Invasion 01 - Der Aufmarsch
leise. Er klammerte den Tornister an die Schiffshaut an und setzte dann eine zusätzliche Klammer, um ganz sicher zu gehen. »Maximale Priorität. Nuklear-Detonation dreißig Sekunden. Gegenwärtige Koordinaten.«
»Ja, Sir.«
Er schwang sich nach draußen, immer noch mit einer Hand an das Schiff geklammert, und hakte den Finger durch den Ring der altmodischen Handgranate, die er von dem französischen Posten ›ausgeborgt‹ hatte. Ihm selbst waren inzwischen schon längst die Timer und im Übrigen auch die Sprengkapseln ausgegangen.
»Michelle.«
»Ja, Lieutenant.«
»War schön, mit dir zu arbeiten«, sagte er und sah zu wie der Balken, der die verstreichende Zeit anzeigte, nach unten kroch.
»Danke, Sir.«
»Stelle den Brief an meine Frau ins Netz, lade, was in dir steckt, in die Kommandofrequenz hinunter und sag bitte dem Platoon, sie sollen zusehen, dass sie irgendwo unterkommen. Was hier zu tun ist, ist geschehen.«
»Bereits geschehen, Sir. Kernwarnungsprotokolle verlangen sofortigen Daten-Download. War schön, für Sie zu arbeiten. Möge der Alldenata Sie bewahren.«
»Danke.« Plötzlich spürte er durch die Haut des Schiffes eine Reihe von Detonationen, als eine Salve abprallender HVM-Nadeln auf ihn zu wanderte. Sein Panzer krachte gegen die Schiffswand und klapperte wie eine Erbse in einer Blechdose. Er spürte, wie das Trägheitsdämpfungssystem ausfiel.
» Michelle? «, rief er, als die Anzugsysteme ohne jede Warnung plötzlich aussetzten. Nur sein schraubstockartiger Griff verhinderte, dass der Metallhandschuh an seiner rechten Hand vom Griff der Klammer glitt. Das Schiff begann jäh abzustürzen, wandte die Fläche, an der er klebte, einer Masse von Posleen zu, die unter ihm jetzt auf die Dächer strömten.
» Warnung, Warnung! «, sagte eine etwas lallende metallische Stimme, die ihm seltsam vertraut vorkam, denn es war der Anzug, eine Ableitung seiner eigenen Stimme. »Anzugausfall steht unmittelbar bevor! Anzugausfall steht unmittelbar bevor! AID-Schaden: einhundert Prozent, Uniweitschaden: einhundert Prozent, Energiesysteme: Notschaltung. Ausfall Energiesystem zwanzig Sekunden!« Der Beschuss der Posleen prasselte weiter auf ihn, und er spürte ein Zerren an seinem Unterleib, als nur wenige Meter entfernt ein Hochgeschwindigkeitsprojektil in das Schiff krachte. Jetzt oder nie, das war ihm klar.
»Ich liebe dich, Honey«, sagte er und ließ die Klammer los; der Splint der Handgranate blieb in seiner Hand. Als er nach draußen und unten jagte, übersteuerte er die Anzugsysteme von Hand und schaltete den Anzug auf maximalen Trägheitsschutz. Die Wahrscheinlichkeit war gering, aber, zum Teufel, man konnte es ja zumindest probieren …
Az'al'endai hieb auf die Konsole und trompetete triumphierend.
»Diese Threshkreen brennen unter meinen Krallen!«, brüllte er und sah sich nach Arttanalath, seinem Kastellan, um. Der schüchterne Kessentai schüttelte seinen Saurierkopf hin und her, als die Bildschirme den Raum mit dem Licht des untergehenden Zentralgestirns füllten.
»Du treibst sie zu hart an, Kenellai. Diese Thresh sind so raffiniert wie die Alld'nt.«
»Unsinn«, schnaubte der Brigadekommandant geringschätzig. Er stellte seinen Kamm auf und schüttelte den Kopf. »Du bist ein alter zahnloser Narr.« Er feuerte eine weitere Salve aus den Plasmahauptgeschützen auf die hin und her schießenden Anzüge. Es war, als würde man mit einem Schneidbrenner gegen Flöhe kämpfen, aber er erwischte zwei von ihnen.
»Sieh doch, wie diese in Metall gehüllten Thresh brennen! Wie Sterne am Nachthimmel!« Die meisten Stationen im Kontrollraum waren leer, aber das war normal; die Schiffe waren so gebaut, dass auch ein einziger Gottkönig sie steuern konnte. Die Tatsache, dass der Ausgang der Schlacht fast ausschließlich von Entscheidungen recht eigenwillig programmierter Computer abhing, kam dem Kessentai nie in den Sinn. Das Schiff flog eben so, wie es flog. Sie begriffen es ebenso wenig wie ein Schimpanse keine Ahnung vom Fernsehen hat. Es funktioniert. Ich kann den Kanal wechseln. Voilà.
»Az'al'endaü«, rief es aus einem Seitenkanal. Das war diese dreimal verdammte Welpe Tulo'stenaloor.
»Was willst du?«, schimpfte der Kommandant. »Zuerst tötest du meinen Eson'antai, dann vernichtest du meine Oolton, dann fliehst du und dann …«
»Az'al'endai, sei ruhig!«, brüllte der ungeduldige Bataillonskommandant. »Du hast einen Metall-Thresh-kreen an der Außenwand des Oolt' Posleen! Er
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