Invasion 02 - Der Angriff
Truppenkommandeur auf Diess war freilich nicht von gestern und hatte beschlossen, die Schiffe zu versteigern; von der Reaktion war er mehr als nur ein wenig überrascht gewesen. Interplanetarische wie interstellare Schiffe waren wegen der niedrigen Produktionsrate und der hohen Kriegsverluste äußerst knapp. Bis zur Stunde war weniger als die Hälfte der Schiffe verkauft worden, doch hatte der Erlös dafür die »Zahlung« der Föderation für sämtliche NATO-Streitkräfte wesentlich überstiegen.
Allerdings sah das Reglement der Föderation auch vor, dass der Ertrag gemäß einem komplizierten Schema »geteilt« wurde. Eine dieser Vorschriften bezog sich auf »außergewöhnliche Maßnahmen«. Da es unwahrscheinlich war, dass ohne die Maßnahmen O’Neals und seines Platoons auch nur ein einziges Schiff in menschliche Hände gefallen wäre, wurde ihnen ein bestimmter Prozentsatz des Ertrages jedes einzelnen Schiffs zugesprochen.
Mikes diesbezügliches Einkommen im vergangenen Jahr hatte das Bruttosozialprodukt vieler terranischer Länder erheblich überstiegen. Nicht, dass er damit auf den Keys sehr viel hätte anfangen können …
»Wo gibt’s denn Frühstück?«, fragte er, schlüpfte in Safarishorts mit unzähligen Taschen und streifte sich ein leichtes Baumwollhemd mit noch wesentlich mehr Taschen über.
»Drüben im Pub«, sagte sie und stellte die Blumen in eine Vase. »Die Leute hier verkaufen denen anscheinend Eier von frei laufenden Hühnern. Eines der meinen war, na ja … ein wenig rosa.«
Mike verzog das Gesicht. Seit sein Vater vor Jahrzehnten das Eiergeschäft aufgegeben hatte, hatte er keine befruchteten Eier mehr gegessen. Er hatte gerade zu einer Antwort angesetzt, als er vom Hafen her einen schrillen Schrei hörte.
Sharon war nicht sicher, wo die Desert Eagle herkam, aber Mike war schon mit seiner .357 Automatik draußen, ehe sie noch zu einer Bewegung angesetzt hatte. Als sie hinter ihm her rannte, sah sie, wie er, immer noch mit gespreizten Beinen dastehend, die Waffe sinken ließ und ein wenig dümmlich grinste. Dann wurde ihr bewusst, dass der zweite schrille Schrei ihrer Tochter nicht etwa Angst, sondern überraschtes Entzücken ausdrückte. Sie brauchte einen Augenblick, bis sie das schnatternde Quieken erkannte, das darauf antwortete.
Cally, in Gesellschaft von Karen, der Besitzerin des Motels, kauerte an einem Ende des Bootsstegs und lieferte sich mit einem Delphin eine kleine Wasserschlacht. Dieser erwiderte jedes Quietschen der Kleinen mit einem Schnattern, und sie amüsierte sich offenbar großartig.
Mike stopfte sich die monströse Waffe in den Hosenbund und trat auf den Steg hinaus. Als Karen das Ächzen der Planken hörte, drehte sie sich zu ihm um und lächelte.
»’n Morgen, Schlafmütze«, sagte seine Tochter und richtete sich auf.
Der Delphin protestierte, als sie Anstalten machte, ihn alleine zu lassen, aber Karen winkte bloß und warf ihm ein paar Fischbrocken zu. Der Tümmler fing sie geschickt auf und machte sich dann wieder daran, Cally weitere Leckerbissen abzuschmeicheln.
»Ein zahmer Delphin«, meinte Sharon und kniff die Augen gegen die grelle Morgensonne zusammen. »Gewöhnlich sind sie doch nicht so zutraulich, oder?«
»Nein«, räumte Karen ein. »Ich habe Shirlie abgerichtet.«
Sharon hob überrascht die Augenbrauen. »Wo? Sea World?«
»Nein«, antwortete die Frau mit einem Anflug von Bitterkeit. »Jedenfalls nicht mehr. Ich war am Forschungsinstitut für Meeressäuger in Marathon. In Wirklichkeit war das ja auch bloß so eine Touristenfalle, wo die Leute auf Delphinen reiten konnten, aber dagegen hatte ich nie was. Vorher war ich jahrelang bei Sea World und habe dort Delphine abgerichtet und ich glaube wirklich, dass wir dort gute Arbeit getan haben. Dass wir Stars aus ihnen gemacht haben, war sicherlich schuld daran, dass ihnen in all den Jahren nichts Schlimmes passiert ist. Himmel noch mal, wenn es so etwas wie Sea World nicht gäbe, würde sich doch keiner um Delphine oder Orcas scheren.«
»Und was hat Sie hierher verschlagen?«, fragte Sharon, während Mike zum Steg hinunterging, wo seine Tochter sich immer noch mit dem Tümmler unterhielt.
»Na ja, als keine Touristen mehr kamen, hat uns die Fischereibehörde aufgefordert, wir sollten alle unsere Schützlinge frei lassen. Es wäre nicht mehr möglich, Meeressäuger unter angemessenen Bedingungen zu halten und es sei daher besser, sie frei zu lassen.«
Mike drehte sich um und sah sie an.
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