Intruder 5
anlegt.«
»Vielleicht hat er sich ja halbwegs beruhigt, wenn er zurückkommt«, sagte Stefan nervös.
»Darauf würde ich mich nicht verlassen. Der Typ ist doch komplett aus dem Ruder gelaufen.« Frank fuhr sich mit dem Handrücken unter der Nase entlang und schien ein wenig überrascht, kein Blut auf seinen Fingern zu sehen, als er sie anschließend betrachtete. »Abgesehen davon ist er ein Sadist, dem es Spaß macht, andere zu quälen. Aber keine Angst, er wird uns schon nicht umbringen. Schließlich will er noch etwas von uns.«
»Geld«, vermutete Mike.
»Und zwar eine Menge«, seufzte Frank. Er begann, sein Gesicht mit spitzen Fingern zu betasten. »Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, das Ganze von Anfang an anders anzupacken. Ich verstehe es selbst nicht ...
Manchmal bekommen die Dinge schon eine erschreckende Eigendynamik.«
In dem Ton, in dem er dies sagte, schwang etwas mit, das Mike nicht zu deuten vermochte. Er nickte langsam. »Wir hätten diese verdammten Indianer gleich bezahlen sollen.«
»Du meinst, weil sie mit Strong und Bannermann von Anfang an unter einer Decke gesteckt haben könnten?« Frank schüttelte seufzend den Kopf. »Wir standen doch schon auf ihrer Liste, bevor wir aus dem Flugzeug gestiegen sind. Und wir Idioten sind auch noch freiwillig ...«
Er stockte. Seine Augen wurden groß. Im ersten Moment glaubte Mike, dass er ihn anstarrte. Dann begriff er, dass dies nicht der Fall war. Frank stand mit einem Ruck auf, trat ganz dicht an das Gitter heran und streckte den Arm durch die Stäbe.
Als er die Tür zu Mikes Zelle berührte, schwang sie mit einem leisen Quietschen nach außen. Das Schloss war nicht eingerastet, als Bannermann die Tür hinter sich zugeworfen hatte.
»Das nenne ich Glück!« Stefan rüttelte probehalber an den Stäben seiner eigenen Zelle, aber sie rührten sie nicht. »Worauf wartest du?«
Mike erhob sich zögernd. Der Anblick der offen stehenden Tür erschien ihm so absurd, dass er sie einfach nur anstarren konnte, ohne zu begreifen, was er da sah. Im nächsten Moment war er felsenfest davon überzeugt, dass es sich um eine Falle handeln musste, nur um eine Falle handeln konnte. Zweifellos standen Bannermann und sein Deputy hinter der nächsten Tür und warteten darauf, dass er die Zelle verließ. Auf der Flucht erschossen, Peng und aus.
»Worauf wartest du?«, fragte Stefan noch einmal. »Los! Wer weiß, wann die Kerle zurückkommen!«
Zögernd setzte Mike sich in Bewegung. Bevor er die Zelle endgültig verließ, berührte er prüfend das Schloss. Der Riegel bewegte sich, wenn auch nur widerwillig und gegen einen spürbaren Widerstand. Wahrscheinlich war das Schloss so lange nicht mehr benutzt worden, dass es halb eingerostet war.
»Sieh draußen nach!«, verlangte Stefan. »Vielleicht hat Bannermann den Schlüssel irgendwo liegen lassen.«
Oder er wartet mit durchgeladenem Gewehr draußen im Büro auf mich, dachte Mike. Bestimmt wartet er dort draußen. Er wird mich nicht hier drinnen erschießen. Nicht vor Zeugen.
Dem ersten Wunder folgte ein zweites. Auch die Tür zu Bannermanns Büro war nicht abgeschlossen und schwang gehorsam nach außen auf, als Mike die Klinke herunterdrückte.
Und diesem zweiten Wunder folgte sogar noch ein drittes: Das Büro war dunkel und leer. Weder Bannermann noch sein Deputy warteten auf ihn.
»Die Schlüssel«, drängte Stefan aus seiner Zelle heraus.
»Sieh auf dem Schreibtisch nach.«
Mike ging zögernd und mit klopfendem Herzen durch den winzigen Raum, doch das vierte Wunder in Serie, auf das er hoffte, blieb aus.
Der Schreibtisch war, bis auf den überquellenden Radkappen-Aschenbecher und ein altmodisches Telefon, leer.
Mike zog die Schubladen eine nach der anderen auf und durchwühlte sie, zuerst hastig und mit zitternden Fingern, dann noch einmal, gründlicher und mit noch stärker zitternden Händen, beide Male jedoch mit dem gleichen Ergebnis: Die Schlüssel waren nicht da. Natürlich nicht!
Sie hatten ja mit eigenen Augen gesehen, dass Bannermann sie in die Hosentasche gesteckt hatte.
Und dort waren sie wahrscheinlich jetzt noch. Trotzdem wollte Mike nichts unversucht lassen und suchte weiter.
Er wagte es nicht, Licht zu machen. Das Büro war allerdings so klein, dass er auch im allmählich verblassenden Grau der Dämmerung nur wenige Minuten brauchte, um es gründlich zu durchsuchen. Nichts.
»Keine Schlüssel«, sagte er, nachdem er zu den anderen zurückgegangen war. »Bannermann hat sie
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