Invasion aus dem Jenseits (German Edition)
warum? Ehebruch? Ein Gehei mnis, das sie nicht verraten wollte? War sie eine Diebin, eine Mörderin? War sie Besatzungstruppen in die Hände gefallen?
Bennos Fantasie schlug Purzelbäume. Das Gefühl der Hilflosi gkeit, des Verlassenseins, das ihn so unangemessen heftig überfallen hatte, das war nicht sein eigenes Gefühl gewesen, sondern ihres. Was sie im Angesicht des Todes empfunden hatte, all der Schmerz, all die Panik, die übermächtige Angst, das alles hing noch hier im Raum, still und stumm, bis ein menschlicher Resonanzkörper wie er davon in Schwingung versetzt wurde. In diesem Raum brachte die jenseitige Welt die diesseitige zum Klingen. Es war ein Wunder.
Die Erscheinung wandte sich ab von der Tür, verharrte kurz und schwebte dann in die Gege nrichtung. Das feine Leuchten ihrer Aura wurde intensiver und gab dem Raum erstmals Volumen für Benno. Das endlose schwarze Nichts zog sich zusammen auf ein rundes Loch aus rohen Steinmauern. Ketten mit geöffneten Hand- und Fußklammern hingen an Ringen in der Wand. In Wandhalter steckten heruntergebrannte Fackeln.
Ein Verlies!
Auf Höhe und gleich nebenan zum Wohnbereich?
Benno stutzte.
Und er stutzte noch mehr, als die Geisterfrau vor ihm begann zu zucken. Sie verlor an Gestalt, zerfaserte in weiße Lichtreflexe. Es sah aus, als ginge etwas schief beim dematerialisieren. Als zersplittere sie, statt sich aufzulösen.
Und plötzlich, wie ausgeknipst, war sie ganz weg. Elektrisches Licht ging an, die Tür schwang auf, und in den Raum kamen der Baron und Maurice Müller.
„Tut mir leid, Sie da so herauszureißen, Herr Zenn, aber wir haben technische Schwierigke iten.“
„Technische Schwierigkeiten?“, echote Benno verständnislos.
„Offenbar ein Wackelkontakt in einem der Holographen“, stellte Maurice nüchtern fest. „Gut, dass wir Sie für diesen Testlauf hatten.“
„Soll das heißen...“
Benno starrte die beiden an. Müller grinste hämisch, der Baron wirkte leicht betreten.
„Soll das heißen, das alles war nur Show?“
„Eine exklusive Vorschau auf eine unserer Hauptattraktion“, sagte Maurice.
„Aber das Gespenst...“
„Ein Hologramm. Sehen Sie...“
Der Baron lief die Mauer ab und deutete auf kleine Vertiefu ngen.
„Insgesamt sind es sieben Projektoren. Hoffentlich ist nur e iner davon defekt und nicht das ganze Steuerungssystem.“
„Der Quattro-Sound kommt von vier Deckenlautsprechern“, e rgänzte Maurice.
„Und dann haben wir noch mehrere hoch lichtempfindliche Kam eras installiert, sehen Sie: Das müsste die Kamera sein, die Ihren Webcam-Schnappschuss gemacht hat.“
Der Baron deutete auf einen weiteren Punkt in der Wand. Benno schüttelte den Kopf.
„Das war unglaublich ... echt.“
„Hat man Ihnen angesehen“, sagte Maurice und grinste. „Hier, für Sie als Andenken.“
Er gab ihm einen Din-A-4-Fotoausdruck, der bildfüllend sein eigenes schreckensstarres Gesicht zeigte. Benno schüttelte den Kopf bei dem Anblick seiner vor Entsetzen deformierten Züge und ließ das Bild sinken. Er konnte nicht fassen, dass allein ein Hologramm derartige Urängste in ihm ausgelöst haben konnte.
„Unfassbar! Auch jetzt, wo ich es weiß, ist mir noch unheimlich zumute. Es war ja nicht nur...“
Er hielt inne, versuchte sich daran zu erinnern, was in ihm vorgegangen war.
„Was meinen Sie?“, fragte der Baron interessiert.
„Bevor das Gespenst überhaupt erschienen ist, es war... wie eine Ahnung, dass es gleich passiert. Ich glaube nicht, dass allein die Dunkelheit ein solches Gefühl auslösen kann.“
„Beschreiben Sie das Gefühl.“
Benno schnaubte unwillig durch die Nase und schüttelte den Kopf.
„Ach, das kann man nicht wirklich beschreiben. Ganz banal das Gefühl, dass ich nicht allein im Raum bin. Aber mir war auch so, als hätte ich Kontakt zu etwas Jenseitigem, ein verbo rgener oder eher atavistischer Sinn ganz tief drin. Für mich war in dem Moment völlig klar, dass es in diesem Raum nicht mit rechten Dingen zugeht. Selbst wenn ich das Gespenst nicht gesehen hätte, wäre ich überzeugt gewesen, dass es hier spukt.“
Er hielt inne, schüttelte noch immer ungläubig den Kopf.
„Also wirklich, ich hatte noch nie ein derart unheimliches Gefühl. Das kann doch nicht alles künstlich erzeugt gewesen sein. Ich krieg das nicht auf die Reihe.“
Der Baron lächelte. Er schaute hinüber zu seinem Stellvertr eter und nickte ihm auffordernd zu.
„Herr Müller, würden Sie...“
„Natürlich,
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