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Intruder 6

Intruder 6

Titel: Intruder 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Mike konnte sich nicht erinnern, jemals einen Ausdruck von so vollkommen fassungsloser Verblüffung auf seinem Gesicht gesehen zu haben - aber auch Schrecken, der fast schon an Entsetzen grenzte. »Du ... du weißt ...?«
    »Ich weiß alles«, sagte Mike ruhig. Seltsam - er sollte seinen Triumph doch eigentlich auskosten. Er sollte innerlich jubilie-ren, doch das genaue Gegenteil war der Fall. Plötzlich kam er sich schäbig und mies vor, und er schämte sich dessen, was er getan hatte. »Und ich kann dich beruhigen: Bannermann und sein Deputy sind auch nicht tot. Niemandem ist etwas passiert.«
    »Aber ... aber woher ...?«
    Mike nippte an seiner Cola. Nicht, weil er Durst hatte, sondern nur, um Zeit zu gewinnen, und sei es nur eine einzige Sekunde. Er hatte sich jedes Wort zurechtgelegt. Er hatte diesen Moment in vollen Zügen genießen wollen, hatte sich eine lange und fantastische und doch überzeugende Geschichte ausgedacht, um es den beiden heimzuzahlen und ihnen zu beweisen, dass er ihren infantilen Plan von der ersten Sekunde an durchscha ut hatte. Aber plötzlich wusste er, wie dumm das wäre. Er hatte dieses grausame Spiel schon viel zu weit getrieben. Plötzlich wollte er nur noch die Wahrheit sagen. Es zu Ende bringen, ganz egal, wie.
    »Um ehrlich zu sein, es war ein Zufall«, sagte er. »Als ich euch gestern Abend aus der Zelle holen sollte - ich bin nicht verschwunden, weil Bannermann mich fast erwischt hätte. Ich bin in den Schuppen gegangen. Ich hatte Licht gesehen und dachte mir, es wäre eine gute Idee, Bannermanns Streifenwagen zu sabotieren, damit sie uns nicht verfolgen und gleich wieder einsperren oder sofort über den Haufen schießen können.«
    Frank starrte ihn an. Sein Gesicht war jetzt zu einer ausdruckslosen Maske erstarrt, aber in seinem Blick lag etwas, das Mike beinahe Angst machte.
    »Ich hatte den Wagen schon gefunden und außer Gefecht gesetzt, als ich Stimmen hörte«, fuhr er fort. »Frag mich nicht, warum. Ich weiß, dass ich eigentlich viel zu feige für so etwas bin, aber plötzlich wollte ich der Sache ein Ende bereiten. Ich habe das Gewehr aus dem Streifenwagen geholt und bin hingegangen.«
    »Und dort ...?«
    »Eure Freunde haben mich offenbar auch unterschätzt.« Erst als er die Worte ausgesprochen hatte, wurde Mike klar, dass sie wie ein Vorwurf klangen. Das hatte er nicht gewollt. »Sie saßen alle zusammen und amüsierten sich köstlich. Das war wahrscheinlich der gefährlichste Moment, weißt du? Ich meine: Ich hatte immerhin eine geladene, scharfe Waffe in der Hand. Und um ehrlich zu sein: Ich wäre fast gestorben vor Angst. Vor allem, als sich Strong zu mir umdrehte und ...«

    *

    »... ach du heilige Scheiße!«, sagte Strong.
    Mike war immer noch wie gelähmt. Seine Gedanken rasten.
    Alles, was er spürte, war eine unglaubliche Verwirrung und eine Mischung aus Angst und Wut, die alles noch schlimmer machte. Seine Hände zitterten. Die Waffe schien plötzlich einen Zentner zu wiegen. Zugleich spürte er die entsetzliche Verlockung, die sie bot. Er war halb wahnsinnig vor Angst. Er verstand einfach nicht, was hier vorging. Da war eine Stimme in ihm, die ihm zuschrie, dass er nur eine einzige, verzweifelte Chance hatte: nämlich abzudrücken und das gesamte Magazin der Pumpgun in den Raum vor sich zu entleeren.
    Dass es nicht dazu kam, lag nicht an seiner Vernunft, sondern einzig daran, dass er so vollkommen verwirrt und fassungslos war, dass ihm selbst für diese winzige Bewegung die Energie fehlte.
    »Tun Sie jetzt bitte nichts Unüberlegtes!«, sagte Strong ruhig.
    Der Gewehrlauf in Mikes Hand schwankte. Er spürte mit einem kalten, sonderbar distanzierten Entsetzen, wie sich sein Finger langsam um den Abzug krümmte, ohne dass er in der Lage gewesen wäre, die Bewegung zu stoppen.
    Langsam, unendlich langsam und vorsichtig, stand Strong auf und drehte sich ganz in Mikes Richtung - er hatte beide Arme bis in Hüfthöhe erhoben und die Hände mit nach oben gedreh-ten Handflächen ausgestreckt, um zu zeigen, dass sie leer waren. Auf seinem Gesicht lag ein sehr konzentrierter Ausdruck; keine Angst, aber doch eine gehörige Portion Respekt.
    »Bitte, Mike«, sagte er. »Tun Sie jetzt nichts Unüberlegtes. Ich kann das alles erklären.«
    »Ach?« Selbst dieses eine Wort auszusprechen kostete Mike schier unendliche Mühe. Das Gewehr in seiner Hand schien immer schwerer zu werden. Er hatte das Gefühl, dass der Raum ganz langsam begann, sich um ihn zu drehen.
    »Bitte

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