Invasion 03: Der Gegenschlag
Frage, hoffentlich bin ich nicht indiskret. Wer ist ›Angie‹?«
Papa O'Neal verzog das Gesicht und zuckte die Achseln. »Angie ist die Frau, der Cally mindestens die Hälfte ihres guten Aussehens zu verdanken hat: meine Ex. Sie lebt in einer Kommune in Oregon, und zwar seit sie vierzig wurde und ihre echte Berufung erkannt hat. Für Wicca.«
… und tat Rührei, Speck und ein Brötchen auf ihren Teller und brachte ihn ihr.
»Eigentlich haben wir nie richtig zusammengepasst. Sie war so etwas wie ein naturverbundener Künstlertyp, und ich, na ja«, wieder zuckte er die Achseln. »Das Beste, was man über mich sagen könnte, ist, dass ich nie einen umgebracht habe, der es nicht auch verdient hat. Ihr hat das, was ich tat, nie gefallen , aber sie hat es ertragen, und mich auch. Zum Teil wahrscheinlich, weil ich häufig weg war und sie ganz nach ihrem Gusto leben konnte. Sie hat hier gelebt und übrigens auch hier Mike junior großgezogen. Pappi lebte damals noch, aber er hat praktisch in den Bergen gehaust, also konnte sie die Farm so führen, wie sie das wollte.
Wie auch immer, als ich schließlich nach Hause kam, kamen wir eine Weile miteinander aus, und dann fingen wir an zu streiten. Schließlich hat sie ihre ›wahre Berufung‹ erkannt, nämlich Priesterin zu sein, und ist in diese Kommune gegangen, und soweit mir bekannt ist, lebt sie dort glücklich und zufrieden.«
»Die ›Woodstock/Frieden durch überlegene Feuerkraft-Graffiti‹«, sagte Shari und lächelte.
»Aha, die haben Sie gesehen«, sagte O'Neal und lachte. »Ja. So waren wir. Sie war mächtig sauer, dass ich ihr das auf den Hintern gekritzelt habe. Aber ich habe gefunden, sie hätte einfach nicht so stoned sein dürfen, um mich zu lassen . Ich habe ihr gesagt , was ich da mache, und sie fand das total cool, und … na ja … damals fand sie das cool.«
»Also keine Großmutter, die aushelfen kann«, seufzte Shari. »Und jemand muss doch mal unter vier Augen mit Cally reden. So, wie Mädchen miteinander reden.«
»Vorausgesetzt, Sie finden sie«, sagte Papa O'Neal. »Ich habe sie den ganzen Vormittag nicht gesehen. Gehört habe ich sie; sie scheucht Ihre Kinder mit ihrer Exerzierplatzstimme herum. Aber gesehen habe ich sie nicht. Wir stehen gewöhnlich bei Morgendämmerung auf, aber sie war schon früher aus den Federn und draußen, ehe ich aufgestanden bin.«
»Ich dachte, Sie wollten heute Morgen aufstehen und das gemästete Schwein schlachten.« Shari lächelte versonnen. Die Eier und der Speck waren herrlich gewesen, und sie hatte viel größeren Appetit als gestern.
»Habe ich auch«, sagte O'Neal und grinste. »Es liegt auch schon auf dem Grill und brutzelt vor sich hin. Und normalerweise wäre Cally jetzt auch hier bei mir. Aber nicht heute Morgen; sie schlägt heute einen fünfzig Meter weiten Bogen um mich.«
Er hielt inne und rieb sich das Kinn und blickte dann verblüfft zur Decke auf.
»Einen fünfzig Meter weiten Bogen«, wiederholte er nachdenklich.
»Ich würde gerne wissen, was sie angestellt hat«, sagte Shari und grinste.
»Du musst es ihm sagen«, erklärte Shannon. »Du kannst dich nicht dein ganzes künftiges Leben lang verstecken.«
»Kann ich schon«, antwortete Cally. Sie beförderte eine neue Ladung Heu mit wesentlich mehr Schmackes, als dafür eigentlich notwendig gewesen wäre, per Heugabel in die Box. »Ich kann mich verstecken, solange ich das muss, sagen wir mal so.«
Die Scheune war riesengroß und ziemlich alt. Der ursprüngliche Bau war kurz nach dem Angriffskrieg der Nordstaaten gebaut worden, wie Papa O'Neal den amerikanischen Bürgerkrieg nannte. Es gab einige Pferdeboxen, einen Bereich, in dem die Kühe gemolken werden konnten, und einen großen Heuschober. An einer der Wände waren ein paar Ballen Heu aufgestapelt. Ein seltsam aussehendes Gewehr mit einer großen, flachen Trommel an der Oberseite, lehnte daran. Cally verließ das Haus nie unbewaffnet.
»Das ist eine ganz natürliche Sache«, wandte Shannon ein. Die Zehnjährige rutschte von dem Heustapel und hob einen Tonbrocken auf, der auf dem Boden lag. Sie wartete einen Augenblick, bis die Maus den Kopf wieder zum Loch herausstreckte, und warf dann den Brocken nach ihr. Er brach an der Mauer über dem Loch in Stücke, und die Maus verschwand. »Du hast ein Recht darauf, dein eigenes Leben zu leben.«
»Sicher, sag das mal Grandpa«, meinte Cally und zog einen Schmollmund.
» Was soll sie Grandpa sagen?«
Cally erstarrte und stieß
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