Invasion 05 - Heldentaten
wo das Gestein senkrecht nach unten abfiel, hielt er inne. Das Gras ragte vor ihm auf, und er war fast unsichtbar. Sobald er den Chamäleonschalter umlegte, war er effektiv unsichtbar.
Sein Visor zeigte ihm immer noch das Taktikdisplay, und er wartete, bereit, das Bild abzuschalten und stattdessen das eigentliche Teleskop zu benutzen, das an dem Fenster in der Sichtscheibe seines Scharfschützenhelms wartete. Er hatte das Gewehr in guter Position und drückte jetzt auf den Schalter, der das Zweibein ausfuhr. Die Teleskopbeine suchten die Oberfläche, spreizten ihre paddelähnlichen Füße, und dann stand das Gewehr wie eine Eins. Jetzt brauchte er nur noch zu warten.
Der Punkt bewegte sich nach Norden, näher zu der seichten Stelle, wo er sehen konnte, wie der schmale Bachlauf sich ausweitete und um die in der Sonne glitzernden Felsen plätscherte. Verdammt, dieses Wasser wirkte so kühl und einladend. Bald, tröstete er sich. Lass dich nicht ablenken.
Da! Eine schwache Andeutung von Tirdals Chamäleonhelm tauchte über dem Rand auf, nur eine kleine Wellenbewegung, aber Dagger wusste, was das bedeutete. Die Geschosse seiner Waffe konnten diesen weichen Sand mühelos durchschlagen. Wenn der erste Schuss bloß eine Verwundung erzeugte, so würde das nichts ausmachen. Sobald Tirdal langsamer wurde, würde Dagger in Stellung gehen und ihn dann Stück für Stück zerlegen. Oder vielleicht auch Ferret dazu bringen, dass der es für ihn erledigte; das würde dann weniger Mühe machen. Er fokussierte durch das Teleskop, durch das Ziel, atmete ein und entspannte sich, ließ den Atem teilweise entweichen, hielt ihn dann an und beobachtete das Bild. Tirdal schnitt die dritte Linie des Fadenkreuzes, das sollte als Vorhalt genügen. Die Schwingungen, die durch Daggers Zittern veranlasst wurden, waren fast nicht existent, selbst unter Berücksichtigung seines Zustands, und er drückte ab. Das Gewehr schlug zurück, ganz leicht, wie das Gauss-Waffen taten, zuckte und stabilisierte sich wieder fest. Das Krachen des Überschallflugs des Projektils war zu hören, verwundete Luft, die vergeblich versuchte, mit einem durch und durch unnatürlichen Ereignis Schritt zu halten, und in seinem Zielfernrohr konnte er die flache, kaum gekrümmte Flugbahn verfolgen, von der Hitze beschädigte Luftmoleküle, die sich auf dem Bildschirm abzeichneten. Erde flog am Ufer auf … und der kleine Mistkerl kippte weg!
16
Ferret hörte den Schuss. Er fiel nahe genug, um deutlich als Knall aufzufallen. Seine Sensoren zeigten an, dass der Schuss innerhalb eines Gitters von etwa hundert Metern Seitenlänge gefallen war. Und innerhalb dieses Gitters war Dagger. Wie nicht anders zu erwarten oben auf der Kammlinie. Aber ohne Zielfernrohr konnte er unmöglich einen Schuss auf ihn absetzen, der die Chance auf einen Treffer bot. Und einfach willkürlich herumballern kam nicht infrage, weil Dagger dann ja sofort die Energiequelle anpeilen konnte. Ärgerlich.
Immerhin konnte er das, was er in Erfahrung gebracht hatte, an Tirdal weiterleiten, in der Annahme, der Hoffnung, dass Tirdal noch am Leben war. Das würde ihm zeigen, wie die Dinge standen, und wenn sie beide gegen Dagger vorgingen, würden sie es vielleicht schaffen, ihn zur Flucht zu veranlassen. Außerdem würde es wieder dunkel werden müssen. Wenn sie zusätzlich ein wenig ausruhten, würde ihnen das den Vorteil verschaffen, den sie brauchten.
Aber vorausgesetzt, sie hatten Erfolg, würde Tirdal ein paar recht unangenehme Fragen glaubwürdig beantworten müssen.
Er fügte das Koordinatengitter einer Sendung bei und schickte sie an Tirdal. Dann schickte er das Gitter auch an Dagger, bloß um ihn wissen zu lassen, dass er beobachtet wurde. Ferret grinste, ein grimassenhaftes Lächeln, das ihm selbst Angst gemacht hätte. Schmerz, Angst, Müdigkeit und Schmutz verschafften ihm eine Visage, die selbst einer Hexe Furcht eingejagt hätte.
Tirdal spürte den Schuss und warf sich ins Wasser, das Artefakt flog davon. Die Kugel knallte an ihm vorbei, überschüttete ihn mit Sand und Grasspitzen. Das war so nahe gewesen, dass er es nicht nur gehört, sondern auch das Klatschen der Schockwelle verspürt hatte. Dann wurde ihm bewusst, dass ihn der Schuss getroffen hatte, sich durch seinen Rucksack und seine Schulter gebohrt hatte. Es war eine belanglose Wunde, aber sie würde äußerst schmerzhaft sein, da ja das ganze Gewicht des Rucksacks darauf lasten würde. Trotzdem, er durfte nicht zulassen, dass
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