Intruder 5
hinein.
Stefan und Frank hatten natürlich nicht getan, was Strong ihnen befohlen hatte. Statt beim ersten Schuss loszufahren, warteten sie auf ihn, ungeduldig vo n einem Fuß auf den anderen tretend.
»Wieso seid ihr noch hier?«, fragte Mike. Er war selbst erstaunt, wie ruhig seine Stimme klang. Hinter seiner Stirn tobte die reinste Panik. Er war nicht in der Lage, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Dennoch war er äußerlich so ruhig, dass er fast selbst vor sich erschrak. »Strong hat doch gesagt, ihr sollt verschwinden, sobald ihr ihn schießen hört.«
»Er hat von einem Schuss gesprochen«, sagte Stefan. »Aber es waren mehrere.«
»Was ist passiert?«, wollte Frank wissen. »Wo ist Strong?«
»Tot«, antwortete Mike. Wieder war er erstaunt, wie glatt ihm dieses Wort über die Lippen ging. Wieso hatte man eigentlich ein so harmloses Wort für eine so grässliche Sache gewählt?
»Tot?«, wiederholte Stefan fassungslos. »Was ist passiert?«
»Und die Indianer?«, setzte Frank nach.
»Die hat es auch erwischt«, antwortete Mike. Oder vielleicht doch nicht? Möglicherweise lebte die Frau ja noch und lag jetzt dort unten im Wald, schwer verletzt und langsam und qualvoll verblutend. Vielleicht litt sie unerträgliche Schmerzen und bettelte um den Tod, der einfach nicht kommen wollte. Und auch das war seine Schuld.
»Strong hat sie erschossen«, fuhr er fort. »Aber vorher haben sie ihn erledigt.«
Frank war leichenblass geworden. Er sagt e nichts, sondern starrte aus weit aufgerissenen Augen in die Richtung, aus der Mike gekommen war, als erwarte er jeden Moment, Strong durch die Tür treten zu sehen.
»Bist du sicher?«, fragte Stefan nervös. »Ich meine: Ist er wirklich tot, nicht nur verletzt?«
»Er ist tot«, beharrte Mike. »Genau wie die Indianer. Beide.«
Sie mussten einfach tot sein. Allerdings hatte er nicht nachgesehen, und seine Erfahrungen mit Sterbenden waren auch nicht gerade zahlreich - bis jetzt. Konnte er sich wirklich sicher sein? Alles andere machte jedoch keinen Sinn.
»Was genau ist passiert?«, bohrte Frank nach.
»Sie haben sich gegenseitig umgebracht, das ist passiert!«, fuhr Mike in so scharfem Ton auf, dass Frank überrascht blinzelte und instinktiv einen halben Schritt zurückwich. Auch Stefan sah ihn verwirrt an. Mike erkannte, dass er nur deshalb so heftig reagierte, um sich selbst zu überzeugen, um seine eigenen Zweifel auszuräumen.
»Sie haben uns aufgelauert«, fuhr er in etwas ruhigerem Ton fort. »Vielleicht haben sie gewusst, dass wir kommen. Ich weiß es nicht. Es ... es ging unglaublich schnell.«
»Und der Wagen?«, fragte Stefan. »Habt ihr ihn außer Gefecht gesetzt?«
Mike sah ihn fragend an. Er konnte sich nicht erinnern, dass Strong irgendetwas von seinem Vorhaben erzählt hatte, bevor sie das Haus verließen. Aber er konnte sich im Grunde an gar nichts erinnern. In seinen Gedanken herrschte noch immer das reinste Chaos.
»Wer sollte sich jetzt noch hinters Steuer dieses verdammten Vans klemmen, um uns aufzuhalten?« Frank lachte bitter auf.
»Wenn Mike Recht hat, hat Strong seinen Job als Superheld zu Ende gebracht, bevor es ihn selbst erwischt hat. Es ist zum Kotzen.«
»Heißt das etwa, dass wir ... es geschafft haben?«, fragte Stefan zögernd.
»Ganz so würde ich das nicht formulieren«, schnappte Frank.
»Hier liegen immerhin vier Tote herum.« Er verbesserte sich.
»Fünf. Es ist noch nicht vorbei.«
Stefan legte den Kopf auf die Seite und kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Du denkst doch nicht etwa daran, auf die Cops zu warten?«
Frank schwieg.
»Aber das wäre vollkommener Wahnsinn!«, keuchte Stefan.
»Wie willst du das hier irgendjemandem erklären?«
»Und was willst du dann tun?«, fragte Frank.
»Was schon? Wir verschwinden! Plan B. Niemand weiß, dass wir hier waren. Wenn wir es niemandem verraten, dann bringt uns auch niemand mit dieser Schweinerei in Verbindung.«
»Immerhin sind hier fünf Menschen gestorben«, sagte Frank.
»War das etwa unsere Schuld?« Stefan machte eine zornige Geste. »Strong wollte seinen privaten kleinen Krieg, und den hat er bekommen, basta. Ich denke nicht daran, die Scheiße auszubaden, die er angerichtet hat.«
Frank sagte nichts. Man konnte ihm ansehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Auch Mike schwieg, aber er dachte an die junge Frau, die unten im Wald lag und vielleicht qualvoll verblutete.
»Wir verschwinden«, sagte Stefan noch einmal. »Und am besten,
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