Invasion 04 - Die Rettung
einen muskulösen Körper und langes honigblondes Haar. Tatsächlich war sie den Dreißig näher als den Zwanzig und hatte bis vor kurzem im Koma gelegen. Wie sie sich von dem Koma erholt hatte, ihre Muskulatur, einige ungewöhnliche Fähigkeiten sowie eigentümliche Persönlichkeitszüge, die mit ihrer Genesung in Zusammenhang standen, waren alles Phänomene, die erst allmählich Aufklärung fanden.
In der kleinen Lichtung in den Bergen von North Carolina waren insgesamt zwei weitere erwachsene Frauen, zwei Soldaten und eine Gruppe von acht Kindern versammelt. Die Frauen und Kinder hatten sich in einer SubUrb befunden, einer unterirdischen Stadt, als die Posleen in das Rabun-Tal vorgedrungen waren und den größten Teil der Verteidiger dort verjagt hatten. Einer Kombination aus Glück und entschlossenem Handeln war es zuzuschreiben, dass die drei Frauen es geschafft hatten, in die tiefsten Bereiche der Urb vorzudringen, von wo aus sie planten, durch die Versorgungsschächte aus der Stadt zu fliehen, als sie dort zufällig auf eine versteckte Anlage gestoßen waren. Dort waren sie »aktualisiert« worden, die Anlage hatte ihre Wunden »repariert« und ihnen sowohl zusätzliche Kräfte wie auch einige grundlegende Fähigkeiten im Umgang mit Waffen vermittelt. Und außerdem hatten sie eine Fluchtroute gefunden.
Bei dem Versuch, in von Menschen kontrollierte Bereiche vorzudringen, waren sie zuerst von den vorrückenden Posleen abgeschnitten worden und dann auf die beiden Soldaten Jake Mosovich und David Mueller gestoßen. Jetzt, wo die nahe liegende Route für sie nicht mehr infrage kam, war die Frage, wohin sie gehen sollten.
»Sind wir uns also einig?«, fragte Elgars, wobei ihr Atem als weißer Hauch in der kalten Nachtluft hängen blieb. »Wir gehen zur O'Neal-Farm und machen uns über das Versteck her?«
»Ich sehe keine andere Wahl«, erwiderte Mueller. Er war ein Hüne von einem Mann, nicht nur groß, sondern auch mächtig breit, mit einem dünnen Schopf fast weißblonden Haars. Der Master Sergeant hatte vor der ersten Invasion bereits Posleen beschnüffelt und war dabei so oft mit dem Hintern in die Klemme geraten, dass er sich häufig fragte, warum in aller Welt er das immer noch machte. Aber bis jetzt hatte er sich noch nie den Kopf darüber zu zerbrechen brauchen, wie man drei Frauen und acht Kinder aus der Klemme herausholt. Und erschwerend kam in diesem Fall noch hinzu, dass zumindest die Kinder höchstwahrscheinlich erfrieren würden, wenn nicht bald etwas geschah.
»In der hydrologischen Station war nichts, was man hätte gebrauchen können.« Die Posleen hatten dort geplündert und dann alles zerstört. Sie hatten die Station zwar nicht dem Erdboden gleichgemacht, aber jedenfalls ausgeleert. Und das Gleiche galt für jedes andere Gebäude, in dem sie nachgesehen hatten.
Shari Reilly verzog das Gesicht. »Das sind noch fast fünfzehn Meilen«, sagte sie. »Selbst wenn wir die Kinder tragen, kann ich mir einfach nicht vorstellen, wie wir das schaffen sollen.«
Shari war zweiunddreißig gewesen, Kellnerin und allein erziehende Mutter von drei Kindern, als die Posleen in ihrer Heimatstadt Fredericksburg, Virginia, gelandet waren. Sie war eine der ganz wenigen Überlebenden jener Stadt und war mit ihren drei Kindern in einer der ersten Untergrundstädte angesiedelt worden. Die Urb war in einem abgelegenen Tal im Westen von North Carolina errichtet worden und dies trotz des Fehlens von Straßen zur Versorgung der Anlage. Aus zwei Gründen: es war unwahrscheinlich, dass die Posleen in so unwegsamem Gelände angreifen würden, und zum zweiten war der örtliche Kongressabgeordnete Vorsitzender des Bewilligungsausschusses.
Nachdem die Posleen sich fünf Jahre lang überall sonst blutige Köpfe geholt hatten, hatte sich herausgestellt, dass sie doch im Rabun-Tal angriffen. Und Shari Reilly war wiederum zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen.
Irgendwie symptomatisch für ihr ganzes Leben, fand sie.
»Ich würde gern wissen, was aus Cally und Papa O'Neal geworden ist«, erklärte Shari mit leiser Stimme. Die Gruppe hatte die O'Neal-Farm erst vor kurzem besucht, und sie und Papa O'Neal waren sehr gut miteinander ausgekommen, so gut, dass er sie und die Kinder aufgefordert hatte, zu ihm zu ziehen. Jetzt, wo die Posleen die Gegend überrannt hatten, war dieser Plan gegenstandslos, wie so viele andere in ihrem Leben. Trotzdem schien es ihr notwendig, etwas über das Schicksal der O'Neals zu
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