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Intrusion

Intrusion

Titel: Intrusion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Elliott
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Ein Zettel mit einer Botschaft war an die Wand neben der Tür geheftet. An die Innenwand des Raumes, zu dem nur Torak Schlüssel besaß und den niemand außer ihm betreten konnte!
    Er riss den Zettel ab und erkannte sofort die makellose Schrift des Meuchelmörders:
    Wusstest du, dass ich auch diese Schlösser knacken könnte?
    Toraks Hände wetteiferten darum, die Notiz zu zerfetzen. »Ja, Botschaft angekommen, Mörderherz!«, schrie er. »Und sehr wohl verstanden. Du gönnst mir mein blödes altes Gemach und meine Schlüsselgewalt darüber, solange ich nicht auf dumme Gedanken komme und meinen Status vergesse, was? Erinnerst mich wieder mal daran, dass ich sterblich und bisher nur kraft deiner Gunst und Gnade am Leben geblieben bin. Danke, Slythe! Sei versichert, dass du uns gebührend eingeschüchtert hast und wir von nun an ängstlich zusammenzucken werden, wenn sich irgendwo ein Schatten regt!«
    »Wie hat er es bloß geschafft, die Tür wieder von außen zu versperren?«, fragte die Schlange. »Ich bin beeindruckt.«
    Torak ließ seine Blicke flüchtig durch das Gemach wandern, um sich zu vergewissern, dass der Meuchelmörder nicht in irgendeinem Winkel lauerte. Das Fenster stand offen. Der Unhold hatte die senkrechte Außenmauer des Schlosses erklommen und war in das Gemach eingestiegen. Der Gedanke machte Torak schwindlig. »Still!«, fauchte er. »Ich habe genug von deiner Schadenfreude! Meine Verärgerung bereitet dir Genuss!«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Du triefst geradezu vor Genuss und heimlicher Schadenfreude! Kein Wort mehr, Kretin! Kein einziges Wort!«
    Er ging zu der Kammer aus Glas und Metall und drehte zwei Zapfhähne über den dünnen Schläuchen zu, die seitlich aus der Kammer ragten. In ein breites Holzschaff tröpfelte Toraks privater Vorrat an flüssigem Licht, den er für »Forschungszwecke« beanspruchte. Zwei Bottiche links und rechts davon waren randvoll mit seinem Anteil der vergangenen Nacht gefüllt und warteten auf ihre weitere Verwendung. Da das Licht in den großen Behältern schwerelos war, konnte er sie selbst befördern, und so blieb sein Tun überwiegend geheim. Momentan benötigte er eine ganze Tagesration, um seine Kreationen lebendig und real zu erhalten, Kreationen wie den Triumphwagen des Herzogs und die Schlange, mit der er unterwegs seine Gedanken austauschte und lange Gespräche führte. Torak entwarf in seiner Freizeit viele ehrgeizige Projekte, die meisten zu seinem Vergnügen, einige aber auch für praktische Zwecke. Er hatte vor, sie alle zum Leben zu erwecken, ein Schöpfer, der Licht anstatt Lehm formte.
    Der Meuchelmörder hatte wahrscheinlich recht, wenn er ihm zu verstehen gab, dass seine Freiheit nicht grenzenlos war. Er hatte entdeckt, dass man – unter anderem – Lebewesen entwerfen konnte, aber dieser Prozess war ungeheuer kostspielig. Die Erschaffung eines einzigen künstlichen Menschen kostete so viel wie der Unterhalt von hundert natürlichen Menschen. Die Energie, die Torak nachts für seine privaten Zwecke abzweigte, war längst außer Kontrolle geraten. Wahrscheinlich hatte er zahlreiche unterirdische Energieadern abgeschnitten und auf diese Weise viele ferne Länder ausgehungert und ausgerottet. Sein kleines Geheimnis.
    Torak wusste auch von dem Phänomen, das die Soldaten als »Wall« bezeichneten. Und er hegte den Verdacht, dass er selbst diese Bedrohung verursacht hatte, als er den fernen Ländern ihre Energie entzog. Er konnte nicht ahnen, dass Gelehrte und Philosophen bereits Bücher über diese Barriere verfasst hatten, als sie sich noch weit weg von Schloss Eisennetz befand. Dass sie den Wall lange vor Toraks Geburt vorhergesagt hatten, zu einer Zeit, da die Welt noch viel größer gewesen war.
    Die Weltenmacher-Kirche hatte jene Bücher, in denen der Wall noch »das Vergessen« hieß, längst verboten und verbrannt.
    Wie gewohnt wartete Torak ab, bis der letzte Tropfen weißen Lichts durch die Kammer geflossen war, ehe er sich dorthin zurückzog, wo er den Großteil seiner freien Zeit verbrachte, an den Ort, von dem er seit seiner Kindheit geträumt hatte, nach dem er sich gesehnt hatte, ohne zu ahnen, dass es ihm eines Tages gelingen würde, ihn zu verwirklichen.
    Sein Refugium hatte die Größe eines geräumigen Gemachs. Schlichte Holzstühle waren entlang der Wände aufgereiht. Sie umrahmten eine üppige Liege in der Mitte des Zimmers, auf der Torak nun seine langen, hageren Glieder ausstreckte, die Augen geschlossen und die Hände über

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