Intruder 6
Welt sollte das denn jetzt wieder?«, murmelte er.
»Gar nichts«, sagte Strong. »Der Kerl macht sich wichtig, das ist alles. Er versucht, euch einzuschüchtern.«
»Den Eindruck hatte ich eigentlich nicht«, meinte Frank.
»Ja, und genau das wollte er erreichen.« Strong machte ein ärgerliches Gesicht, überlegte eine Sekunde und stand dann mit einem Ruck auf. »Macht euch keine Sorgen. Ich schaffe euch den Kerl vom Hals. Jetzt, auf der Stelle.« Er schob seinen Stuhl zurück und gab seinem Begleiter einen Wink, woraufhin auch dieser sich rasch erhob. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, folgten sie Jennings.
»Wenn Sie Stefan sehen ...«, begann Frank.
»Schicke ich ihn zu Ihnen«, brummte Strong, ohne sich umzublicken.
Frank schüttelte den Kopf. »Weißt du, allmählich glaube ich, du hast Recht. Es war eine Schnapsidee, uns mit diesem Idioten einzulassen.«
Anscheinend erwartete er Zus timmung von Mike; vielleicht sogar so etwas wie Absolution. Mike blickte ihn jedoch nur schweigend an, und nach einer Weile senkte Frank nervös den Blick, nippte ohne große Begeisterung an seinem Bier und sah dann demonstrativ an Mike vorbei auf die still daliegende Wasserfläche hinaus. »Wo bleibt Stefan?«, murmelte er. »Die Show geht gleich los.«
»Was für eine Show eigentlich?«, erkundigte sich Mike.
Automatisch sah auch er in die gleiche Richtung wie Frank, konnte auf der anderen Seite der Glasscheibe jedoch absolut nichts Außergewöhnliches erkennen. Der Pool lag vollkommen ruhig und regungslos da, von sicherlich zwei Dutzend großer Scheinwerfer in helles und dennoch sehr mildes Licht getaucht.
Irgendwo am jenseitigen Ufer schien sich etwas zu bewegen, aber Mike war nicht sicher, ob es nicht nur ein Schatten war.
Oder vielleicht auch eine schmale Gestalt mit schulterlangem grauen Haar, die ihn anstarrte.
Er verscheuchte den Gedanken hastig und wandte sich wieder Frank zu. »Ich sehe hier nichts von einer Sho w.«
Frank grinste. »Lass dich überraschen!«
Mike tat ihm nicht den Gefallen, noch einmal nachzubohren.
Stattdessen fragte er sich erneut, wo Stefan blieb. Streit hin oder her, im Grunde war Stefan ein sehr zuverlässiger Mensch, und er war vor allem ein erwachsener Mann, dem vielleicht die Nerven durchgehen mochten, der sich aber nicht schmollend in eine Ecke zurückzog und den Beleidigten spielte. Wenigstens hoffte Mike das.
In diesem Augenblick deutete Frank abermals auf die Gla sscheibe und sagte: »Es geht los.«
Mike drehte sich mitsamt seines Stuhles so herum, dass er einen freien Blick auf das Bassin hatte, ohne sich den Hals verrenken zu müssen. Im ersten Augenblick schien sich das Bild auf der anderen Seite der Glasscheibe gar nicht verändert zu haben, dann aber sah er, was Frank meinte: Vom anderen Ufer des künstlich angelegten Sees her wehten dichte Nebel-schwaden über das Wasser. Das Licht der Scheinwerfer hatte seine Farbe geändert, sodass der künstliche Nebel von innen heraus in einem unheimlichen, roten und gelben, manchmal bläulichen Schimmer zu leuchten schien. Aus versteckt ange-brachten Lautsprechern drang das Heulen von Sturmböen, dann ein düsteres Knarren und Ächzen; Geräusche, die ein uraltes Schiff von sich geben mochte, das im Morgennebel heranglitt wie ein Gespenst, ausgespien von der Nacht.
Und dann tauchte tatsächlich ein Schiff auf. Obwohl Mike Großartiges erwartet hatte - vor allem, nach Franks geheimnis-vollen Andeutungen -, war er im ersten Moment regelrecht fassungslos. Aus dem künstlichen Nebel schob sich ein ausgewachsenes Piratenschiff mit dem stolzen Namen Hispaniola.
Es musste gut zwölf, wenn nicht fünfzehn Meter lang sein, war einer spanischen Galeone nachgebildet und mit sicherlich zwei Dutzend in schreiend bunte Piratenkleider gehüllte Männern bemannt. Die Segel hingen schlaff von den Rahen, trotzdem glitt das Schiff immer schneller auf die Glasfront der Hotelter-rasse zu und schwenkte erst im buchstäblich allerletzten Moment zur Seite.
»Fantastisch, nicht?« In Franks Stimme schwang so etwas wie Besitzerstolz. »Habe ich zu viel versprochen?«
»Nein«, antwortete Mike, ohne den Blick von dem immer näher kommenden und größer werdenden Piratenschiff zu wenden. Es gab nicht allzu viel, was ihn in Erstaunen versetzen konnte, aber das hier gehörte eindeutig dazu. »Wie machen sie das?«
»Ich nehme an, das Schiff fährt auf Schienen, die unsichtbar unter der Wasseroberfläche angebracht sind«, antwortete Frank. Er lachte
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