattsituationen entstehen. Und weil das emotionale Patt (aus welchem Grund es auch bestehen mag) die Unterschiedlichkeit des Verlangens beider Partner verstärkt, sind sie besonders anfällig für entsprechende Probleme.
Viele Paarbeziehungen beginnen auf diese Weise und bleiben während ihres gesamten Bestehens so. Bei Karen und Julian bestand dieses typische Muster von Anfang an, doch irgendwann schlug Karens Reaktion in ein anderes verbreitetes Szenario um: Indem sie Julian nicht mehr hinterherlief, brachte sie zum Ausdruck: Steckâ dir deinen verdammten Sex doch sonstwohin! Karen hatte genug davon, sich zu demütigen, und wollte Julian nun zeigen, wozu sie fähig war. Ein Aspekt ihrer »besten Seite« meldete sich zu Wort und sagte: Ich werde mir das nicht mehr gefallen lassen! Doch ein anderer wichtiger Anteil von ihr sagte: Ich werde mir das zwar nicht mehr gefallen lassen, aber ich werde ihn auch nicht verlassen. Wenn du Krieg willst, Bürschchen, dann bekommst du jetzt Krieg. Und es wird ein langer und eiskalter Krieg werden.
Wie kann man eine solche emotionale Verschmelzung verringern? Nicht durch eine Affäre oder eine »offene Beziehung«. Sie müssen an den Vier Aspekten festhalten. Behalten Sie im Auge, was für Sie wirklich wichtig ist. Beruhigen Sie Geist und Herz, und entschärfen Sie Ihre Wut. Achten Sie auf maÃvolle Reaktionen. Handeln Sie weder impulsiv noch rachsüchtig. Indem Sie die Vier Aspekte stärken, verbessern Sie Ihre Fähigkeit zu gesundem Verlangen und verringern Ihre Bedürftigkeit und Ihre emotionale Abhängigkeit. Den Zustand der emotionalen Verschmelzung zu verringern und das Verlangen vor der völligen Vernichtung zu bewahren erfordert immer ein gewisses Maà an Vertrauen: Um dieses zu entwickeln, müssen Sie sich damit auseinandersetzen, was Sie tatsächlich tun â sich selbst und Ihrem Partner gegenüber.
Das Erreichen der kritischen Masse
In der Prähistorie gab es einmal den ersten Mann und die erste Frau, die herausfanden, dass ihr Partner absichtlich auf ihr gespiegeltes Selbstempfinden einzuwirken versuchte, um ihnen Schmerz zuzufügen. Wahrscheinlich ertrugen sie dies eine Weile, weil sie annahmen, dem anderen sei nicht klar, wie schmerzhaftdies für sie war. Sie zogen es vor zu denken, ihr Partner sei unsensibel und emotional taub. Doch wenn jemand sich in den Geist seines Partners einzufühlen versucht und ihm dann klar wird, dass dieser sich absichtlich so verhält, wie er sich verhält, verändert das die Situation meist drastisch. So war es bei Karen und Julian.
Das entscheidende Gespräch zwischen Julian und Karen begann in meinem Behandlungsraum mit Julians mittlerweile altbekanntem Vorwurf: »Wie konntest du bloà eine Affäre anfangen?« Karen antwortete darauf gewöhnlich: » Unsinn ! Das sagst du doch nur, um mich einzuschüchtern.« Diesmal jedoch klang die Antwort nicht wie ein Vorwurf, sondern eher so, als hätte sie ihre Aussage endlich als Tatsache akzeptiert. »Du willst dich nicht mit Sex auseinandersetzen.«
»Und du willst dich nicht mit deiner Affäre auseinandersetzen.« Julian versuchte herauszufinden, ob er sie noch »an der Angel« hatte.
»Unsinn, Julian. Du willst dich nicht mit Sex auseinandersetzen.«
Ich deutete auf Karen und sagte: »Sie hören sich selbst nicht zu.«
Julian versuchte, meine Bemerkung zu nutzen, um ihr »noch eins obendrauf« zu geben. »Sie hört mir doch auch nicht zu, Doktor.«
Ich sprach weiter mit Karen. »Warum
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