Invasion 06 - Callys Krieg
Tisch standen jetzt vier Sessel, zwei für Indowy und zwei für Menschen. Im Augenblick waren drei davon besetzt, und Wilson hatte gerade ein Tablett mit Kaffee und mineralisiertem Wasser hereingebracht. O’Reilly sah Aelool mit hochgeschobener Augenbraue an.
»Sollten wir auf Roolnai warten oder anfangen?«, fragte er.
»Ich denke, es wäre besser, wenn wir beginnen. Clanhäuptling Roolnai ist indisponiert. Ich werde ihn später über unser Gespräch informieren.« Seine grünen Pelzfasern – in Wirklichkeit ein photosynthetischer Symbiont – fächelten schwach im Luftstrom der Klimaanlage.
Vitapetroni und O’Reilly wechselten Blicke. Dann sah der Psychiater zu Boden und schüttelte leicht den Kopf.
»Also, Doktor, womit genau haben wir es hier zu tun?« Der Priester nippte vorsichtig an seiner Tasse. Wilson war in vielen Dingen ausgesprochen tüchtig und verlässlich, aber Kaffee gelang ihm unterschiedlich. Manchmal war er zu kalt, manchmal kochend heiß. Wenn man zu hastig trank, konnte einem leicht passieren, dass man sich die Zunge verbrannte.
»Sie ist normal. Nun ja, für das, was wir aus ihr gemacht haben, so normal wie das eben möglich ist. Sie ist überarbeitet und konzentriert sich zu stark auf ihre Aufgabe. Sie braucht dringend einen längeren Urlaub, um zu heiraten und Kinder zu kriegen. Aber davon abgesehen hat sie völlig im Einklang mit ihrer Ausbildung und
ihrem Training gehandelt. Als Sie damals die Entscheidung über Petanes Sicherstellung getroffen haben, habe ich Ihnen gesagt, dass das zu Schwierigkeiten führen könnte. Miss O’Neal ist das, was wir aus ihr gemacht haben; sie hat nach den Regeln ihres Jobs gehandelt.« Der Doktor sah erst seine Hände an, blickte dann zu dem Priester auf und sah schließlich zu dem Aelool hinüber. Er zuckte die Achseln.
»Ich fürchte, dass dieses Beispiel eines erwartungsgemäß handelnden Menschen für meine Leute ein Problem sein könnte.« Aelools Augen blickten, wie es für seine Spezies charakteristisch, für ihn aber ungewöhnlich war, starr zu Boden.
»Miss O’Neal sagt, sie hätte den Mann nicht getötet, wenn sein Name entweder von der Zieleliste entfernt und nicht etwa nur wegen eines registrierten Todes deaktiviert worden wäre oder wenn er mehr als nur eine minimal wertvolle Informationsquelle gewesen wäre oder zumindest die Wahrscheinlichkeit hätte erkennen lassen, in Zukunft mehr als nur eine minimal wertvolle Informationsquelle zu sein. Ich neige dazu, ihr Glauben zu schenken«, gab Vitapetroni zu bedenken.
»Ja, Al, aber Tatsache ist und bleibt doch, dass sie ihn getötet hat, obwohl sie hinreichend Grund zu der Annahme haben musste, dass wir seine Tötung nicht wollten«, sagte O’Reilly.
»Die Wünsche und Bedürfnisse der Organisation sind für sie kein Regulativ. Das war eine sehr bewusste Entscheidung für alle Feldagenten ihrer Spezialität, mit der Zielsetzung, nicht dadurch die Effizienz von Agenten zu beeinträchtigen. Mit anderen Worten, wenn die Bane Sidhe eine Tötung anordnet und darüber unterschiedliche Ansichten herrschen, sollten diese unterschiedlichen Ansichten die Effizienz des Agenten nicht beeinträchtigen. Sie hat festgestellt, dass er nicht tot war, sie hat die Liste der Ermessensziele überprüft, sein Name befand sich auf ihr, und sie hat ihn getötet. Ebenso gut hätte sie eine Lenkwaffe sein können. Wir haben sie dazu ausgebildet,
gewisse Befehle zu befolgen. Sie hat sie befolgt. Ohne ihre persönlichen Gefühle hätte sie sich um Klärung bemühen können . Das hätte sie wahrscheinlich auch getan. Aber ich kann nicht nachdrücklich genug darauf hinweisen, dass man unseren Auftragskillern einfach nicht sagen darf, dass sie jemanden töten sollen, wenn Sie diese Tötung nicht wollen«, erklärte der Doktor.
»Bei euch Menschen gibt es einen Satz, der hier möglicherweise zutrifft. Etwas von Anwälten, die Häuser schützen?« Aelool sah die beiden Menschen ernst, beinahe würdevoll an.
»Winkeladvokaten. Sie glaubt wahrscheinlich, glaubt tatsächlich, dass sie sich wie einer verhalten hat. Aber sie ist ausdrücklich dafür ausgebildet, einige der psychologischen Aspekte eben dieser Ausbildung nicht wahrzunehmen. Beispielsweise die Unterdrückung des traumatischen Traumzyklus. Sie stellt sich nie ernsthaft die Frage, weshalb sie keine Albträume hat. Ihr freier Wille, jemanden auf der Zielliste nicht zu töten, dem sie begegnete oder der zu ihrer Kenntnis gelangte und den sie töten konnte, ohne
Weitere Kostenlose Bücher